Meinung

Abgehoben: Fluggesellschaft führt kinderfreie Zone ein

Wilde und laute Kinder sind auf einem Langstreckenflug nervig. Die erste europäische Airline führt deshalb auf Ferienflügen in die Karibik einen Bereich nur für Erwachsene ein. Ein Segen? Nein, ein falscher Ansatz, finde ich.

Du hast dich gerade auf deinem Sitzplatz eingerichtet, den Flugmodus eingeschaltet und scrollst vorfreudig durch das scheinbar endlose Unterhaltungsangebot. Zehn Stunden Flug liegen vor dir. Zehn Stunden, in denen du deine Ruhe hast und niemand etwas von dir will. Höchstens die Flugbegleiterin, die wissen möchte, ob sie dir dein Mineralwasser mit oder ohne Kohlensäure und das Vegi- oder Fleisch-Menü überreichen darf. Herrlich.

Und dann passiert’s. Zwei Reihen hinter dir vernimmst du das Quengeln eines Kindes. Erst leise, bald geht es in ein lautstarkes Weinen über. Und auch eine halbe Stunde später hat es sich noch nicht ansatzweise beruhigt. Glückwunsch, du bist in der Nähe eines schreienden, kleinen Quälgeistes gelandet. Von nun an ist es vorbei mit der Ruhe. Aber wir wünschen einen recht angenehmen Flug.

Fühlst du mit? Ich auch. Und trotzdem käme es mir niemals in den Sinn, mir einen Sitzplatz im kinderfreien Bereich zu buchen. Genau das kannst du nämlich ab November bei einer türkisch-niederländischen Fluggesellschaft.

Bis 100 Euro Aufpreis für ein bisschen mehr Ruhe

Bei Corendon gibt es ab November versuchsweise eine kinderfreie Zone, wie die Airline vergangene Woche in einer Medienmitteilung bekannt gegeben hat. Und seither international für Schlagzeilen sorgt. Auf dem Flug von Amsterdam nach Curaçao in der Karibik können Reisende ab 16 Jahren einen Platz im Adults-only-Bereich buchen – gegen eine Extragebühr versteht sich: 45 Euro für einen normalen Sitzplatz, 100 Euro für einen XL-Sitz. Der vordere Bereich des Airbus A350 wird dafür freigemacht. Und das nicht zu knapp: Fast ein Viertel der Plätze – 102 der insgesamt 432 – wird mittels Wänden und Vorhängen abgeschirmt.

Neu ist diese Idee indes nicht. Die Malaysia Airlines hatte bereits vor zehn Jahren ein kinderfreie Zone im Oberdeck des Airbus A380, wie das Luftfahrt-Portal Aerotelegraph.com schreibt. Kurz später zog die Air Asia X nach. Beide Fluggesellschaften haben ihr Adults-only-Konzept jedoch längst wieder abgeschafft, es hatte sich nicht durchgesetzt. Und das wird es sich wohl auch bei der ersten europäischen Airline nicht. Prophezeie und hoffe ich zumindest.

Kinderfreie Zonen in Flugzeugen:

Was hältst du davon?

  • Gute Idee! Würde ich durchaus buchen.
    49%
  • Nichts. Würde ich nie buchen.
    28%
  • Die Idee ist nett, der Preis wär mir aber zu hoch.
    24%

Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.

Flugreise ist kein Wellnessaufenthalt

Erstens, weil es kaum möglich ist, in einem Flugzeug den Kinderlärm komplett abzuschirmen. Schliesslich ist der Adults-only-Bereich nicht von (kinder-)schalldichten Mauern umzäunt. Wenn ich aber schon einen saftigen Aufpreis zahle, will ich kein Halbruheabteil dafür bekommen. Auch US-Reiseblogger Brett Snyder, der grundsätzlich an das Modell glaubt, hat da seine Zweifel: «Es ist wie früher, als man in der letzten Reihe des Nichtraucherabteils sass, aber den Rauch immer noch schmecken konnte», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur AP.

Apropos Schmecken: Zweitens, was ist denn mit übel müffelnden Fluggästen, bei denen es das Deo oder die Zahnbürste nicht ins Handgepäck geschafft hat? Was ist mit johlenden jungen Zeitgenossen, die direkt nach durchzechter Partynacht in den Flieger steigen? Oder den Sitztretern: jener Spezies, die vom Sitz hinter mir mindestens siebenhundert Mal schwungvoll gegen meine Rückenlehne stösst? Auch mit diesen – erwachsenen – Mitreisenden muss ich klarkommen. Und dafür verlange ich keine Extrazone, ich buche schliesslich einen Flug und keinen Wellnessaufenthalt.

Miteinander im Flieger und im Boot

Ich vergleiche Äpfel mit Birnen? Mag sein. Aber glaub mir: Mir geht Kindergeschrei ebenfalls gehörig auf den Geist. Auch oder gerade das meiner eigenen. Noch mehr nerve ich mich aber über jene Menschen, die mir als Mutter unmissverständlich zu verstehen geben, dass mein Kind sie stört. Statt mich bitterbösen Blicken abzustrafen, während ich gestresst versuche, meine Brut mit flugzeugtauglichen Spielen oder Büchern zu beruhigen, wäre etwas Mitgefühl förderlicher.

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Von genau diesen bösen Blicken würde ich dank der Adults-only-Zone verschont bleiben, argumentiert Corendon: Man glaube, dass sich die neue Zone auch positiv auf Eltern auswirke, heisst es in der Medienmitteilung. «Sie müssen sich weniger Gedanken über mögliche Reaktionen der Mitreisenden machen, wenn ihr Kind etwas beschäftigter ist oder weint.» Klingt nach Win-Win. Ich finde aber: ein falscher Ansatz.

Hey, es sind Kinder. Ob sie schreien oder nicht. Und ob du willst oder nicht, auch sie gehören in den Flieger. Genauso wie in den Zug oder ins Restaurant und genauso wie müffelnde Erwachsene oder bellende Hunde. Am Ende sitzen wir alle im selben Boot.

Deinen Sitzplatznachbar und -nachbarin kannst du dir nicht aussuchen. Das war schon in der Schule so. Und das ist gut so. Immerhin kannst du dir heute einen Noise-Cancelling-Kopfhörer aufsetzen. Für den zahlst du zwar auch um die 100 Euro oder mehr, aber nur einmal. Womit du dir den Platz in der kinderfreien Zone dann sowieso sparen kannst.

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Titelfoto: Shutterstock/Mariaprovector

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Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.

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