Warum eigentlich gibt’s an Rolltreppen Bürsten?
Die Rolltreppe ist nicht nur erholsamer als die Treppe, auf ihr lassen sich sogar Schuhe putzen. Oder wofür sonst sind die Bürsten eigentlich da?
An meinen Sneakern hängt der bisher sehr trockene Sommer. Eine braune Staubschicht trübt das weisse Leder. Mit der Rolltreppe fahre ich am Hauptbahnhof Zürich zum Gleis 17 hoch, um den Interregio nach Lenzburg zu erwischen. Während ich auf der mobilen Stufe stehe, fällt mein Blick auf die Bürste, die seitlich montiert ist. Ich überlege, meinen Schuh wie früher als Kind daran abzuputzen. Dann aber drängt sich schnell ein grösserer Gedanke auf:
Rolltreppen haben Bürsten. Warum eigentlich?
Die sogenannten Sockelbürsten haben nichts mit Sauberkeit am Hut, auch wenn sie nicht nur von mir für die Schuhreinigung verwendet werden. Sie dienen der Sicherheit. Das bestätigt die Medienstelle von Schindler Schweiz: «Zwischen dem Sockelblech und der sich bewegenden Stufe ist ein Spalt. Dieser lässt sich nicht vermeiden, da sich die Stufen bewegen müssen.» Und weiter: «Um das Risiko zu minimieren, dass etwas in diesen Spalt gerät, schreibt die Fahrtreppen-Norm EN 115/1 bei Neu- und Ersatzanlagen seit 2004 sogenannte Sockelbürsten vor.» Mit diesen werde verhindert, so die Norm, dass Fahrtreppen-Passagiere (wie die Rolltreppenbenutzer:innen scheinbar richtig genannt werden) zu nahe am Sockel stehen und ihre Schuhbändel in den Spalt gezogen werden können. Ein Szenario, das vor 2004 immer mal wieder eingetreten ist.
Aber warum hat man sich in der Rolltreppenwelt gerade für Bürsten entschieden? Auch das ist in der Fahrtreppen-Norm EN 115/1 in feinstem Beamtendeutsch geregelt. «Sie (Anm. d. Red. Balustradensockel) müssen aus einem starren und einem flexiblen Teil (zum Beispiel Bürsten, Gummiprofile) bestehen.» Schindler Schweiz erklärt das etwas einfacher damit, dass die Schuhe durch das flexible Material nicht an den Seitenflächen «kleben» bleiben können, falls die Passagiere doch etwas nahe am Rand stehen.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf macht die Schuhputzerei dann auf einmal gar keinen Sinn mehr. Einerseits putzt die Bürste eh nicht richtig, andererseits widerspricht die Reinigung komplett dem eigentlichen Zweck. Drückst du deine Latschen zur sehr in die Bürste, könnte sich dein Schnürsenkel im schlimmsten Fall trotzdem im Spalt der Rolltreppe verfangen. Also besinne ich mich eines Besseren und besteige den Interregio am Ende doch mit dreckigen Schuhen. Mein Teenager-Ich hätte seine Freude. Damals habe ich diesen Zustand extra herbeigeführt, um uncoole, strahlend weisse Sneaker zu vermeiden.
Warum eigentlich bleibt der Zeiger der Bahnhofsuhr kurz stehen? Warum gibt’s im Kino Popcorn? Und warum darf Trinkglas nicht ins Altglas? Der Alltag hält viele Rätsel bereit, die ich in unregelmässigen Abständen zu lösen versuche. Hast auch du eine brennende Frage, aber keine Zeit zum Recherchieren, dann schick sie mir per Mail. Ich mache die Drecksarbeit gerne.
Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.