Warum ich nicht mehr aufhören kann, Mittagsschlaf zu halten
Hintergrund

Warum ich nicht mehr aufhören kann, Mittagsschlaf zu halten

Anna Sandner
19.1.2024

Eine neue Ausprobiert-Woche zum Thema «Powernapping» – mit deren Resultat ich niemals gerechnet hätte: Was ein 10-minütiges Nickerchen mit der Lebensqualität macht.

Vor Kurzem habe ich mich für einen Artikel mit dem Thema «Powernapping» befasst und die gesundheitlichen Vorteile des kurzen Mittagsschlafs recherchiert. Zu meinem Erstaunen sollte schon ein zehnminütiges Nickerchen am Tag reichen, um die Kreativität, Aufmerksamkeit und Produktivität in der zweiten Tageshälfte zu steigern.

Bislang habe ich solche Powernaps am Mittag oder Nachmittag eher vermieden, weil ich befürchtete, dann erst recht müde und schlecht gelaunt zu sein und gar nicht mehr in den Tag zu finden. Doch nun bin ich ins Grübeln gekommen, ob mir einfach immer ein klassischer Fehler unterlaufen ist, wenn ich mir doch mal im Laufe des Tages ein kleines Schläfchen gegönnt habe: Es war schlicht zu lang, so meine Vermutung. Und nachdem meine Ausprobiert-Woche, in der ich versucht habe, jede Nacht mindestens acht Stunden zu schlafen, sagen wir mal, nur so semi-erfolgreich war, kann ich mit einem Powernap vielleicht eher etwas gegen mein chronisches Schlafdefizit bewirken. Los geht es also in meine Powernap-Woche.

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    von Anna Sandner

Powernap: Müdigkeit hilft

Heute ist der perfekte Tag, um meine Ausprobiert-Woche zu starten: Denn die Nacht war viel zu kurz und unruhig. Ich bin schon den ganzen Tag hundemüde. Für gewöhnlich zieht sich diese Übermüdung weiter, bis ich wieder eine volle Mütze Schlaf (sprich acht Stunden nachts) ergattern kann. Nun soll es aber das zehnminütige Mittagsschläfchen tun. Ich bin gespannt.

Ein Platz ist schnell gefunden: Das Gästebett in meinem Arbeitszimmer macht mir das schnelle Einkuscheln ganz leicht.
Ein Platz ist schnell gefunden: Das Gästebett in meinem Arbeitszimmer macht mir das schnelle Einkuscheln ganz leicht.
Quelle: Mery Ochoa/Digital Leben

Ich mache es mir am frühen Nachmittag auf dem Sofa gemütlich, rolle mich in eine Decke ein und stelle den Wecker auf zehn Minuten. Meiner Müdigkeit sei dank, schlafe ich mehr oder weniger sofort ein, also zumindest dämmere ich schnell weg.

1. Tag: Nickern ist gut, Tiefschlaf tabu

Meine große Befürchtung ist noch immer, dass ich nach dem Schlafen erst recht nicht wieder in die Gänge komme. Aber das soll eben nicht der Fall sein, solange ich vermeide, in die Tiefschlafphase zu kommen. Das passiert in zehn Minuten nicht, deswegen piept mein Handy schon relativ schnell wieder. Das Bedürfnis, den Wecker weiter zu stellen und mir doch noch ein bisschen mehr Schlaf zu gönnen, unterdrücke ich mit aller Kraft und stehe nach der vorgegebenen Zeit etwas widerwillig sofort wieder auf. Nur keinen Tiefschlaf riskieren.

Mein erstes Tagesfazit ziehe ich mit etwas Abstand am Abend und es ist ein durchweg positives: Mich hat der Kurzschlaf tatsächlich danach munterer gemacht, der Tag war leichter durchzuhalten trotz kurzer Nacht und nicht einmal die sonst häufige Grummeligkeit, wenn ich tagsüber schlafe, war da. Top, so kann’s weitergehen.

