Unmerklicher Hörverlust: Mimi verstärkt das verlorene Spektrum
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Unmerklicher Hörverlust: Mimi verstärkt das verlorene Spektrum

Die Abnahme der Hörkraft fängt schon viel früher an als du glaubst. Die App von Mimi hilft dabei, das zu erkennen. Du kannst den Sound individualisieren und so verlorene Frequenzspektren ausgleichen.

Die Redaktion von Digitec und Galaxus berichtet vor Ort von der IFA 2023 in Berlin. Alle bisher publizierten News und Hintergründe findest du in unserem Überblick:

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    von Luca Fontana

Stell dir vor, du sitzt im Auto, hörst ein wenig Musik und fährst. Dann kommt plötzlich dieses eine Lied. Dann drehst du lauter, oder? Erwischt. So geht’s mir auch. Du hast vielleicht das Gefühl, durch die Lautstärke mehr in ein Lied «hineingezogen» zu werden, es intensiver zu hören.

Die gefühlt geringere Intensität kann auch daher stammen, dass deinem Gehör bereits gewisse Frequenzspektren fehlen. Denn schon ab dem 25. Lebensjahr nimmt unsere Hörkraft stetig ein klein wenig ab. Manchmal gar schon früher, wie eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums von 2022 zeigt. Das merkst du im Alltag kaum, beim Musikhören kompensierst du die fehlenden Details aber unbewusst mit höherer Lautstärke. Damit verschlimmerst du das Problem.

Mimi ist kein Equalizer

Am Rande meiner Führung durch die neuen Teufel-Produkte lerne ich Florian Schneidmadel kennen.

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Er ist der CEO von «Mimi Hearing Technologies» an. Das Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, mit der du dein Gehör testen kannst. Und sie dann in eine App verpackt. Diese sagt dir, wie hoch deine Hörkapazität ist und ob du dich damit im Schnitt deiner Altersklasse befindest. Zudem erhältst du ein Hörprofil. Dieses zeigt dir an, ob und wo dein Gehör allenfalls etwas nachgelassen hat.

In welchem Bereich gibts Probleme? Das Audiogramm zeigts an.
In welchem Bereich gibts Probleme? Das Audiogramm zeigts an.
Quelle: Florian Bodoky

Je nach dem welche Kopfhörer oder welchen Fernseher du nutzt, kannst du dein Hörprofil direkt an deren Apps exportieren. Das Unternehmen arbeitet nämlich mit einigen Audio- und TV-Herstellern zusammen. Diese bauen Mimi in ihre eigenen Apps ein. Gehört dein Gerät dazu, wird die «Mimification» aktiviert und der Sound wird deinem Hörprofil entsprechend angepasst. Wer alles Mimi-Partner ist, erfährst du hier. Natürlich gilt das dann für alle deine Inhalte auf diesen Geräten, auch Hörbücher oder Tonspuren von Videos.

Falls du kein grosser Musik-Fan bist: Mimi gibt es auch als Chrome-Extension. Nutzt du Chrome und hast den Mimi-Test gemacht, passt die Extension den Sound an dein Gehör an. Beispielsweise bei YouTube-Videos oder wenn du dir auf Netflix eine Serie ansiehst. Dazu musst du dich nach der Installation der Extension lediglich mit deiner Hearing ID anmelden.

Für Schneidmadel besonders wichtig: Mimi ist kein Equalizer. Es wird nicht einfach an einem digitalen Bass- oder Treble-Regler gedreht. Denn dieser erhöht oder senkt ganze Frequenzspektren viel zu grob und zu generell. Dies würde den Klang verfälschen – in der Fachsprache nennt man diesen Effekt «maskieren».

Die Mimi-App hingegen misst, wo deine Hörschwächen liegen und verstärkt anschliessend nur genau die Frequenzen, die du ungenügend oder gar nicht mehr wahrnehmen kannst. So werden Details des Klangs, die du deswegen nicht mehr richtig hörst, wiederhergestellt. Und das, ohne die Gesamtlautstärke erhöhen zu müssen. Mimi nennt dies «biologisch inspirierte Signalverarbeitung».

Die App kannst du dir für Android oder für iOS kostenlos herunterladen. Wobei sich Mimi hier derzeit auf die iOS-App konzentriert und weiterentwickelt.

So benutzt du die Mimi-App

Die App bietet dir zwei Tests. Zum einen den sogenannten «Pure tone threshold test». Dieser misst die leisesten Töne, die du in verschiedenen Frequenzen hören kannst. Zum anderen den «Masked threshold test». Dieser simuliert eine laute Umgebung und misst, wie laut die Geräusche sein müssen, damit du sie noch hören kannst.

Der Masked-Test spielt dir ein Rauschen ein, dass stärker oder schwächer sein kann.
Der Masked-Test spielt dir ein Rauschen ein, dass stärker oder schwächer sein kann.
Quelle: Florian Bodoky

Ich habe beide Tests gemacht. Sie haben ergeben, dass ich in ruhiger Umgebung keinen Hörverlust habe. Allerdings ist «kein Hörverlust» ein Spektrum. In diese Kategorie fällst du, wenn dein durchschnittlicher Verlust tiefer ist als 15 Dezibel. Mein Verlust beträgt links 8 dB, rechts 7 dB.

Vor allem im Bereich um 500 Hertz hat mein Gehör zum Beispiel nachgelassen. Entsprechend «mimifiziere» ich meine Musik jetzt in diesem Bereich. Ich verbinde die Mimi-App mit meinem Mimi-kompatiblen Kopfhörer. Ein virtueller Drehregler erscheint, den ich stufenlos verändern kann. Nachdem ich eine Weile herumexperimentiert habe, bekomme ich den Eindruck, dass ich den Klang tatsächlich detailreicher wahrnehme. Allerdings nicht weltverändernd. Zahlen würde ich dafür wohl nicht. So ist es aber ganz cool.

In der Stille hör ich offenbar quasi noch alles. Wirds lärmig, nimmt das Gehör ab. Das Prädikat lautet dennoch: gut.
In der Stille hör ich offenbar quasi noch alles. Wirds lärmig, nimmt das Gehör ab. Das Prädikat lautet dennoch: gut.
Quelle: Florian Bodoky

Jedoch trage ich lediglich In-Ears und höre MP3-Files, die mit 192 Kilohertz gesampelt sind. Würde ich die Samplingrate auf 320 Kilohertz hochschrauben und einen hochwertigeren Kopfhörern oder einen Speaker nutzen, wäre der Nutzen wohl grösser. Immerhin: Ich habe jetzt seltener das Bedürfnis, die Lautstärke aufzudrehen.

Titelbild: Shutterstock

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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