AOC Agon AG352UCG6: Die eierlegende Wollmilchsau
120 Hz, Ultra Wide, 35 Zoll, QHD, MVA-Display und G-Sync obendrauf. Die Spec-Liste liest sich wie ein Sechsgangmenü im Drei-Michelin-Sternen-Restaurant. Ob AOCs neuer Gamer-Monitor auch hält, was er verspricht, zeigt der Test.
Beim Monitorkauf musstest du bis anhin meist irgendwo einen Kompromiss eingehen. Du willst 4K? Dann vergiss hohe Bildwiederholfrequenz. Du willst hohe Bildwiederholfrequenz? Sorry, kein G-Sync für dich. In den letzten Jahren hat sich das langsam geändert. Die Preise purzeln und Monitore werden zu Multitalenten. So auch der neue Ultra Wide von AOC der Agon AG352UCG6. Ein Blick auf die Spezifikationen lässt Gamer-Herzen höher schlagen. Als Besitzer eines Ultra-Wide-Monitors war ich auf den Test besonders gespannt.
Äusserlichkeiten und Funktionen
Zusammengebaut ist das Teil relativ schnell und das ist auch problemlos alleine zu bewerkstelligen. Höchstens beim Rausnehmen aus der gigantischen Schachtel sind vier Hände hilfreich. 35 Zoll sind schon eher unhandlich. Der Fuss wird mit dem Display verschraubt, ein Kreuzschlitz-Schraubenzieher ist nicht dabei. Am Sockel befindet sich ein Griff, mit dem du den knapp 12 kg schweren Monitor transportieren kannst.
Das Design des Agon ist schnörkellos. Viel zu bestaunen gibt es nicht. Der Rand ist weder besonders schmal noch besitzt er unnötige Fettpölsterchen. Für die unter euch, die sich bei meinem letzten Testgerät an den vielen Lichtlein gestört haben, denen muss ich leider mitteilen, dass auch der Agon nicht vom LED-Trend gefeit ist. Immerhin nicht im gleichen Ausmass. Am unteren Displayrand sowie auf der Rückseite findest du ein paar LED-Streifen, die wahlweise in rot, blau oder grün leuchten. Die Funktion ist standardmässig deaktiviert und lässt sich über das OSD-Menü steuern.
Der Monitor hat eine Leistungsaufnahme von 70 W und besitzt, wie es für solche Monster üblich ist, ein eigenes Netzteil.
Der Agon lässt sich in alle Richtungen verstellen, nur drehen wie eine Uhr lässt er sich nicht. Die Ausrichtung im Hochformat macht bei einem Ultra-Wide-Monitor, der auch noch gekrümmt ist, wenig Sinn.
Das OSD-Menü sieht zwar übersichtlich aus, könnte aber nicht dämlicher zu bedienen sein. Du steuerst es mit einem kleinen quadratischen Joystick unterhalb des Monitors. Aus irgendeinem Grund fanden es die Entwickler nötig, links und rechts zu vertauschen. Viel Spass beim angewöhnen, dass du, um vom rechten Hauptmenü ins links daneben liegende Untermenü zu kommen, den Joystick nach rechts bewegen musst. Drückst du den Joystick im Hauptmenü stattdessen nach links, schliesst sich das OSD-Menü. Komm auch ja nicht auf die Idee, den Joystick nach oben zu drücken, um eine Eingabe zu bestätigen, damit schaltest du nämlich nur den Monitor ab. Jede Menüauswahl oder Einstellung wird so zum Eiertanz.
Die integrierten Lautsprecher sind gut genug, um mal ein Youtube-Video zu schauen, aber zocken oder einen Film schauen, willst du damit nicht.
Der Monitor besitzt die folgenden Anschlüsse:
- 1x USB 3.0 Upstream-Port
- 2x USB 3.0 Downstream-Port
- 1x HDMI 1.4
- 1x DisplayPort 1.2
- 1x Klinke 3.5mm
Bildqualität
Der Agon AG352UCG6 setzt anders als die meisten Gamer-Monitore auf ein MVA-Panel (Multi-domain Vertical Alignment). Sie werden primär im professionellen Bereich eingesetzt. Für Gamer kamen sie bisher wegen ihrer beschränkten Reaktionsgeschwindigkeit nicht in Frage. MVA-Panels überzeugen durch hohen Kontrast (1000:1 bis 5000:1), einen breiten Betrachtungsbereich, hohe Farbtreue und Farbstabilität.