2. Tag: viel «power» = wenig «nappen»

Am zweiten Tag meiner Ausprobiert-Woche habe ich nun den gegenteiligen Fall von gestern: Ich bin absolut ausgeschlafen und auch am frühen Nachmittag noch nicht müde. Was für gewöhnlich sehr erfreulich ist, passt mir heute nicht so gut in den Plan: Als ich powernappen will, ist da viel zu viel «power» aber kein «nappen». Ich komme einfach nicht zur Ruhe in den zehn Minuten. Ich stehe wieder auf, ohne ansatzweise geschlafen zu haben. Gleichzeitig konnte ich die Zeit nicht richtig zur Erholung nutzen, weil ich nur damit befasst war, endlich einzuschlafen.

Zweites Tagesfazit ist eine banale Erkenntnis: Powernapping lohnt sich nicht, wenn ich nicht müde bin. Schlaf lässt sich eben nicht erzwingen.

3. Tag: Das Nickerchen ist meine Rettung

Heute ist der erste Schultag für meinen Sohn nach mehr als zwei Wochen Ferien: Müdigkeit ist also vorprogrammiert. Über die Feiertage hat sich der Rhythmus komplett verschoben, heute war das Aufstehen schwer und meine Augen wollen schon den ganzen Vormittag über lieber wieder zugehen. So klappt immerhin das Nickerchen wieder prima. Ich döse nach wenigen Sekunden gemütlich ein, zumindest so halb. Ganz weg bin ich nicht, eher in diesem spannenden Zwischenzustand, halb wach, halb schlafend. Nach den zehn Minuten komme ich ziemlich leicht und erstaunlich erholt wieder hoch. Ich fühle mich definitiv fitter als vor dem Powernap und dieser angenehme Effekt hält auch heute wieder bis zum Abend.

In eine Decke auf dem Sessel eingewickelt, nappt es sich auch recht gut.
In eine Decke auf dem Sessel eingewickelt, nappt es sich auch recht gut.
Quelle: Mery Ochoa/Digital Leben

Drittes Tagesfazit: An richtig müden Tagen ist das Mittagsschläfchen Gold wert!

4. Tag: Entspannung mit Hindernissen

Heute wird mein Experiment etwas umständlicher, weil ich nicht zu Hause, sondern im Büro arbeite. Hier könnte ich mir einen Meetingraum buchen und mich aufs Sofa legen. Ich muss aber zugeben: Es ist mir trotz hochoffiziellem Arbeitsschlaf unangenehm neben den Kolleginnen und Kollegen mal so eben die Beine lang zu machen und mich schlafen zu legen. Also gibt’s die (nicht weniger merkwürdig anmutende) Sparversion: Arme auf den Schreibtisch und Kopf drauf.

Ich habe die Mittagszeit gewählt, wenn die meisten auf Essenssuche unterwegs sind, um nicht zu viele Nachfragen herauszufordern. Mein heutiges Powernap ist dann trotzdem weniger ergiebig als die vorigen. Ich schaffe es nicht, mein Umfeld auszublenden und warte eher ab, als dass ich wirklich einnicken würde. So ähnlich war auch meine Erwartung. Welch ein Glück, dass ich morgen wieder zu Hause arbeite.

Einfach den Kopf auf den Schreibtisch legen und los geht’s: Zu Hause kein Problem, im Büro mit Kolleginnen und Kollegen kann ich mich da nur schwer entspannen.
Einfach den Kopf auf den Schreibtisch legen und los geht’s: Zu Hause kein Problem, im Büro mit Kolleginnen und Kollegen kann ich mich da nur schwer entspannen.
Quelle: Mery Ochoa/Digital Leben

Viertes Tagesfazit: Abschalten geht ungestört einfach besser. Für mich persönlich ergibt das Nickerchen also nur Sinn, wenn ich alleine bin.

5. Tag: Es wird immer besser

Die Nacht war mal wieder kürzer, als ich das gerne hätte. Und so freue ich mich schon beim Aufstehen morgens um halb sieben auf meinen kommenden Powernap. Am frühen Nachmittag ist es dann endlich soweit: Ich kämpfe schon seit einer Weile damit, meine müden Augen offen zu halten und kann das Nickerchen gar nicht erwarten. Inzwischen bin ich schon geübt: Aufs Sofa gekuschelt, Wecker gestellt und ab in die kurze Entspannung. Ich schlafe nicht richtig ein, aber dämmere ein wenig weg, bevor der Wecker wieder klingelt.

