3 Dinge, die ich vom Manifest der Designerin des Jahres mitnehme
Designerin Faye Toogood betont, dass die Gestaltung von morgen nicht nur funktional durch KI und Roboter geschehen sollte, sondern auch Emotionen und Menschlichkeit braucht. Drei zentrale Lehren aus ihrem neuesten Manifest bieten spannende Einsichten.
Die Pariser Möbelmesse Maison&Objet (M&O) hat Faye Toogood zur Designerin des Jahres 2025 ernannt. Ihre Ausstellung «WOMANIFESTO!» ist für die Britin weit mehr als eine Retrospektive ihres Schaffens. Wie sie in einem Interview mit Designboom erklärt, versteht sie diese als ein Manifest. Das sind in meinen Augen die drei wichtigsten Erkenntnisse daraus.
1. Sich treu bleiben gilt auch in der Gestaltung
Zu Beginn ihrer Karriere war Toogood unsicher, ob sie das Thema Geschlechter in ihre Designs einfliessen lassen sollte. In der Masterclass, die anlässlich ihrer M&O-Ausstellung aufgenommen wurde, berichtet die heute 47-Jährige von ihren Erfahrungen als Frau im Designbereich. Zum Beispiel, wie schwer es war, ernst genommen zu werden, als sie in ihren späten Zwanzigern begann, Möbel zu entwerfen.
Um nicht auf ihr Geschlecht reduziert zu werden, lehnte Toogood Interviews ab, die sich ausschliesslich auf ihre Rolle als Frau im Design konzentrierten. Stattdessen entschied sie sich bewusst dafür, mit schweren Materialien und klaren Formen zu arbeiten, anstatt mit Stoffen oder Farben, die oft als feminin wahrgenommen werden.
Ende Dreissig bemerkte Toogood einen Wandel. Die dritte Welle von Feministinnen lebte ihre Weiblichkeit selbstbewusst aus, was sie ermutigte, es ihnen gleichzutun, wie sie in der Masterclass erklärt. Diese Veränderung spiegelte sich in ihrer «Roly Poly»-Kollektion von 2014 wider, die von der Geburt ihres ersten Kindes beeinflusst wurde.
Diese Kollektion, bekannt für ihre ungewöhnlich skulpturalen Formen, wurde zunächst ignoriert. Doch trotz der anfänglich fehlenden Anerkennung vertraute Toogood auf ihren Instinkt und begann, ihre Identität als Frau in der Designwelt zu akzeptieren. Inzwischen habe sie erkannt, wie kraftvoll es sein kann, weibliche Eigenschaften in ihren kreativen Prozess einzubringen.
Die «Roly Poly»-Kollektion wurde letztlich als innovativ und bahnbrechend anerkannt, was die Bedeutung betont, die eigene Perspektive mutig zu vertreten und sich selbst treu zu bleiben.
2. Gegensätze ziehen sich auch im Design an
Faye Toogood ist heute insbesondere für ihre Arbeiten in den Bereichen Möbel und Mode bekannt. Die Installation hebt jedoch auch ihre künstlerische Seite, besonders in Malerei, Zeichnung und Skulptur hervor und zeichnet sich durch eine surrealistische Neuinterpretation ihres Archivs aus: Vergangene Werke werden in traumhafte, ortsspezifische Kunstwerke verwandelt, die Toogoods Unterbewusstsein widerspiegeln.
Der Skulpturenbereich der Installation, in tiefem Schwarz gehalten, verkörperte Toogoods fortwährende Erkundung von Gegensätzen – wie Licht und Dunkelheit, Maskulines und Feminines, Natürliches und Handwerkliches.
Man braucht Dunkelheit, um das Licht zu verstehen.
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
«Schwarz ist wieder angesagt, weil wir an einem Wendepunkt stehen», sagt Toogood. Die Farbe fungiert als Neustart, ähnlich wie bei den Künstlerinnen und Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts, die sie nutzten, um einen Neuanfang zu markieren. Mit «Roly Poly» hat sie ihre Identität als Designerin offener angenommen und fühlt sich freier denn je, all ihren Interessen nachzugehen. Die facettenreiche Arbeit von Toogood und ihrem Studio zeigt eindrucksvoll, dass Design keine Grenzen kennt. Durch die Verschmelzung von Möbeln, Mode und Kunst demonstriert sie die Stärke der Interdisziplinarität.
3. Trotz technologischer Fortschritte braucht es emotionale Verbindungen
In der Maison&Objet-Masterclass spricht Toogood über die spannende Zukunft des Designs, obwohl sie zugibt, dass niemand genau weiss, was uns erwartet. Sie erklärt, dass künstliche Intelligenz (KI) möglicherweise funktionale Objekte wie Stühle entwerfen kann, doch die wahre Herausforderung darin sieht, mit Gefühlen zu gestalten. Ihrer Meinung nach können menschliche Designerinnen und Designer besser als Maschinen emotionale Verbindungen zu Objekten schaffen, da sie ihre eigenen Gefühle und Erfahrungen in ihre Arbeit einfliessen lassen.
Wir brauchen nicht mehr rein funktionale Lösungen – diese können von Computern oder Robotern bereitgestellt werden.
Toogood hebt die Bedeutung von Materialien und Methoden hervor, um tiefere Verbindungen zwischen Menschen und Objekten zu schaffen. Sie bemerkt, dass oft mehr auf das Aussehen geachtet wird, statt darauf, wie sich Dinge anfühlen. Diese Material-Sensibilität unterstreicht ihren multidisziplinären Ansatz und ihr tiefes Verständnis aus der Modebranche, in der das haptische Erleben der Stoffe, die wir auf der Haut tragen, stets im Fokus steht.
Quelle: Pia Seidel
Quelle: Pia Seidel
Mit «WOMANIFESTO!» lädt Faye Toogood uns ein, darüber nachzudenken, welchen Zweck Design wirklich erfüllt und wie es unsere Welt beeinflusst. «Ich hoffe, die Leute verstehen, dass es beim Design nicht nur um Gegenstände geht – sondern darum, welche Welt wir mit ihnen gestalten» Es sei an der Zeit, die richtigen Fragen zu stellen, auch wenn wir noch nicht alle Antworten kennen.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.