Zwar muss der AG352UCG6 ein paar Abstriche machen, um die für Gamer notwendigen Reaktionsgeschwindigkeiten zu erreichen, aber das Display kann auch so noch überzeugen. AOC gibt einen Wert von 4 ms an, beim Test mit diversen schnellen Spielen wie «Counter-Strike: GO» konnte ich, wenn ich es wirklich darauf anlegte, einen leichten Ghosting-Effekt produzieren. Beim normalen Gebrauch wäre es mir aber niemals aufgefallen.
Das MVA-Display produziert sehr gute Schwarzwerte, der Kontrast ist kräftig und die Farben sind sehr lebendig. Gerade in effektreichen Games wie in dem Pixelshooter «Nex Machina», zeigt das Panel seine volle Stärke. Tuning der Bildeinstellungen empfand ich nicht als nötig.
Sichtwinkel sind mit 178° angegeben. Du musst dich aber nicht weit vom Zentrum wegbewegen, um Veränderungen in der Farbe wahrzunehmen. Störend ist das beim normalen Gebrauch nicht, wenn du alleine vor dem Monitor sitzt.
Beim Eizo-Displaytest konnte ich kein Pixelfehler feststellen, die Bildausleuchtung war sehr homogen, die Farbabstände waren sehr gut und auch die Verläufe waren sehr gleichmässig.
Um die versprochenen 120 Hz zu erhalten, musst du dich erst durch das OSD-Menü quälen und dort unter Extras/Overclock den Monitor auf 120 Hz übertakten. Ein kurzer Reboot des Monitors und schon kannst du in der Windows-Systemsteuerung die erhöhte Herzzahl auswählen. Für 120 Hz musst du zwingend den Displayport verwenden, da HDMI 1.4 Bildwiederholfrequenzen von maximal 50 Hz unterstützt.
Wenn du deine Augen schonen möchtest, kannst du den Low-Blue-Modus einstellen. In unterschiedlicher Stärke kannst du so den Blaustich reduzieren, was viele Menschen als angenehm empfinden, wenn sie lange vor dem Monitor sitzen. Anfangs wird dir der Farbunterschied störend vorkommen, aber man gewöhnt sich sehr schnell daran.
Ein weiteres Feature mit dem AOC wirbt, ist Shadow Control. Funktioniert vermutlich nach dem gleichen Prinzip wie Gain in Videos oder bei Fotos. Anders als wenn du einfach die Helligkeit im Spiel aufdrehst, werden mit Shadow Control in erster Linie dunkle Stellen aufgehellt. Ich habs in «Vampyr» ausprobiert, das ausschliesslich in der Nacht spielt sowie in «Star Wars Battlefront 2». Gedacht ist es eher für Multiplayer-Titel, damit sich dort Gegner weniger gut in schlecht beleuchteten Ecken verstecken können. Das Feature funktioniert im grossen und ganzen wie angepriesen, kann aber je nach Stufe, die du wählst, das Bild verwaschen wirken lassen. Ich bin in solchen Sachen eher der Purist und verzichte auf solche Spielereien.
Zuhause steht bei mir ein Ultrawide von Acer mit 34 Zoll und 100 Hz. Der AOC Modell ist sozusagen der grössere Bruder davon. Das eine Zoll macht sich für mich nicht bemerkbar, genauso wenig wie die 20 zusätzlichen Herz. Wer nicht von so einem Gerät kommt, der darf sich aber auf etwas freuen. Ich habe mich bereits darüber ausgelassen, wie geil Ultra-Wide-Monitore sind. Über die Krümmung kann man sich streiten, aber das Spielerlebnis überzeugt alle mal. Zusammen mit QHD-Auflösung, 120 Hz und G-Sync, das Screen-Tearing verhindert, machen Games noch mal eine Stufe mehr Spass.
Fazit: Hält, was er verspricht
AOC hat mit dem Agon AG352UCG6 einen praktisch makellosen Monitor produziert. Besonders positiv fällt das MVA-Display auf. Es überzeugt durch seine Farbtreue und sehr tiefen Schwarzwerte. Dass die Reaktionsgeschwindigkeit etwas darunter leidet, wird der Durchschnittsgamer nicht bemerken. Da muss man schon verdammt genau hinsehen, um sich ab dem minimalen Ghosting zu stören. Auf der Zunge zergehen lassen, werden sich Gamer die vielen Funktionen (UWQHD, 120 Hz, G-Sync). Wirklich störend war nur das bescheuerte OSD-Menü, aber damit hantierst du zum Glück nur selten. Wenn die Entwicklung weiter so vorangeht, muss ich nicht mehr lange auf meinen nächsten Monitor mit 5K, Ultra Wide und 165 Hz warten. Am besten, ich ruf schon mal bei der Bank für eine Hypothek an, um mir das nötige Tripple-SLI-Setup mit drei 1080Ti leisten zu können 😉.
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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.