Warum eigentlich bekommen wir Hirnfrost?
Viele kennen das Phänomen: Du isst oder trinkst etwas sehr Kaltes und kurz darauf macht sich stechender Kopfschmerz breit, der schnell wieder nachlässt. Der sogenannte Hirnfrost oder «Brain Freeze».
USA 1998. Das erste Mal komme ich mit dem Konzept eines eiskalten Milkshakes in Berührung. Lecker, gleich noch zwei grosse Schlucke hinterher. «Ahh!» Mein Gesicht verzieht sich, denn ein stechender Schmerz macht sich in meinem Kopf breit. Mein Vater erklärt mir, dass ich zu schnell getrunken und daher nun Kältekopfweh bekommen habe.
Warum eigentlich?
Der Gaumen reagiert auf Kälte
«Hirnfrost oder «Brain Freeze» ist eine Unterform des sogenannten «Cold stimulus headache», das heisst durch Kälte ausgelöster Kopfschmerz», sagt Professor Dr. med. Christoph Schankin, Leitender Arzt der neurologischen Klinik am Inselspital in Bern. Mit der Kälte scheint mein Vater schon einmal recht gehabt zu haben. «In seiner klassischen Form tritt er auf, wenn etwas Kaltes, zum Beispiel ein Eiswürfel oder Glacé, im Mund das Gaumendach berührt. Man spricht dann auch von Eiscreme-Kopfschmerz», erklärt Schankin weiter. Das hastige Schlürfen meines Bananen-Milkshakes hat die Temperatur am Gaumen also sehr schnell gesenkt.
Auch meine damaligen Symptome treffen relativ genau zu. «Es kommt typischerweise zu einem beidseitig aufsteigenden Kopfschmerz an der Stirn oder an den Schläfen. Dieser ist stechend oder drückend und geht innerhalb von maximal 30 Minuten nach Entfernung des Stimulus wieder von alleine weg.» 30 Minuten? Bei mir hielt der Hirnfrost glücklicherweise nie länger als ein paar Sekunden an.
Wodurch dieser Kälteschmerz genau verursacht wird, ist noch nicht vollends geklärt. Laut Schankin gibt es zwei mögliche Auslöser: Einerseits könne es am raschen Zusammenziehen oder der raschen Entspannung der Blutgefässe, die mit der Kälte in Kontakt gekommen sind, liegen. Blutgefässe haben sehr viele Nerven, die bei dieser plötzlichen Änderung des Durchmessers Schmerzen vermitteln. «Andererseits ist es möglich, dass die Kälte direkt die Schmerzsensoren von Nerven aktiviert und dadurch Schmerzen verursacht.»
Teenager sind eher betroffen
Seit dem Milkshake 1998 ist mir das Hirn immer mal wieder eingefroren. Bei Cola mit vielen Eiswürfeln, bei Glacé oder Parfait aus dem Kühlregal. Was mir dabei auffällt? Ich war Kind oder Teenager. Seit ich der Pubertät entwachsen bin, ist der Schmerz kaum mehr aufgetaucht. Das mag daran liegen, dass ich mich etwas klüger ernähre und eiskalte Süssspeisen nicht mehr so oft auf meinen Gaumen treffen. Und wenn, dann verschlinge ich nicht mehr alles so schnell. Oder wie Schankin spekuliert: «Möglicherweise ist es darauf zurückzuführen, dass das autonome Nervensystem, dasfür die Gefässregulation verantwortlich ist, bei Jugendlichen empfindlicher ist.» Fakt ist, dass junge Menschen häufiger Hirnfrost haben als ältere. «Man schätzt, dass circa 50 Prozent der Teenager dieses Phänomen kennen, während die Zahlen bei Erwachsenen deutlich niedriger sind.»
Aber nicht nur das Alter, auch die Genetik ist entscheidend. Das Risiko, Hirnfrost zu bekommen, sei um ein Vielfaches erhöht, wenn schon eines der Elternteile darunter leidet. In meiner Familie ist das definitiv mein Vater. Ich habe damals genau gesehen, wie auch er hinter seinem grossen Schokoladen-Milkshake sein Gesicht verzogen hat.
Warum eigentlich bleibt der Zeiger der Bahnhofsuhr kurz stehen? Warum gibt’s im Kino Popcorn? Und warum darf Trinkglas nicht ins Altglas? Der Alltag hält viele Rätsel bereit, die ich in unregelmässigen Abständen zu lösen versuche. Hast auch du eine brennende Frage, aber keine Zeit zum Recherchieren, dann schick sie mir per Mail. Ich mache die Drecksarbeit gerne.
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