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Star Wars – The Last Jedi Review: Aus Saga wird Legende

Mit «Star Wars - Episode VIII: The Last Jedi» kommt das jüngste Kapitel der Saga um den Krieg der Sterne ins Kino. Du willst vorab schon wissen, worauf du dich einlässt? Kein Problem: Hier ein Review, in dem der eine Spoiler klar abgegrenzt ist.

Wer sind Reys Eltern? Hat Kylo Ren den Kampf gegen seine inneren Dämonen verloren? Werden wir «Rey’s Theme» je wieder hören? Der Hype um den jüngsten Film in der Saga um den Krieg der Sterne könnte kleiner nicht sein. Nur noch zwei Tage, bis du den Film sehen kannst. Ich habe das Glück, den Film vorab zu sehen. Darum mein Review.

Wichtig: Dieses Review wird keine Spoiler enthalten. Und wenn doch, dann werde ich diese kennzeichnen und angeben, bis wo du scrollen musst, um am Spoiler vorbei zu kommen. Denn ich hasse es, wenn mir jemand den Film mit Spoiler versaut. Darum mach ich das nicht.

Wenn ich etwas spoilern muss, dann mach ich das so: Ich sag dir, dass ein Spoiler kommt und nachdem der Spoiler durch ist, kommt ein Bild. Also Sätze wie «scrolle bis nach dem Bild von Chewbacca» sind ernst zu nehmen.

Weltraumschlachten und Lichtschwerter! Ich bin bereit!

Es tut unheimlich gut, den von John Williams komponierten Soundtrack zu hören. Der erste, laute Ton erklingt, sogar noch vor dem Text, der die jüngste Episode der Saga um den Krieg der Sterne anteasert, und ich weiss: Star Wars. Es kann nichts anderes sein. Sofort fühle ich mich wieder in die Zeit zurück versetzt, in der ich zum ersten Mal Luke Skywalker (Mark Hamill) auf Tatooine begegnet bin. Doch die Saga geht weiter und mit «The Last Jedi» wird aus der Saga eine Legende.

Der Krieg im All

Das Highlight des Films, zumindest emotional, kommt gleich zu Beginn des Films. Star-Wars-Filme glänzen – mit Ausnahme der Prequel-Trilogie, die ich im weiteren dieses Reviews einfach mal ausklammere – mit starken Openings. Der Beginn der vierten Episode anno 1977 brilliert mit einem Sternzerstörer, der sich langsam ins Bild schiebt. George Lucas hat mit der Szene Filmgeschichte geschrieben und ich hoffe seither immer noch darauf, dass jemand diese Szene als Einstieg in eine Geschichte übertrifft.

Schafft das «The Last Jedi»? Nein, aber der Film will das auch nicht. Statt Special Effects werden in der grossen Schlacht zu Beginn Emotionen gross geschrieben. Mut, Verzweiflung, Hoffnung, Widerstand.

Und jetzt ein Spoiler. Das Video gleich unten kannst du anschauen. Denn du kennst die Szene. Der Spoiler endet beim Bild von Luke Skywalker.

Nachdem einige Sternzerstörer aus der Überlichtgeschwindigkeit im Himmel über der Rebellenbasis Position bezogen haben und Poe Dameron (Oscar Isaac) einen hirnrissigen und wagemutigen Plan verfolgt, erscheint ein Star Dreadnought. Wenn du nicht weisst, was das ist: Das ist die grösste Sternzerstörer-Klasse in der Galaxie. Ein normaler Sternzerstörer ist ja schon gross. Laut Spezifikationen sind die Schiffe etwa 3800 Meter lang. Eine Star Dreadnought ist 17500 Meter lang.

Poe Dameron sitzt in einem X-Wing. Ein Einmann-Kampfjäger. Länge: 12.5 Meter.

Luke Skywalker markiert das Ende des Spoilers

Damit verschiesst der Film aber einiges an Pulver. Denn egal, was im Rest des Films passiert, irgendwie schafft Autor und Regisseur Rian Johnson es nicht, an diese Szene anzuknüpfen. Da er aber die Emotionen in den ersten Minuten dermassen hochgehen lässt, sind sie tragend für den Rest des Films. Innerhalb weniger Minuten schafft Johnson es, Figuren so aufzustellen, dass sie für den Rest des Films auf einem geraden Pfad gehen könnten.

Könnten.

Gut ist böse, böse ist gut und alles dazwischen

Rian Johnson hat seine Figuren im Griff. Die Story hingegen bleibt wild. Denn die Seiten waren bisher klar: Jedi und Rebellen versus Sith mit Imperium beziehungsweise First Order. Wen kümmert es eigentlich, dass die First Order nicht das Imperium ist? Die Unterschiede sind mittlerweile so verschwindend klein, dass die den Namen «First Order» einfach fallen lassen könnten.

