Ratgeber

Wireless Charging: Lebensqualität ohne Kabel. Wirklich

Ich bin ein alter Mann. Das muss ich mal so sagen, denn ich beginne schon, Technologie mit einer gewissen Festgefahrenheit gegenüber zu stehen. Daher kann ich heute die Frage beantworten: Warum brauchst du Wireless Charging?

«Huere Gugus», denk ich mir in breitem St. Galler Dialekt, als ich mein Porsche Design Mate RS auspacke. Nicht wegen dem Phone, sondern wegen dem exklusiven Wireless Charger im Porsche Design. Den gibt's gratis zum Phone! Wow. Toll. So ein unnützes Teil für gratis. Total gut.

Zugegebenermassen hatte ich schon einige Phones mit Wireless Charging Feature, aber benutzt habe ich das noch nie. Wieso auch? Da musst du mühsam einen Charger dazu kaufen, der dann das Phone langsamer lädt als das Kabel. Wer will das schon? Ich sicher nicht.

Jetzt also der runde Klotz ohne jegliche erkenntlichen Features, abgesehen vom Porsche Design Logo. Und das soll jetzt also die Revolution sein? Pah!

Zehn Jahre alte Technologie ist der letzte Schrei

Aufgesetzt ist das Teil schnell. USB-C-Kabel in die Seite gesteckt und fertig. Danach muss ich einfach das Phone auf den Charger legen und fertig. Ist jetzt nicht so die Wissenschaft, ausser dass ich das Phone so generell in etwa der Mitte auf die Ladeplattform legen muss, sonst funktioniert das nicht. Wenn ich die Fläche getroffen habe, an der der Ladevorgang beginnt, leuchtet auf der Plattform ein LED.

Wenn du dein Phone richtig ausgerichtet hast, dann leuchtet ein LED auf
Wenn du dein Phone richtig ausgerichtet hast, dann leuchtet ein LED auf

Da liegt er also, der Wireless Charger. Notgedrungenerweise muss ich mich also mit dem Ding auseinandersetzen. Nur, dass das Teil keine Knöpfe hat, keine Schalter oder sonst etwas.

Egal, ob dein Phone den PMA-Standard oder den weit verbreiteteren Qi-Standard – beides sind Wireless Charging Standards – verwendet, im Wesentlichen funktioniert Wireless Charging genau gleich. Die ganze Technologie besteht aus zwei Spulen. Die Primärspule im Charger und die Sekundärspule im Phone, oder dem Objekt, das du via Wireless Charging laden kannst.

Durch die Primärspule fliesst der Strom, den der Charger vom Stromnetz zieht und der in deinem Akku landet. Wenn du dein Phone auf den Charger legst, dann wird die elektromagnetische Induktion gestartet. Diese Technologie ist nicht neu und ist bereits 1831 vom britischen Wissenschaftler Michael Faraday entdeckt worden. Und dann nochmal, unabhängig von Faraday, ein Jahr später vom Amerikaner John Henry.

Während der elektromagnetischen Induktion sendet die Primärspule ein elektromagnetisches Feld aus, das die Sekundärspule mit Strom versorgt. Die Sekundärspule ihrerseits lädt dann deinen Akku. Das ganze funktioniert auf eine Distanz von etwa vier Zentimetern, aber wenn du dein Phone auf das Charging Pad legst, dann sind das höchstens fünf Millimeter.

Die Technologie ist auch nicht neu, genau wie die elektromagnetische Induktion. Das Wireless Power Consortium hat die Technologie und deren Standard bereits 2008 vorgestellt. Damals aber war das Laden via Induktion mehr eine Demo. Der Ladeprozess war langsam und energieineffizient, war also etwas, das du definitiv übersehen konntest.

Aber das Qi von vor zehn Jahren ist nicht das Qi von heute. Heute macht sich Qi Fast Charge breit. Sprich: Schnelle Akkuladung, wenig Verschwendung von Energie innerhalb des elektromagnetischen Felds. Kurz ausgedrückt heisst das, dass du dein Phone per Wireless Charging mittlerweile genau so schnell laden kannst wie über Kabel.

Mein Leben ist verändert

Wie dem auch sei, jedes Mal, wenn ich das Phone auf mein Pult lege, lege ich es jetzt halt auf den Charger. Warum auch nicht. Eine Woche, nachdem ich mir das angewöhnt habe, merke ich: Wireless Charging löst Probleme, die ich einfach so als Alltag und unveränderlich angesehen habe.

Macht optisch nicht viel her

Wireless Charging ist ein Stück Lebensqualität.

