Wenko Secura Toilettenhocker
Was ich im Toilettentraining gelernt habe
Was reingeht, muss auch wieder raus. Aber weisst du, wie man richtig aufs Töpfchen geht? Nach meinem Gespräch mit Jutta Wunderlin, einer Frau vom Fach, habe ich gemerkt: ich nicht.
Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Artikel beginnen soll. Obwohl er die natürlichste Sache der Welt thematisiert, nämlich die Entleerung des Darms, ist mir das Sujet dieses Beitrags unangenehm. Im Gespräch mit Kollegen wird mir klar, dass es nicht nur mir so geht. Dabei ist es wichtig, dass wir offen über dieses Thema sprechen, weil es uns alle betrifft. Das findet auch Jutta Wunderlin. Sie ist Atem- und Beckenbodentherapeutin und bietet «Toilettentrainings» an. Bei ihr lernen Leute, die von Ärzten an sie verwiesen werden, richtig aufs WC zu gehen. Hört sich ulkig an, scheint aber bitter nötig zu sein. Denn im Gespräch mit ihr erfahre ich, dass wir uns auf dem stillen Örtchen häufig falsch verhalten. Ich merke sogar, dass ich nie gelernt habe, korrekt aufs Klo zu gehen. Warum das wichtig wäre, erklärt sie mir.
«Durch das falsche Entleeren des Darms können auf lange Dauer die unterschiedlichsten Beschwerden auftauchen.» Dazu gehören beispielsweise Fissuren, also kleine Risse in der Darmschleimhaut. Diese können Schmerzen verursachen und für Blut auf dem Stuhl verantwortlich sein. Auch unsere Hämorrhoiden können zum Problem werden. Dieses Venengeflecht übernimmt eine unverzichtbare Funktion in unserem Darm und sorgt dafür, dass wir kontinent bleiben. Für gewöhnlich füllen sie sich mit Blut, bevor wir mal müssen, und unterstützen den Schliessmuskel im After. Dieser alleine würde nicht ausreichen, um unseren Stuhl zurückzuhalten. Wenn du falsch aufs WC gehst, kann es passieren, dass das Blut aus diesem Geflecht nicht mehr abfliesst. Das wiederum führt zu Blutungen und Schmerzen oder gar dazu, dass die Hämorrhoiden so weit herunterrutschen, dass sie von aussen sichtbar sind.
Da Frauen einen schwächeren Beckenboden haben als die Männer, besteht bei ihnen das Risiko, dass sich der Darm in Richtung Scheide senkt und dort eine Art Sack bildet, in dem sich der Stuhl sammelt, sodass er nicht mehr ganz ausgeschieden werden kann. Speziell bei Frauen, die keine Gebärmutter mehr besitzen, kommt es vermehrt vor, dass der Dünndarm in den Dickdarm gedrückt wird, wodurch die Entleerung abgeklemmt wird. Auch kann sich der Darm in sich selbst stülpen. Bei Jutta Wunderlin sind ebenfalls häufig Klienten in der Therapie, bei denen der Darm unten herauskommt. Und das sind nur die gängigsten Beschwerden, die auftauchen können.
«Am wichtigsten ist es, dass wir nicht inkontinent werden», betont Wunderlin. «Das geschieht unter anderem, weil der innere Schliessmuskel schwach werden kann. Er lässt sich, anders als der Äussere, nicht mit Beckenbodenübungen trainieren.» Sie erklärt mir weiter, dass Inkontinenz nicht nur ein Thema für die ältere Generation ist. Immer mehr junge Leute sind davon betroffen. Nur redet niemand darüber. Mit gezieltem Training versucht sie, die unterschiedlichen Leiden ihrer Klienten zu lindern. «Die richtige Therapie sorgt dafür, dass die Betroffenen sich wieder wohler in ihrer Haut fühlen und beschwerdefrei leben können.»
Shit happens
Damit es bei dir gar nicht erst soweit kommt, habe ich nachgehakt, worauf du bei deinen «Sitzungen» unbedingt achten solltest.
Nicht pressen
Wenn du presst, begünstigt dies alle oben beschriebenen Beschwerden. Entgegen der Annahme, dass du mit dieser Technik das Verdaute besser ausscheidest, schliesst und verkrampft sich dein Schliessmuskel, anstatt sich zu entspannen.
