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Als Flirt-Kamera geeignet: Smarter Türspion im Test
Fabienne wohnt auf einer Baustelle. Genauer: in einem beinahe fertigen Haus. Tag für Tag gehen Maler, Gipser und Konsorten ein und aus. Die hoch frequentierte Haustüre ist daher wie geschaffen für den Produktetest des smarten Türspions Ring Door View Cam.
Seit einigen Wochen verlässt Mitarbeiterin Fabienne ihr Haus morgens winkend und mit einem verschmitzten Lächeln. Nicht wegen der Vorfreude auf die Arbeit, sondern weil sie an ihren Schatz denken muss. Der zückt im selben Moment sein Handy und sieht live, wie Fabienne ihm zuzwinkert. Zu ihrer Freude bleibt der kleine Flirt nicht einseitig. Stunden später vibriert Fabiennes Handy – ihr Liebster antwortet beim Betreten des gemeinsamen Eigenheims mit Küsschen. Ganz unerwartet finden die beiden einen zusätzlichen Verwendungszweck, an welchen der Hersteller bei der Entwicklung des smarten Türspions wohl kaum gedacht hat.
Sicherheitsversprechen und reale Funktionen
Gemäss Hersteller bringt die Kamera-Türklingel nebst Video mit Gegensprechfunktion und den weiter unten beschriebenen Funktionen auch Schutz vor Einbrechern. Nur komisch, dass die «Ring Door View Cam» weder Pfefferspray, noch eine Selbstschussanlage mit an Bord hat. Vermutlich meint der Hersteller, dass der Anblick der angebrachten Kamera abschreckend wirken soll. Gut möglich, dass daran was ist. An dieser Stelle wäre es toll, in die Psyche eines Einbrechers zu blicken. Es könnte auch sein, dass der Anblick von Kameras im Kopf der Unholde genau das Gegenteil auslöst. Ganz im Sinne von: Wenn jemand eine Kamera benötigt, muss da auch was zu holen sein.
Was die Ring Door View Cam abseits von spekulativen Sicherheitsversprechen bringt, ist ein digitaler und analoger Ersatz für den nur analogen Türspion deiner Wohnungs- oder Haustüre. Das smarte Produkt kommt mit einer 1080p-Kamera, Mikrofon sowie 2.4-GHz-WiFi-Anbindung.
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Folgende Funktionen werden geboten:
- Live-Video
- Gegensprechfunktion
- Push-Benachrichtigungen
- Nachtsichtmodus
- Bewegungsmelder
- Klopferkennung
- Kompatibel zu Amazon Alexa
- Integrierter normaler Türspion für klassisches Spannen
Falls du deine Videos in der Cloud des Herstellers speichern möchtest, bekommst du eine 30-tägige Testversion des sogenannten Ring-Protect-Abonnements. Danach kostet das Abonnement für ein Gerät drei Euro im Monat oder 30 Euro pro Jahr – einen Überblick dazu findest du hier. Doof ist, dass du ohne Abonnement zwar in einer Timeline verpasste Ereignisse sehen, sie dann aber nicht als Video abrufen kannst. Ohne Abonnement gibt es also nur Live-Videos. Eine Option, die Aufnahmen auf einem eigenen Server (NAS) abzuspeichern, sucht man bei der Ring Door View Cam leider vergebens. Überrascht mich nicht, denn das ist bei vielen Herstellern von Smart-Home-Produkten so.
Achtung: Solltest du dich für dieses Produkt entscheiden, musst du deine Wohnungs- respektive Haustüre vermessen. Denn die Montage funktioniert nur bis zu einer Türdicke von 55 mm.
Installation und Einrichtung
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Die Ring Door View Cam wird in erster Linie für den Einsatz bei Wohnungstüren beworben. Vermutlich, weil die meisten Haustüren dicker sind, als die vorgegebenen 55 mm. Vielleicht ist sich der Hersteller auch bewusst, dass gewisse Funktionen rechtliche Probleme machen können – wobei auch viele Wohnungstüren nicht vor rechtlichen und technischen Tücken gefeit sind (später im Text mehr dazu). Das alles hält Fabienne nicht davon ab, die Kamera an der Haustüre des frisch bezogenen Eigenheims einzusetzen. Das Haus ist perfekt, denn es gibt einige Räume, bei denen der Innenausbau noch nicht abgeschlossen ist. Somit klingeln wöchentlich verschiedenste Handwerker – willkommene Versuchskaninchen.
