Tröt statt Tweet: Was ist Mastodon?
Die Übernahme von Twitter durch Elon Musk hat Mastodon zu Bekanntheit verholfen. Der Microbloggingdienst macht vieles anders als der 44-Milliarden-Einkauf des reichsten Mannes der Welt.
Mastodon hier, Mastodon dort: Der Microbloggingdienst ist derzeit als mögliche Alternative zu Twitter im Gespräch. Wer sich bei Elon Musk nicht mehr wohlfühlt, könnte hier ein neues Zuhause finden. Noch tweeten, äh tröten hier aber weniger Accounts und einige Dinge funktionieren beim Mammut anders als beim Vogel.
Die Idee hinter Mastodon
Als Mastodon 2016 die Weiten des Internets betrat, war Twitter schon zehn Jahre alt. Anstelle eines zentralen Dienstes sollte die neue Plattform dezentral funktionieren. Das dahinter stehende Konzept der Föderation lässt sich mit E-Mails vergleichen. Hier gibt es nicht einen zentralen Dienst. Theoretisch kann sich jede Person einen eigenen Mail-Server einrichten. Trotzdem können alle Nutzerinnen und Nutzer miteinander kommunizieren. Das klappt dank des ActivityPub-Protokolls im Hintergrund. Theoretisch könnten auch andere Netzwerke es unterstützen und damit eine Kommunikation mit und von Mastodon ermöglichen
Es gibt nicht die eine Firma oder gar die eine Person, die alles kontrolliert. Zudem arbeitet Mastodon ohne Gewinnabsicht und kommt – auch durch die dezentralen Server – mit vergleichsweise wenig Geld aus. Es gibt auf der Plattform keine Werbung und keine monatliche Gebühr. Die Software ist frei und quelloffen. Ausgedacht hat sich das Ganze Eugen Rochko während seines Informatik-Studiums in Jena. Inzwischen arbeitet er mit einer gemeinnützigen GmbH in Berlin an der Software.
Wie funktioniert Mastodon?
Mastodon besteht aus zahlreichen Servern, die Instanzen genannt werden. Anfang November 2022 zählt instances.social über 3821 verschiedene Server. Auf diese verteilen sich derzeit etwa sechs Millionen Accounts, wobei fast 1700 Server keinen einzigen Account aufweisen. Zusammen bilden die Instanzen das sogenannte Fediverse. Das Universum von Mastodon. Es sind quasi viele kleine Twitter, die miteinander in Verbindung stehen.
Jede Organisation oder Einzelperson entscheidet über die Regeln bzw. Moderationsstrategien für ihre Server. Die Entwickler von Mastodon haben nach eigenen Angaben keine Kontrolle über die Instanzen. Auf ihrer Übersichtsseite bewerben sie allerdings nur solche, die sich «konsequent zur Moderation gegen Rassismus, Sexismus und Transphobie verpflichten.»
Neben allgemein gehaltenen Instanzen gibt es auch viele, die sich thematisch oder regional organisieren. Es gibt bei Mastodon zwei Timelines. Eine lokale und eine föderierte Zeitleiste. Auf der einen siehst du nur Tröts aus deiner Instanz, auf der anderen die Postings von allen Accounts, denen du folgst. Du könntest dir also zum Beispiel einen Server suchen, der für Fans deiner Lieblingsserie oder deines Lieblingsvereins gedacht ist. In der lokalen Chronik gibt es dann viel zu deinem Thema und in der anderen alles andere.
Es ist auch möglich, Postings zu machen, die nur in deiner Instanz sichtbar sind. So musst du dir als Star-Wars-Fan nicht von Trekkies anhören, wie schlecht Andor sei, nachdem du die neueste Folge gelobt hast. Das ist nur ein Beispiel, wie die verschiedenen Instanzen und ihre Moderationsregeln Safe Spaces generieren, in denen Trolle keine Chance haben.
Bei einigen Instanzen kannst du dich direkt anmelden, andere arbeiten mit Wartelisten – auch um nicht zu schnell zu wachsen und genug Server-Ressourcen zu haben. Dann gibt es noch geschlossene Communities, für die du eine Einladung benötigst. Wenn du Mastodon ausprobieren willst, musst du nicht warten, bis du die perfekte Instanz für dich gefunden hast. Es ist jederzeit möglich, einen Account inklusive Follower und Postings auf einen anderen Server umzuziehen.
Weitere Unterschiede zu Twitter
Ähnliche Dinge tragen bei Mastodon im Vergleich zu Twitter unterschiedliche Namen. Tröt bzw. Toot auf Englisch statt Tweet als Name für ein Posting. Ein Retweet ist im Fediverse ein Boost. Diese kannst du aber nicht mit einem Kommentar versehen. Willst du etwas dazu sagen, geht das nur als Antwort. Zudem stehen dir 500 Zeichen für ein Posting zur Verfügung. Bei Twitter sind es nur 280 – 2016, als Mastodon entstand, waren es sogar nur 140 Zeichen.
Es gibt bei Mastodon keine Volltextsuche wie bei Twitter. Willst du, dass deine Tröts gefunden werden, musst du Hashtags benutzen. Die sind durchsuchbar. Zudem gibt es keine ausgereifte Suchfunktion für Accounts. Willst du jemandem folgen, musst du den gesamten Account-Namen wissen. Also @benutzername@instanz.url – vieler, die sich Mastodon zumindest anschauen, schreiben ihn in ihre Twitter-Bio.
Falls du dich von Twitter verabschieden willst, probiere Mastodon einfach aus. Galaxus sowie Digitec sind bereits auf dem Microbloggingdienst.
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Galaxus.de.