Diesen Mechanismus veranschaulicht mir Jutta Wunderlin, indem sie mich (vollständig bekleidet) darum bittet, auf einem Stuhl Platz zu nehmen, der mit einem blauen Sensor ausgestattet ist. Dieser registriert, ob und wie fest sich mein Beckenboden beim Pressen anspannt. Die Werte überträgt er dann in eine Software auf ihrem Laptop. Dort zeichnet sich ein Graf ab, der jedes Mal ausschlägt, wenn sie mich anweist, zu pressen. Das heisst, während des Pressens spannt sich mein Beckenboden an. Da der Körper während des Stuhlgangs etwas hergeben muss, sollte er jedoch völlig entspannt sein. Wenn du zu fest drückst, steigerst du ausserdem den Druck auf deinen Kopf. Da oben hat er aber nichts zu suchen. Wenn der Darm so weit ist, die Konsistenz deines Stuhls stimmt und du relaxed bist, sollte alles wie von selbst gehen. Womit wir auch beim nächsten Punkt wären.
Warte auf das Signal und vermeide lange Sitzungen
Gehe erst aufs Klo, wenn dein Körper dir das Signal dazu gibt. Der Körper ist kein Uhrwerk und hat seinen eigenen Rhythmus. Den solltest du respektieren. Nur weil du gerade Zeit hast, zuhause auf die Toilette zu gehen, heisst das nicht, dass er auch dazu bereit ist. Vermeide es daher, dich einfach auf die Schüssel zu setzen und zu warten, denn das tut dir nicht gut. Stell dir dein Becken wie eine Hängematte vor, die, wenn du auf der Schüssel sitzt, im Freien hängt. Je mehr Zeit du auf der WC-Brille verbringst, desto länger belastest du diese «Hängematte», weil deine Organe vom lockeren Beckenboden nicht mehr gestützt werden und sich dadurch ein Druck auf ihn aufbaut.
Die Toilette solltest du als einen Ort der totalen Entspannung betrachten. Das bedeutet nicht, dass du dort lange verweilen solltest. Nur, dass Ablenkungen wie Magazine und Handys da nichts verloren haben, weil du durch sie länger auf der Toilette sitzen bleibst. Hinzu kommt, dass sie dich dazu verleiten, eine falsche, nach vorne gelehnte Position einzunehmen, die dir die Darmentleerung zusätzlich erschwert.
Verkneif es dir nicht
Das Warten auf das Signal deines Körpers heisst auch, dass du dir den Gang zur Toilette nicht verkneifen solltest. Wenn du wartest, bis du wieder zu Hause bist, weil du dich im Büro nicht traust, wird dein Stuhl zu hart. Dann besteht die Gefahr, dass du zu stark presst und so deinen Schliessmuskel verletzt, was auf wiederum zu Inkontinenz führen kann.
Nimm die richtige Haltung ein
Von Natur aus würdest du irgendwo im Freien in die Hocke gehen. Das wäre die ideale Position für deinen Körper. Unsere Toiletten sind aber so gebaut, dass wir uns falsch hinsetzen: Vermeide es, deine Füsse auf die Zehenspitzen zu stellen. Dazu tendieren insbesondere kleinere Menschen. Auch ein gerader Rücken ist hinderlich. Das liegt daran, dass dein Beckenboden in einer geraden Haltung automatisch deine Organe stützt. Auf der Toilette muss der Beckenboden jedoch ganz locker sein. Das heisst, er darf sich nicht anspannen, weil er etwas «hergeben» muss.
Idealerweise sitzt du mit einem Buckel auf der Schüssel. Die Füsse stellst du flach auf eine Erhöhung. Dazu kannst du zwei Zeitungsbeigen benutzen oder eine extra dafür ausgeklügelte Lösung wie den Toilettenhocker. Die Knie sollten leicht auseinander zeigen. Alles in allem sollte deine Haltung so aussehen, als wäre dein Körper in sich zusammengefallen. Eine Atemübung kann dich zusätzlich unterstützen. Dabei kannst du langsam durch deine leicht geöffneten Lippen ganz sanft Richtung Beckenboden ausatmen und dir dabei vorstellen, wie alles von oben nach unten «herausfliesst».
Dass wir bei einer alltäglichen Tätigkeit wie dem Gang zum Klo, so vieles falsch machen, hat mir zu denken gegeben. Wir sollten den Funktionen unseres Körpers mehr Beachtung schenken und sie nicht zur Nebensache erklären. «Das ist in der heutigen Zeit gar nicht so einfach, weil wir vor lauter Ablenkungen wie beispielsweise dem Handy das Gespür fürs Wesentliche verloren haben», sagt Wunderlin. Recht hat sie – leider.
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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.