Vor der Installation sucht Fabienne nach einer Anleitung. Allerdings gibt es die nicht in gedruckter Form. Der Hersteller hat einen sehr kleinen Hinweis auf der Verpackung aufgedruckt, dass dazu die App benötigt wird. In der Ring-App wird alles Schritt für Schritt mit Videos erläutert. Fabienne erstellt sich erst einen Account und macht sich ans Handwerk:
- Als erstes muss Fabienne den alten Türspion entfernen. Dazu wird ein Werkzeug mitgeliefert, mit dem das ganz einfach und schnell geht. Ohne Gewaltanwendung oder Zerkratzen der Türe.
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- Nun wird die Ring Door View Cam von aussen reingesteckt.
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- Dann kann der Teil der Innenseite aufgesteckt und angeschraubt werden.
- Zuletzt wird eine Abdeckung über den analogen Türspion gesteckt und der Akku reingeschoben.
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Nach der Installation wird die Kamera problemlos erkannt. Die App spielt noch ein Update ein, dann ist der smarte Kamera-Spion einsatzbereit. Fabienne ist soweit zufrieden. Optional bietet die App nach der Installation auch einen Test der WiFi-Verbindung an. Ausserdem fragt die App zur Optimierung nach der Frequentierung des Flurs und ob du den Bewegungsmelder aktivieren möchtest.
Der mitgelieferte Akku hat übrigens bereits Saft, bei Fabiennes Ring Door View Cam ist dieser zu 70 Prozent geladen. Zum Aufladen wird ein Kabel mitgeliefert. Allerdings sollte man sich bewusst sein, dass der Türspion-Ersatz während dem Laden nicht funktioniert. Daher könnte es Sinn machen, sich einen Zweitakku zu besorgen.
Der smarte Türspion im Einsatz
Die Türspion-Kamera kann individuell konfiguriert werden. So kannst du einstellen, dass dich die Kamera bei erkannten Bewegungen per Push-Meldung informiert. Schaltest du diese Option aus, bleiben noch immer zwei Optionen. Die Ring Door View Cam kann falls erwünscht auch erkennen, wenn jemand an die Türe klopft. Die Empfindlichkeit, wann die Cam reagiert, kannst du einstellen. Und dann verfügt sie auch über eine Klingel. Drückt jemand darauf, klingelt es direkt auf deinem Handy und am Türspion selbst. Bist du zuhause und hast dein Handy nicht zur Hand, ist das Klingelgeräusch allerdings sehr leise. Daher empfiehlt es sich, zusätzlich einen sogenannten «Chime» zu installieren.
Den Ring Chime steckst du in eine Steckdose deiner Wahl. Danach verbindest du ihn in der App mit deinem Türspion und schon hast du eine hörbare Klingel mehr im Haus.
Einstellungsmöglichkeiten
Gut ist, dass die Türspion-Kamera sowohl mit Android wie auch iOS funktioniert. Auch ist es problemlos möglich, auf einen Ring-Account mit verschiedenen Geräten zuzugreifen.
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Die Einstellungen sind übersichtlich gegliedert, die wichtigsten Funktionen befinden sich direkt auf dem Startbildschirm der App. So kannst du Klingel- und Bewegungs-Benachrichtigungen ein- und ausschalten, auf das Live-Video zugreifen und findest deinen Ereignisverlauf. Der zeigt dir, wann Bewegungen, ein Klingeln oder Klopfen registriert wurden. Falls du bei Ring ein Abonnement hast, kannst du das Video zum Ereignis ansehen oder herunterladen.
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Damit du nicht mitten in der Nacht durch Bewegungen vor deiner Türe informiert wirst, empfiehlt es sich, einen Zeitplan einzurichten. Falls du einen Baum hast, dessen Ast sich durch den Wind immer wieder vor der Kamera in Szene setzt, kannst du ausserdem die Bewegungsempfindlichkeit anpassen. Weiter wichtig: Sollte deine Kamera Richtung öffentlichem Grund installiert sein, beispielsweise auf eine Strasse, kannst du durch Setzen von schwarzen Rechtecken Bereiche im Sichtfeld definieren, die ausgeblendet werden sollen.
Die Kamera verfügt auch über Infrarot. Diese Option solltest du wegen Reflektionen nur aktivieren, wenn nachts keine andere Lichtquelle vorhanden ist. Weiter ist die Kamera auch HDR-fähig. Allerdings frisst sie mit aktiviertem HDR mehr Akku.
