Wofür ist das V am Ausschnitt?
Hast du dich schon mal gefragt, was die Napoleontasche, die Schlaufe am Hemdrücken und das zusätzliche V am Ausschnitt sollen? Die vermeintliche Deko hat eine Funktion. Teil zwei meiner Fashion-Serie.
Die Details machen den Unterschied. Seit Jahrzehnten motzen Designer langweilige schlichte Basics mit individuellen Akzenten auf. So wird beispielsweise aus einem simplen weissen T-Shirt mit Rüschen oder einem Kragen ein Hingucker. Doch nicht jedes Stilmittel hat nur einen dekorativen Zweck. Es gibt auch modische Elemente, die dir den Alltag erleichtern.
Die kleine Tasche neben dem Hauptreissverschluss
Die Ölgemälde von Napoleon Bonaparte lassen vermuten, dass der korsische Feldherr und spätere Kaiser eine Lieblingshaltung hatte: Eine Hand winkelte er leicht an und hielt sie unter seine Jacke. Angeblich soll diese Pose anno dazumal für Entschlossenheit und Mut gestanden haben. In Anlehnung an den Herrscher, wurde die zusätzliche Tasche neben dem Hauptreissverschluss Napoleontasche benannt. Bei vielen Outdoor-Jacken ist sie zusätzlich verstärkt, was sie zu einem wetterfesten Begleiter für Smartphones und Co. macht. Zudem hast du dein Hab und Gut schnell griffbereit. Egal, wie kühn du damit aussiehst …
Die Schlaufe am Hemdrücken
Auch wenn du’s schon geahnt hast, hier kommt die Bestätigung: Das kleine Stück Stoff in Form einer Schlaufe ist tatsächlich zum Aufhängen gedacht. Fun Fact: Sie ist so zwischen den Schulterblättern platziert, damit das Hemd während des Hängens keine Falten wirft.
Die Extra-Schlaufe wurde erstmals in der Marine populär. Weil der Stauraum auf hoher See begrenzt war, sollte sie den Matrosen das Aufbewahren der Hemden erleichtern. Dank der kleinen Schlinge war nur ein simpler Haken zum Aufhängen nötig. Die US-Marke Gant war es schliesslich, die in den Sechzigern ihre Hemden mit einem «Locker Loop» versah. Dieser sollte die Hemden von Studenten in ihren engen Spinden knitterfrei halten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis andere Hersteller dieses praktische Feature übernahmen. Aber Achtung: Wenn sich die Schlaufe auf der Rückseite des Kragens befindet, dient sie nicht zum Aufhängen, sondern zum Befestigen einer Fliege.
Der Leder-Patch am Rucksack
Auch dieses Feature lässt dich nicht hängen. Der quadratische Flicken mit zwei Schlitzen wird als «Lash Tab» bezeichnet. Und nein, er soll nicht – wie ich finde – deinen Rucksack verunstalten, sondern deinen Alltag erleichtern. Sie dienen als Befestigungspunkte für Dinge, die in deinem Rucksack keinen Platz haben oder nass sind und darum nicht reingehören.
Ursprünglich kamen sie bei Outdoor-Rucksäcken zum Einsatz. Die Alpinist:innen konnten mithilfe eines Gurtbandes ihre Eispickel, Schuhe etc. daran befestigen. Aber auch im Alltag erweisen sich die ledernen Aufnäher als praktisch. Falls du zum Beispiel mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs bist und keine Hände freihast, kannst du deine nasse Jacke oder Einkäufe daran befestigen. Noch was zum Material: Heutzutage werden die Patches aus Kunststoff gefertigt. Das macht sie wasserfest und beständiger.
Das zusätzliche V bim Ausschnitt
Im Gegensatz zur Hemdlasche ist die Funktion des gestickten Vs unter dem Kragen nicht ganz so offensichtlich. Es wurde ursprünglich in den Zwanzigern für die Trikots von Football-Spielern entwickelt. Das dickere dreieckige Stoffstück unter dem Rundhalssauschnitt sollte den Schweiss der Sportler aufsaugen. Zudem sorgten die verstärkte Naht und der gerippte Einsatz dafür, dass sich das Oberteil leichter an- und ausziehen lässt, ohne dass der Kragen mit der Zeit seine Form verliert. Denn die Elastizität des Rippenbands dehnt sich nach Bedarf, ohne an Elastizität zu verlieren. Heutzutage dient der V-Einsatz nur noch als Verzierung und ist infolge der Nostalgie-Trendwelle wieder auf dem Vormarsch.
Viele Dinge nehmen wir hin, ohne sie zu hinterfragen. Schade eigentlich, wenn sie doch eine praktische Funktion erfüllen könnten. Gibt es ein Detail an deinen Klamotten oder Schuhen, das dich rätseln lässt? Dann ab in die Kommentarspalte damit. Falls du den ersten Teil dieser Serie verpasst hast, kannst du ihn hier nachlesen:
Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt.