Wer braucht schon einen Eierschneider? Ich!
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Wer braucht schon einen Eierschneider? Ich!

Ich habe keine sperrige Pasta-, Brotback- oder Kenwood-Küchenmaschine. Ja, nicht einmal eine Spülmaschine. Dafür aber neuerdings einen Eierschneider. Eine Fürsprache.

Es gibt Küchengeräte, von denen ich dachte, dass ich sie bräuchte. Einen Smoothie-Maker zum Beispiel. Dieser ist in den vergangenen fünf Jahren etwa dreimal zum Einsatz gekommen, ansonsten verstopft das Teil mein Küchenschränkchen. Oder auch eine Mikrowelle. Jahrelang dachte ich, dass es nicht ohne das Aufwärm-Gadget geht. Seit ich keine mehr habe, vermisse ich sie so gut wie nie und erfreue mich stattdessen an der hinzugewonnen Arbeitsfläche. Dann aber gibt’s auch Geräte, von denen ich bislang nicht wusste, dass ich sie tatsächlich brauche. In diese Kategorie fällt der Eierschneider.

Meine Oma hatte früher so ein Exemplar. Als Kind hatte ich grosse Freude daran, die gekochten, abgeschreckten und «gewuzelten» (österreichisch für drehen) Eier zu schälen und in den Schneider einzuspannen. Die perfekten Scheiben habe ich oft gar nicht gegessen, der Prozess war hier das Ziel. Ganz anders heute.

So geht Wuzeln.
So geht Wuzeln.

Lange dachte ich, dass das Eierschneiden ja genauso gut mit dem Messer geht. Ei ist Ei. Falsch. Im Nüsslisalat und Sandwich gab’s stets nur Eigelb-Krümel und halbe Eiweiss-Scheiben. An die Anschaffung eines Gerätes habe ich trotzdem nie gedacht, auch weil ich komplett vergessen hatte, dass der Eierschneider überhaupt existiert. Bis im Magazin von «Die Zeit» eine Ode an den Eierkocher publiziert wurde, die mich gedanklich in die Vergangenheit katapultierte und ein Bild meiner Oma mit dem Schneider vor meinem inneren Auge entstehen liess.

So sehen perfekte Eierscheiben aus.
So sehen perfekte Eierscheiben aus.

Apropos Entstehung. Die Geschichte des Eierschneiders ist durchaus interessant. 1904 meldete Minna Sophie Friederike Petersen einen zangenförmigen Eierschneider als Patent an, der einer heutigen Knloblauchpresse ähnelt. Durchsetzen konnte sich das Gerät aber erst mit dem Patent von Willy Abel im Jahr 1912. Innert kurzer Zeit verkaufte er 10 Millionen Stück des massenproduzierten Produkts in alle Welt. Weitere Verkaufsschlager waren die Brotschneidemaschine und das herzförmige Waffeleisen, die er ebenfalls erfand und über sein Unternehmen «Harras-Werke» vertrieb.

Simpel, aber effektiv: Draht als Schneideinstrument.
Simpel, aber effektiv: Draht als Schneideinstrument.

Nun hat’s die über 100-jährige Erfindung endlich auch in meine Küche geschafft. Scheiben und Würfel fallen endlich nicht mehr auseinander, sondern sind perfekt geschnitten. Optisch macht mein Exemplar nicht unbedingt was her, vor allem das Plastik stört mich. Sollte die günstige Version kaputtgehen, achte ich darauf, einen Eierschneider – oder Eierharfe, wie meine Oma sagen würde – in Edelstahl zu kaufen. Der österreichische Name kommt nicht von ungefähr. Die Schneidedrähte sehen nicht nur aus wie die Saiten einer Harfe, sondern lassen sich auch so spielen. Zumindest wenn du eine britische Avantgarde-Band namens Coil bist.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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