Fünftes Tagesfazit: Heute bin ich regelrecht begeistert von meinem Mittagsschläfchen. Es hat so richtig gut funktioniert. Ich fühle mich nach den wenigen Minuten wesentlich fitter und weniger müde. Genauso habe ich mir einen erfolgreichen Powernap vorgestellt.

6. Tag: Ein Muster kristallisiert sich heraus

Ich bin heute nicht ansatzweise eingeschlafen, war einfach viel zu wach. Aber das kenne ich inzwischen ja bereits: Auf einen Tag mit nützlichem Powernap folgt einer mit wenig Müdigkeit. Mir scheint ein Mittagsschläfchen für zwei Tage zu reichen. Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf kann ich beim heutigen Nappen trotzdem entspannen und bekomme doch einen Energieschub für den restlichen Tag.

Sechstes Tagesfazit: Jeden zweiten Tag ein Nickerchen zu machen, reicht auch.

Falle ich in den Tiefschlaf (was ich unbedingt vermeiden will), lasse ich den Schlüssel fallen und wache wieder auf – so die Theorie.
Falle ich in den Tiefschlaf (was ich unbedingt vermeiden will), lasse ich den Schlüssel fallen und wache wieder auf – so die Theorie.
Quelle: Mery Ochoa/Digital Leben

Heute habe ich den Trick ausprobiert, etwas in der Hand zu halten, damit ich vom Runterfallen aufwache, falls ich richtig einschlafen sollte. Geklappt hat es nicht, aber ich war ohnehin weit davon entfernt einzuschlafen. Das muss ich vielleicht noch mal ausprobieren, wenn die Einschlaf-Gefahr höher ist. Oder auch nicht, denn ich habe festgestellt: Das Halten des Schlüssels hat meine Entspannung gestört. Richtig Loslassen ist schwierig, wenn ich mich gleichzeitig darauf konzentriere eben nicht loszulassen.

7., 8., 9. … Tag: Ich höre nicht mehr auf

Ganz dem neu entdeckten Muster entsprechend läuft und lohnt sich das Powernapping heute wieder richtig gut. Und so beschließe ich: Ich bleibe dabei. In den paar Tagen, die ich nun Powernapperin bin, ist das Nickerchen schon fast zur Gewohnheit geworden und ich will es nicht mehr missen. Und so gönne ich mir auch in den folgenden Tagen immer wieder ein kurzes Schläfchen, wenn es irgendwie einzurichten ist. Ich lasse hin und wieder einen Tag aus, wenn ich gar nicht müde bin. An den anderen Tagen ist es immer gut investierte Zeit.

Gesamtfazit: Ich bin jetzt regelmäßige Powernapperin

Mein Fazit dieser Woche ist eindeutig: Ein kurzes Mittagsschläfchen zahlt sich in vielerlei Hinsicht aus und wird eine feste (mehr oder weniger regelmäßige) Routine für mich. Aus diesen Gründen:

  • Die kurze Auszeit entspannt und macht mich für den restlichen Tag wacher, ausgeglichener und fitter.
  • 10 Minuten finde ich (fast) jeden Tag und sie reichen aus, ich brauche keine Vor- oder Nachbereitung.
  • Das morgendliche Aufstehen fällt wesentlich leichter, weil ich weiß, dass mich noch ein Nickerchen am Mittag erwartet.
  • Selbst wenn ich nicht müde bin und wegdämmere, sind die zehn Minuten eine wohltuende Auszeit.

Meine Befürchtung, dass ich nach ein bisschen Ruhe die Müdigkeit umso geballter zuschlägt, war also unbegründet. Zwar ersetzt der Powernap keine acht Stunden Nachtschlaf, aber ich schleppe mich nach dem Nickerchen definitiv nicht mehr so müde durch die Gegend wie davor und bin besser drauf.

Wie hältst du es mit dem regelmäßigen Mittagsschlaf? Hast du es selbst schon ausprobiert und gute Erfahrungen gemacht? Oder meidest du das Nickerchen aus ähnlichen Befürchtungen wie ich zuvor?

Falls es dir übrigens morgens auch manchmal so schwer fällt, aus dem Bett zu kommen, findest du hier noch ein paar Tipps, die helfen könnten:

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Und hier findest du noch weitere Ausprobiert-Wochen von mir:

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Titelfoto: Mery Ochoa/Digital Leben

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Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.


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