Hintergrund

Wie die Schweizer Wassersportmarke Ensis einen neuen Trendsport prägt

In der Fun-Sport-Halle an der internationalen Bootsmesse «Boot» in Düsseldorf fallen vor allem zwei Dinge auf: Die Wings, die schmetterlingsartigen Flügel, mit denen Sportlerinnen und Sportler auch bei wenig Wind übers Wasser gleiten. Und die Foils, die Tragflächen, die das Schweben über der Wasseroberfläche ermöglichen. Die Schweizer Marke Ensis ist einer der Trendsetter in diesem Markt.

Bisher richteten sich die Augen fast immer nach Hawaii, um zu sehen, was sich im Windsurfen, Wellenreiten und bei anderen Wasser-Trendsportarten tut. Doch momentan rückt die Marke Ensis aus Baar in der Schweiz ein Stück weit ins Spotlight.

Es ist eine spannende Zeit im Wassersport: «Wing-Foiling zieht Menschen aus allen Sportarten an», sagt Ensis-Geschäftsführer Karl Müller. «Sie kommen vom Windsurfen, vom Kiten, vom Stand-Up-Paddeln und teilweise auch vom Skateboarden», ergänzt er. Tatsächlich ist in Halle 17 an der «Boot 2024» Aufbruchsstimmung zu spüren.

Nicht zuletzt liegt das am 50-Meter-Pool mit Windanlage, auf dem die Stars der Szene Tricks zeigen oder Interessierten den Sport näherbringen. Und natürlich an den Stars selber, wie den Ensis-Teamfahrern Balz Müller und Michael Näf und der Wassersport-Ikone und Starboard-Teamfahrerin Fiona Wylde, die extra aus den USA anreiste.

Zwei Stars der Szene, Fiona Wylde aus den USA und Balz Müller aus der Schweiz auf der Bühne der «Boot 2024».
Zwei Stars der Szene, Fiona Wylde aus den USA und Balz Müller aus der Schweiz auf der Bühne der «Boot 2024».
Quelle: Siri Schubert

Tatsächlich hatte der globale Wingboards-Markt nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Fact.mr bereits 2022 ein Volumen von 265 Millionen USD. Bis 2032 soll es sich den Prognosen zufolge verdoppeln.

Wing-Foilen, Wing-Surfen, Wing-SUP und Pump-Foilen, was ist das genau?

Im Grunde setzen die neuen Trendsportarten auf drei Geräte: Den Wing, also den Flügel, das Board und das Foil, also die Tragfläche. Diese Geräte kommen in unterschiedlichen Kombinationen zum Einsatz. Manchmal ist noch ein Paddel dabei.

Was den neuen Sport für Wassersport-Enthusiasten so spannend macht, ist seine Vielseitigkeit. Gleichzeitig sorgt genau diese teilweise für Verwirrung. Deshalb hier ein kurzer Überblick, den du gerne überspringen kannst, wenn du die Trends im Wassersport schon länger verfolgst.

Durch den Wind mit dem Wing

Der Wing, der Flügel, unterscheidet sich vom Windsurfsegel unter anderem darin, dass er nicht fest mit dem Board verbunden ist. Dadurch kann er mit fast jedem Board kombiniert werden. Der von Hand gehaltene Flügel eignet sich für verschiedene Sportarten: Das Wing-Foilen, das Wing-Kiten und das Wing-Surfen. Der Wing kann zudem ein Stand-Up-Paddelboard, ein Skateboard, Ski oder ein Snowboard (beides bekannt als Snow-Winging) beflügeln. Auch Videos von Schlittschuhfahrenden mit Wing machen auf Youtube die Runde.

Vergangenes Jahr habe ich den Wing mit einem kleinen aufblasbaren Stand-Up-Paddelboard ausprobiert.