Nomenklatur von Weltraumfraktionen beiseite, die Geschichte verläuft alles andere als geradlinig. So spielt Johnson bewusst mit den Erwartungen der Zuschauer und den Charakteristika der Figuren im Film. Der Konflikt der First Order und der Rebellen ist zwar Hauptmotor für die Geschichte, aber viel spannender sind die internen Zerwürfnisse der Rebellen. Denn die Widerständler haben in «The Force Awakens» einen harten Schlag hinnehmen müssen, und die Nerven liegen blank. Wir erinnern uns: Starkiller Base hat das gesamte Hosnian System zerstört, weil dort Leia Organa (Carrie Fisher), General der Rebellion, sich versteckt hält.

Stellt sich nun die Frage, auf welcher Seite Kylo Ren steht

Nun geht der flüchtenden, kleinen Flotte der Treibstoff aus und die First Order ist den Rebellen in Sichtweite auf den Fersen. Angeführt werden die Verfolger von der Supremacy, dem Schiff, auf dem Emperor Snoke (Andy Serkis) reist und seinen Thronsaal hat. Dass sich nicht alle Rebellen einig sind, wie der Situation am besten begegnet werden sollte, ist klar. So ist Finns (John Boyega) gesamte Storyline in diesem Film von diesem Aspekt des Krieges der Sterne definiert, denn er muss mit Rose Tico (Kelly Marie Tran) einen MacGuffin jagen.

Die Action im Film kommt vor allem von Seiten dieser Storyline. Denn Rey (Daisy Ridley) hat auf dem abgelegenen Planeten Ahch-To Luke Skywalker aufgespürt. Sie will von ihm die Wege der Jedi lernen und vor allem die Stärke erlangen, um gegen Kylo Ren (Adam Driver) und die First Order antreten zu können. Diese Storyline ist eher ruhig, von Dialog geprägt und wirft ein dunkles Licht auf die beiden Seiten der Macht.

Die Grauen Jedi?

Du verzeihst mir schnell einen Ausflug in die nerdige Spekulation. Nichts von dem, was ich in diesem Abschnitt erzähle, kommt im Film vor. Aber wenn du dich mit dem Star-Wars-Universum auseinandersetzt, dann können wir auf die Zukunft der Macht schliessen. Das mach ich jetzt mal schnell, weil die Idee ist zu gut, als dass ich sie dir vorenthalten möchte.

Die Jedi und die Sith sind, laut Star-Wars-Mythologie, zwei Seiten der selben Medaille. Die Jedi stehen im Licht und ihre Farben sind weiss und blau. Die Kehrseite sind die Sith, die im Dunkeln stehen. Rot und schwarz dominiert ihr auftreten.

Dazwischen sind die grauen Jedi, oder einfach die Grauen. Der Begriff «Grau» beschreibt in der Galaxie ein Fraktion, die auf der Linie zwischen der dunklen und der hellen Seite der Macht wandelt, ohne sich einer Seite hinzugeben. Da Rian Johnson im Laufe des Films die Linien zwischen den Jedi und den Sith aufweicht, ist es gut denkbar, dass Rey oder Kylo Ren am Ende Graue sein werden.

Das ist aber nur Spekulation.

Was dem Film fehlt

Doch es ist nicht alles supertoll nahe dem Outer Rim. Denn der Film hat, wie jeder andere Film auch, seine Schwächen. «The Last Jedi» leidet vor allem unter zwei Dingen.

Zum einen ist da das Product Placement. Merchandise-technisch gibt es ja keine Star-Wars-Produkte, die es nicht gibt.

Ja, es gibt BB-8 Orangen

Das hindert Disney, George Lucas und wen auch immer aber nicht daran, einfach neue Dinge zu erfinden. So finden sich in «The Last Jedi» die Porgs. Ein Porg ist ein kleines vogelartiges Tier, das irgendwie wie eine Kreuzung aus Hamster und Lunde daherkommt. Auf Ahch-To trifft Chewbacca (Peter Mayhew) auf die niedlichen Biester. Die Botschaft ist von Beginn an klar: Kauf dir das Plüschie. Und natürlich hat Galaxus das Viech im Angebot. Ungeachtet dessen sind die Tierchen im Film komplett überflüssig. Wenn sie ersatzlos gestrichen würden, dann wäre der Film immer noch derselbe.

Porgs sind komplett überflüssig

Auf der Kehrseite der Medaille, auch weil da Actionfiguren verkauft werden können, hat alles in Star Wars, das länger als zwei Frames im Bild ist, einen Namen und eine Geschichte. Das verleiht der ganzen Welt in den Filmen viel mehr Leben, viel mehr Gewicht und lässt alles realer wirken, auch wenn die Physik und die Gegebenheiten des Weltalls geflissentlich ignoriert werden. Leutnant Tallie Lintra (Hermione Corfield) muss nicht zwingend benannt werden, um die Story voranzutreiben. Doch dank der Tatsache, dass Poe Dameron einmal «Danke, Tallie», sagt, bleibt die A-Wing-Pilotin im Gedächtnis. Und wusstest du, dass einer von Snokes Praetorianern Ronith Blario (Florian Robin) heisst? Kannst du dann auf der Verpackung der Actionfigur lesen. Oder im DLC von «Star Wars: Battlefront II». Oder halt ganz kurz in den End Credits des Films.

