Zocken macht glücklich: Studie mit überraschenden Ergebnissen
Eine japanische Studie liefert unerwartete Einblicke in die Auswirkungen von Videospielen auf die psychische Gesundheit. Wie die Corona-Pandemie der Forschung in die Karten spielte.
Die COVID-19-Pandemie bot Forschenden eine seltene Gelegenheit: Aufgrund von Lieferengpässen und hoher Nachfrage wurden begehrte Spielkonsolen wie die Nintendo Switch und PlayStation 5 in Japan per Lotterie verlost. Das ermöglichte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, eine randomisierte Studie mit einer großen Stichprobe zur psychischen Auswirkung von Videogaming durchzuführen.
Die Forschenden befragten über 97000 Personen zwischen 10 und 69 Jahren. Die Studienergebnisse überraschen und dürften vor allem besorgte Eltern ein wenig beruhigen.
Zufallsprinzip als Schlüssel zum Erfolg
Das Besondere an der aktuellen Studie ist neben der hohen Stichprobe die Randomisierung. Also, dass die Teilnehmenden zufällig in Gruppen eingeteilt wurden. Bei vielen bisherigen Studien zu Videospielen war das nicht der Fall: Oft wurden nur bestehende Spielerinnen und Spieler untersucht oder Teilnehmende gezielt zum Spielen aufgefordert. So können Zusammenhänge (Korrelationen) festgestellt werden, aber die Frage nach Ursache und Wirkung (Kausalität) nicht geklärt werden. Wird also beispielsweise der Zusammenhang von Gaming und Depression untersucht, lässt sich möglicherweise eine Korrelation feststellen, aber keine Kausalität ableiten. Sprich: Zocken Menschen mit oder sogar wegen einer Depression mehr oder bekommen Menschen vom Zocken eine Depression?
Die Autorinnen und Autoren der Studie erklären: «Es gibt umfangreiche Forschung zu den Auswirkungen von Videospielen auf Nutzer, einschließlich ihrer Auswirkungen auf Sucht, Wohlbefinden, kognitive Funktionen und Aggression. [...] Die derzeitigen Erkenntnisse über die Auswirkungen des Videospielens sind jedoch unzureichend, nicht unbedingt aufgrund mangelnder Forschung, sondern eher aufgrund des Fokus und des Ansatzes bestehender Studien.» Die Lotterie-basierte Methode dieser Studie umging diese Probleme und ermöglichte es, tatsächlich zufällig ausgewählte Personen zu untersuchen.
Glückliche Gewinner: Konsolen-Besitzer profitieren mental
Nun kennen wohl die meisten – vor allem Eltern, deren Nachwuchs am liebsten 24/7 vor der Konsole sitzen würde – Meldungen über negative Folgen durch zu viel Videospielzeit. Die japanischen Studienergebnisse aber geben in diesem Fall Entwarnung: Konsolen-Gewinnerinnen und -Gewinner zeigten eine deutliche Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit: Stress wurde reduziert, die Lebenszufriedenheit stieg. Durchschnittlich erhöhten sie durch den Konsolengewinn ihre tägliche Spielzeit um etwa 30 Minuten auf insgesamt ein bis zwei Stunden am Tag. Ein Hinweis darauf, dass schon moderate Spielzeiten positive Effekte haben können.
Videospiele als Therapie? Mögliche Folgen für Forschung und Politik
Die Ergebnisse dieser Studie könnten ein Umdenken anregen – von der Jugendpolitik bis hin zur psychotherapeutischen Praxis. Die Ergebnisse legen nahe, dass moderate Spielzeiten durchaus positive Effekte haben können und Videospiele nicht per se negativ zu bewerten sind. Die Autorinnen und Autoren betonen jedoch: «Diese Erkenntnisse unterstreichen die komplexen Auswirkungen digitaler Medien auf das psychische Wohlbefinden und die Bedeutung der Berücksichtigung differenzierter Effekte der Bildschirmzeit.» Zukünftige Forschung und politische Entscheidungen sollten diese Komplexität berücksichtigen und differenzierter an das Thema Videospiele herangehen.
Wissenschaftsredakteurin und Biologin. Ich liebe Tiere und bin fasziniert von Pflanzen, ihren Fähigkeiten und allem, was man daraus und damit machen kann. Deswegen ist mein liebster Ort immer draußen – irgendwo in der Natur, gerne in meinem wilden Garten.