Wenn du in letzter Zeit (ja, auch im Winter) an einem grösseren Schweizer See warst, hast du wahrscheinlich Wing-Foiler beobachten können. Sie nutzen den Flügel mit einem Tragflächen-Board, einem sogenannten Foilboard, um mithilfe des Winds ins Schweben zu geraten. Fortgeschrittene Wing-Foiler zeigen Freestyle-Tricks und verschieben fast täglich die Grenzen dessen, was auf einem Brett im Wasser möglich ist. Die Stärke des Wings ist, dass er auch bei wenig Wind funktioniert. Ideal also für Schweizer Seen.

Abheben mit dem Foil

Das zweite Element, das den Wassersport-Trend vorantreibt, ist das Foil. Gemeint ist ein Hydrofoil, also die Tragfläche, die Surfbretter und viele andere Wassersportgeräte übers Wasser schweben lässt. Obwohl das Konzept des Hydrofoils schon lange bekannt ist, hat es in den vergangenen Jahren einen starken Aufschwung erlebt.

Ensis-Teamfahrer Michi Näf zeigt im Pool der Bootsmesse, wie ein Board mit Hydrofoil und Muskelkraft abhebt.
Ensis-Teamfahrer Michi Näf zeigt im Pool der Bootsmesse, wie ein Board mit Hydrofoil und Muskelkraft abhebt.
Quelle: Siri Schubert

Foilen kannst du mit oder ohne Wind. Bei Wind nimmst du einen Wing in die Hand. Ohne Wind kommst du entweder mithilfe der Wellen, mit deiner Muskelkraft oder mit einem Paddel aus dem Wasser und auf die Tragfläche.

Kein Wind, kein Problem: Mit Paddel, Board und Foil kommt selbst im Schweizer Winter Surf-Feeling auf.
Kein Wind, kein Problem: Mit Paddel, Board und Foil kommt selbst im Schweizer Winter Surf-Feeling auf.
Quelle: Ensis

Inzwischen gibt es auch hier eine ganze Reihe von Disziplinen: Windsurf-Foiling, Kite-Foiling, Surf-Foiling (auch als Prone-Foiling bekannt), Pump-Foiling, SUP-Foiling mit der Unterdisziplin Downwind-Foiling, Wing-Foiling und einige mehr.

Egal, welcher Wasserbrett-Sport deine Leidenschaft ist, durch das Foil und den Wing bekommt er Auftrieb, im übertragenen, aber auch im wahrsten Sinne des Wortes. Denn nichts hat in den vergangenen Jahren die Innovationsfreude der Branche so angeheizt wie Wing und Foil.

Die Schweizer Marke mitten drin

Ensis-Geschäftsführer Karl Müller ist schon fast sein ganzes Leben mit dem Wassersport verbunden. Erst als Windsurfer, dann im Stand-Up-Paddeln, wo er vor knapp 15 Jahren die erste Rennserie in der Schweiz, die Swiss SUP Tour, ins Leben rief. Zu dieser Zeit waren Stand-Up-Paddler hierzulande noch ziemliche Exoten.

Bei den Wings erwischte er ebenfalls eine der ersten Wellen. Waren es 2020 nur eine Handvoll Firmen, die Wings und Foilboards produzierten, sind es inzwischen mehr als 100. «Wir sind unglaublich schnell gewachsen», sagt Karl. Inzwischen ist der Hersteller von farbenfrohen Wings und Boards in 34 Ländern vertreten.

Ensis-Geschäftsführer Karl Müller präsentiert auf der Bootsmesse Wings und neue Foil-Boards.
Ensis-Geschäftsführer Karl Müller präsentiert auf der Bootsmesse Wings und neue Foil-Boards.
Quelle: Siri Schubert

Mit schnellem Wachstum gehen oft Schwierigkeiten einher. Bei Ensis war das nicht anders. «Wir waren vom Wachstum total überrascht», erinnert sich der Geschäftsführer. Das führte dazu, dass er zwischenzeitlich Produkte aufgrund eines Produktionsfehlers zurückrief. Das war teuer, sei aber Teil des Markenkonzepts, sagt er. «Wir sind ‘engineered in Switzerland’ und als Schweizer Marke wollen wir Werte wie Qualität, Zuverlässigkeit und Respekt auch im Service und in der Kundenbetreuung vermitteln.»

Gemacht für die Bedingungen auf Schweizer Seen finden die Produkte auch international Anklang.
Gemacht für die Bedingungen auf Schweizer Seen finden die Produkte auch international Anklang.
Quelle: Siri Schubert

Inzwischen ist Ensis dabei, in den USA ein eigenes Lager aufzubauen. Dass sich Produkte einer Wassersportmarke aus Baar im Kanton Zug inzwischen auch auf der hawaiianischen Insel Maui verkaufen, ist für Ensis ein echter Achtungserfolg.

Die Bekanntheit des Binnenlands Schweiz im internationalen Trendsport liegt in erster Linie an den Produkten, aber zu einem Stück weit auch an den Teamridern aus neun Ländern, die international für Aufsehen sorgen. Besonders bekannt in der Szene ist Teamfahrer Balz Müller, der bereits mehrere Weltcup-Siege im Freestyle-Wingsurfen davontragen konnte und mit neuen Tricks und Manövern die Szene entscheidend mitprägt.

Ein neues Board für fast alle Bedingungen

An der internationalen Bootsmesse «Boot» stellte Ensis ein neues Board vor: das «Waltz». Dieses Board ist mit seiner schmaleren Form fürs Downwind-Foilen konzipiert. Doch statt Spezialisierung soll das Board für fast alle Bedingungen auf Schweizer Seen geeignet sein: Bei wenig Wind zum Pump-Foilen und SUP-Foilen, den Sportarten, bei dem das Board durch Muskelkraft auf die Tragfläche gebracht wird. Bei leichtem Wind eignet es sich zum Wing-Foilen. Bei stärkerem Wind sind Downwinders möglich, bei denen das Board auf der Tragfläche von Windwelle zu Windwelle schwebt. So kann ein Board laut Hersteller für die vielen unterschiedlichen Bedingungen genutzt werden, die es auf Schweizer Seen gibt.

Das farbenfrohe Board soll sich zum SUP-Foilen, zum Pump-Foilen und zum Wing-Foilen eignen.
Das farbenfrohe Board soll sich zum SUP-Foilen, zum Pump-Foilen und zum Wing-Foilen eignen.
Quelle: Ensis

Warum sich die neue Sportart so gut für die Schweiz eignet und wie sich das Fliegen übers Wasser anfühlt, erfährst du im Interview mit Freestyle-Weltcup-Gewinner Balz Müller und Pumpfoil-Pionier Michi Näf.

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Die Jugend im Blick

Die Trendsportarten mit Tragfläche und Flügel faszinieren Sportlerinnen und Sportler jeden Alters. Zum Teil sind es Wind- oder Kitesurfende, die das einfachere Material des Wing-Surfens anzieht. Oder jene, die eine neue Herausforderung suchen und sich aufs Foil-Board stellen.

Anders als das Stand-Up-Paddeln ist das Wing-Foiling ein Sport, der zunehmend auch junge Menschen begeistert. «Bei der GWA, der Wing-Foil World Tour, übernimmt die akrobatische Jugend das Zepter», sagt Teamrider Balz Müller, der von 2020 bis 2022 die World-Tour gewann.

Diesen Trend unterstützt Ensis. Es bietet nicht nur eine Junior-Produktserie an, sondern fördert auch junge Wassersportlerinnen und -sportler aus der Schweiz. Vier von ihnen durften mit zur Bootsmesse fahren und hatten dort an einem Morgen exklusiven Zugang zum Indoor-Pool und konnten mit den Profis an ihren Tricks und ihrer Technik arbeiten.

Diese Ensis-Produkte findest du derzeit bei uns im Shop:

Titelfoto: Siri Schubert

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.

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