Tücken des Bewegungsmelders
Die Türspion-Kamera von Fabienne ist gegen die Strasse gerichtet. Das ist gleich doppelt schlecht, denn Videoüberwachung von öffentlichem Grund ist nicht zulässig. Ausserdem lösen Passanten und Autos bei eingeschalteter Bewegungs-Benachrichtigung die ganze Zeit Push-Nachrichten aus. Daher schränkt Fabienne den zu überwachenden Bereich ein und setzt, wie oben beschrieben, ein schwarzes Rechteck.
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Korrekterweise legt sie den «Einschränkungsbalken» auch gleich übers Haus gegenüber. Somit ist sichergestellt, dass keine Nachbarn unfreiwillig auf dem Video erscheinen.
Beim nächsten klingelnden Handwerker offenbart sich allerdings, dass die Einschränkung grosse Nachteile mit sich bringt. Denn der Balken verschwindet nicht, wenn sich jemand der Türe nähert. Fabienne hat aufgrund des Videobildes keine Chance, überhaupt zu erkennen, wer dasteht. Daher setzt sie die Einschränkung neu nur auf die Strasse.
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Schon besser, so kann immerhin erkannt werden, dass es sich um Handwerker handelt. Doch was den täglichen Flirt zwischen Fabienne und ihrem Schatz angeht, muss per sofort entweder auf Zehenspitzen oder in der Hocke in die Kamera gelächelt werden.
Diese Funktion wirft einige Fragen auf und zeigt, dass der smarte Türspion je nach Ausblick nur bedingt geeigneten Einsatz bringt. Ganz düster dürfte es ausschauen, wenn sich direkt gegenüber der eigenen Wohnungstüre eine zweite befindet. Denn dann müsste aus rechtlichen Gründen das gesamte Bild ausgeblendet werden.
Live-Video und Gegensprechfunktion
Die Video-Qualität der Kamera ist mit 1080p-Auflösung gut. Willst du ein noch besseres Bild, kannst du HDR aktivieren. Fabienne ist sehr glücklich, stets eine Gegensprechanlage zu haben. Die funktioniert auch gut. Zumindest solange du dich an einem ruhigen Ort befindest. Denn was die Mikrofonqualität angeht, sind die Personen vor der Türe oft nur leise zu hören respektive schwierig zu verstehen.
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Fabienne wird jedoch von den Besuchern stets gut verstanden. Ausserdem wird die unkomplizierte Erreichbarkeit sehr geschätzt. Egal, ob von Handwerkern, die eine Anweisung benötigen oder vom UPS-Postboten, der das Paket nun offiziell an der Türe abstellen darf.
Nachtsichtmodus
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Eine erstaunlich gute Qualität bietet der Nachtsichtmodus. Dank Infrarot können auch im Dunkeln problemlos Gesichter erkannt werden. Wenn sie sich nicht hinter dem schwarzen Balken befinden. Solltest du die Kamera auch als Schutz gegen Einbrecher einsetzen wollen, bekommst du mit der Kamera zumindest gute Aufnahmen der vermummten Gestalten. Wenn das nicht beruhigend ist.
Fazit: Tolle Gegensprechanlage mit Tücken
Wenn du wie Fabienne in ein neues Haus ziehst, ist die Ring Door View Cam jeden Rappen wert. Auch wenn die Gegensprechfunktion aufgrund des etwas leisen Mikros nicht immer perfekt funktioniert, hat sie Fabienne und ihrem Schatz viel Arbeit abgenommen. So ist es nicht mehr zwingend notwendig, dass stets jemand auf dem Bau anwesend ist. Hat ein Handwerker eine Frage, kann er einfach auf einen kurzen Schwatz vor die Tür.
Was der Hersteller verbessern muss, ist die Einschränkung des Bewegungsmelders. Es kann nicht sein, dass aufgrund gesetzter schwarzer Balken die Gesichter vor der Kamera verdeckt werden. Wünschenswert wäre eine KI, die automatisch erkennt, wenn sich jemand der Türe nähert und dann den Bereich der Person wieder freigibt. Auch schade ist, dass man für die Speicherung der Videos ein Abonnement benötigt. Respektive dass man keine Möglichkeit bekommt, die Videos in einer eigenen Cloud – sei es lokal oder online – zu speichern.
Kannst du über die Nachteile hinwegsehen, bekommst du mit der Ring Door View Cam ein tolles Stück Technik sowie die Möglichkeit, deinem Liebsten auf bisher ungeahntem neuen Weg deine Liebe kundzutun.
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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.