Ratgeber

Warum das Gerade-Ausrichten-Werkzeug nicht immer gerade ausrichtet

David Lee
12.8.2019

Photoshop und Konsorten bieten ein Werkzeug, welches das Bild so dreht, dass es sich an einer horizontalen oder vertikalen Linie ausrichtet. Oft wirkt das Bild dadurch aber noch schiefer als zuvor. Hier liest du, warum das so ist und was du dagegen tun kannst.

In Photoshop verwendest du das Linealwerkzeug, um schief aufgenommene Fotos zu begradigen. Das Tool versteckt sich unter dem Pipettenwerkzeug: Klick lange auf das Pipettensymbol, um die Unterwerkzeuge auszuwählen. Zieh mit dem Lineal eine Linie und klicke oben auf «Ebene gerade ausrichten».

In Lightroom findest du ein ganz ähnliches Werkzeug beim Freistellen.

Diese Tools bieten eine sehr einfache und schnelle Methode, ein Foto zu begradigen. Aber oft wird das Bild dadurch nicht ganz gerade – oder sogar noch schiefer, als es vorher war.

Was ist zum Ausrichten geeignet?

Die Schwierigkeit liegt darin, eine Linie im Bild zu finden, die zum Ausrichten geeignet ist. Vieles, was auf den ersten Blick geeignet scheint, ist es nämlich gar nicht. Die offensichtlichen Fälle wie krumm gewachsene Bäume oder gekrümmte Seeufer lasse ich mal beiseite. Auch dass Objektive manchmal gerade Linien krumm abbilden, wäre ein Thema für sich.

In den meisten Fällen liegt das Problem in der Perspektive. Diese ist in der Regel so, dass Linien, die in der Realität parallel sind, auf dem Bild schräg zueinander stehen.

Wenn senkrechte Linien wie Türkanten, Strassenlampen oder Hausmauern auf dem Bild schräg sind, liegt das daran, dass du die Kamera leicht nach oben gehalten hast. Oder wie im folgenden Beispielbild nach unten. Die senkrechten Linien liegen dann nicht parallel, sondern laufen gegen den Bildrand zusammen. Dies kannst du nicht durch Drehen korrigieren: Ein Begradigen der Lampe links würde die Lampe rechts noch schräger machen.

Das gleiche Problem tritt bei waagrechten Linien auf. Bei einem Tisch zum Beispiel verlaufen die horizontalen Linien, also die Tischkanten, nur dann parallel, wenn du die Kamera parallel dazu hältst. Oft fotografierst du aber ein wenig von der Seite. Dann sind die Linien unterschiedlich schräg.

Hier wurde der Tisch so stark von der Seite aus aufgenommen, dass der Fall sofort klar ist: Die Tischkanten sind schräg wegen der Perspektive.

Darum kann das Bild durch Ausrichten an der Tischkante nicht korrigiert werden. Wenn ich es trotzdem tue, ist nur die obere Kante horizontal, nicht aber die untere. Ausserdem steht auch die Wand schief.

Hier wurde die Kamera von oben gesehen parallel zur Tischkante gehalten. Die Kanten stehen zwar schräg zum Bildrand, laufen aber parallel zueinander.

Das lässt sich durch Ausrichten an der Kante korrigieren. Dadurch wird wie immer beim Drehen das Bild beschnitten.

Was tun?

Bevor du das Bild rotierst, musst du zuerst die perspektivischen Verzerrungen korrigieren. Die einfachste Methode dafür, die ich kenne, läuft über das Transformieren-Werkzeug von Lightroom, das auch in Photoshop enthalten ist.

In Lightroom: Der Bereich «Transformieren» bietet eine automatische Korrektur von perspektivisch verzogenen Linien. Klick einfach auf «Auto», dann ist meistens schon gut. Allenfalls musst du noch feinjustieren.

Dasselbe geht in Photoshop im Camera-Raw-Modul. Menü «Filter» -> «Camera-Raw-Filter», dann oben auf das Transformieren-Werkzeug klicken – das mit dem verzogenen Rechteck – und danach auf das grosse «A», das für automatisch steht.

Die Automatikfunktion ist praktisch. Viele Fotos weisen eine MIschung aus vertikaler und horizontaler Verzerrung auf und müssen womöglich auch noch leicht gedreht werden. Das einzeln zu korrigieren ist schwierig, weil sich die Faktoren gegenseitig beeinflussen.

Am besten schon richtig aufnehmen

Doch selbstverständlich ist es am besten, wenn du schon bei der Aufnahme darauf achtest, die Kamera senkrecht auf die Linien zu halten, die du wirklich gerade haben willst. Einmal abgesehen vom Mehraufwand: All diese Korrekturen, egal ob perspektivisch oder simples Drehen, schneiden dir Teile des Bildes weg. Dadurch passiert es leicht, dass du dein Motiv nur noch angeschnitten auf dem Bild hast. Lass dir die Gitternetzlinien einblenden und wenn verfügbar, auch den virtuellen Horizont. Genaueres dazu in diesem Beitrag:

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