Ich sehe das ähnlich wie meine Umstellung von normalen Glühbirnen auf sprachgesteuerte Smartlights in meiner Wohnung. Seit Januar habe ich keinen Lichtschalter mehr gedrückt, sondern sage meiner Wohnung einfach, sie soll mal das Licht einschalten, wenn ich abends in der Küche noch werkle. Bis ich die Umstellung gemacht habe, war das Lichtschalterdrücken etwas Unveränderliches. Ist so weil ist so, bleibt so weil war so.

Ähnlich ging es mir mit den Stromkabeln und Smartphones. Kabelsalat im Home Office, Kabelsalat im Schlafzimmer, Kabelsalat im Büro. Jetzt liegt da aber ein kleines rundes Ding, das arbeitet, ohne dass ich mir noch irgendwie Mühe machen muss. Das unveränderliche Kabelchaos ist etwas weniger chaotisch. Obwohl der Qi-Standard nicht so weit verbreitet ist, wie ich das aktuell gerne hätte, so macht er mir mein Leben doch wesentlich viel einfacher.

Noch besser ist die Tatsache, dass der Standard nicht nur von Android Phones adaptiert wurde, sondern auch von Apple. Daher kann ich ein iPhone X genauso auf dem Pad laden wie ein Huawei Porsche Mate RS. Genau so wünsche ich mir die Phone-Welt. Alle mit allen und am Ende gewinnen ich und du, die Nutzer.

Kleine Batteriekunde zum Thema moderne Akkus

Im Internet und an Stammtischen, auf Pausenplätzen und sonst vielerorts schwirren x Thesen herum, wie genau denn ein Akku geladen werden soll oder muss. Möglichst leer muss er sein, sagen die einen. Immer auf 100 Prozent die andern. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Der effektiven Leistung schadet ständiges Aufladen nicht. Der Akku wird nicht schwächer aber auch nicht stärker.

  • Battery University empfiehlt, den Akku nicht unter 50 Prozent fallen zu lassen
  • Samsung rät, dass die Batterie nicht unter 20 Prozent fallen soll

Einig sind sich die Experten darin, dass die Batterie so selten wie möglich voll entladen sein sollte. Denn das sei ein Stress für die im Akku verbaute Technologie und das könne das Batterieleben verkürzen. Wenn du einen Akku ohne Phone rundherum lädst, dann solltest du ihn bei 100 Prozent Ladung ausstecken. Spätestens seit dem explodierenden Samsung Note 7 aber geben sich die Hersteller grösste Mühe, dass so etwas nicht vorkommen kann. Daher haben Hersteller Mechanismen verbaut, die den Batterie-Stress minimieren.

Akkus aber mögen keine grossen Veränderungen. Sie sind weder besonders scharf auf grosse Temperaturschwankungen oder darauf, dass sie jeden Tag komplett geleert werden. Und wenn du dein Phone oder dein anderes Lithium-Ionen-Akku-Gerät länger nicht in Betrieb haben willst, dann empfiehlt dir unter anderem Apple den Akku bei etwa 50 Prozent zu lassen.

Die Plattform aus dem Hause Huawei-Porsche funktioniert auch mit dem iPhone

Was, wenn du das aber nicht tust oder kannst? Dein Phone wird nicht gleich explodieren oder nur noch zweieinhalb Minuten Leistung bringen. Die obigen Ratschläge verlängern die Lebensdauer des Akkus, aber Zuwiderhandlungen gegen diese Best Practises heissen nicht zwingend, dass dein Akku gleich abkratzt. Die ganze Chose ist nicht besonders kompliziert und die Unterschiede von Einhaltung und Zuwiderhandlung sind im Kontext der Lebensdauer eines Phones ohnehin etwas vernachlässigbar.

Die Lösung eines Problems, von dem ich nicht wusste, dass ich es habe

Seit ich den Wireless Charger auf meinem Pult habe, habe ich keine Probleme mehr mit dem Akku. Der ist einfach immer geladen. Selbst wenn ich längere Speed Tests über den WiFi Hotspot meines Phones mache, was im Regelfall den Akku im Nullkommanichts durchbrennt, muss ich mir einfach keine Sorgen machen.

So. Fertig. Der alte Brummbär aus dem Intro dieses Artikels hat gelernt, dass es doch noch Dinge gibt, die das Leben besser machen können. Heute ist das ein Wireless Charger. Und das ist gut so.

29 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Ratgeber

    Auf diese Dinge solltest du beim Kauf einer Wireless-Ladestation achten

    von Martin Jungfer

  • Ratgeber

    Darum habe ich sogar meinem Android-Phone Magsafe spendiert

    von Lorenz Keller

  • Ratgeber

    Handy-Verlust: So wird’s nicht zum Horror

    von Livia Gamper

Kommentare

Avatar