Hermione Corfield gibt die Tallie Lintra. Für den Plot unwichtig, aber lebenseinhauchend für das Universum

Es kann also gut sein, dass ich zur zynischen Sorte Filmzuschauer gehöre, deren Filmerlebnis von so Kleinkram wie einem Porg zerstört wird.

Natürlich. Tallie Lintra kommt schon in der neuesten Edition des Star-Wars-Quartetts vor

Dann ist da noch das Problem mit den kleinen Distanzen. Im Laufe des Films kommt es immer mal wieder vor, dass Charaktere kleine Distanzen überwinden, bevor sie es eigentlich sollten. Rey ist einmal etwa dreissig Meter tief in eine Schlucht geklettert bevor die Motoren des Millennium Falcons ausgeschaltet sind. Wie kam die so schnell da runter? Die Reisen zwischen den Galaxien haben die Cinematographen im Griff, aber die kleinen Distanzen überhaupt nicht.

Das zieht sich auch durch die Action-Szenen. Die Weltraumkämpfe sind genial. Sogar dann, wenn der Kampf recht einseitig ist. Rian Johnson muss wohl sehr viel Spass mit diesen Szenen gehabt haben. Doch Star Wars ist nicht nur Raumschiffe, sondern auch Lichtschwerter. Als eine der ikonischsten Waffen der Filmgeschichte kommt das Lichtschwert zwar nicht zu kurz, doch die Kämpfe unterwältigen und verblassen gegenüber den Kämpfen im All. Schade.

Ach ja, das Weltall funktioniert so nicht.

Die Saga wird zur Legende

Die Erzählstruktur des Films ändert sich. War die erste Trilogie in den 1970ern und den 1980ern noch darauf bedacht, die Familiengeschichte der Skywalkers zu erzählen, werden die Familienmitglieder Luke, Leia, Han Solo (Harrison Ford) und Kylo Ren von Familienbande zum Stoff von Legenden.

Im Kontext der Tatsache, dass alle Filme im Star-Wars-Universum Geschichten sind, wie Märchen, die erzählt werden – oder hast du dich nie gefragt, wieso da am Anfang ein Prolog in Textform steht? –, ist die Story in «The Last Jedi» grösser und spricht von übermenschlich grossen Helden. Luke Skywalker ist nicht mehr der Junge, der vom Flüssigkeitsfarmer auf Tatooine zum Jediritter wird. Er ist eine verehrte Figur und seine Anwesenheit alleine lässt die Figuren staunen. So werden auch seine Heldentaten grösser und, im Kontext des Märchens, übertrieben.

Wechselt Rey die Seite?

Das verleiht der Geschichte ein ganz anderes Gewicht. Habe ich damals in der ersten Trilogie das Gewicht des Konflikts zwar verstanden aber nicht gespürt, schafft es Johnson in «The Last Jedi» viel stärker auf die Emotionen des Publikums zu zielen. Wenn Poe Dameron in seinen X-Wing steigt, dann leiden wir mit ihm, spüren seine Angst und seinen Mut. Reys Story bleibt da ein wenig aussen vor, weil sie mehr Exposition benötigt, die Macht und alles drumherum erklären muss, aber auch ihre Story trifft emotional im späteren Verlauf des Films ins Schwarze.

Das heisst aber nicht, dass der Film dicht mit emotionalen Höhepunkten ist. Im zweiten Akt lahmt der Film etwas und einige Plotpunkte wiederholen sich, einfach nur, damit sie wiederholt sind und der Film den einen oder anderen Nebenhandlungsstrang erzählen kann. Manchmal sind die Nebenhandlungen wichtig. So erhältst du Antworten darauf, wer Reys Eltern sind und solche Dinge.

So dauert «The Last Jedi» dann auch zweieinhalb Stunden, die zwar wegen den hochgehenden Emotionen und der schieren Grossartigkeit einiger Weltraumschlachten in Erinnerungen bleiben, aber mythologisch etwas auf der Strecke bleiben. Wenn du also auf die Mythologie der Jedi und der Sith stehst, dann wirst du eventuell etwas enttäuscht aus dem Kino gehen.

«Star Wars: Episode VIII: The Last Jedi» ist definitiv ein Star-Wars-Film und wird dem Namen «Star Wars» gerecht. Ferner: Auch wenn du nur so bitzli Fan der Saga bist, schau ihn dir im Kino an. Denn die Grösse macht’s aus. Ich bin mir sicher, dass auf dem kleinen Schirm zu Hause der Film niemals so gut rüberkommt wie auf der grossen Leinwand.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

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