Microsoft Surface Pro X
4G, 13", 256 GB, Matte Black
Beim Surface Pro X hat Microsoft vieles richtig gemacht. Nicht nur gefällt das fast randlose Display, auch der neue induktiv ladbare Slim Pen und die «Stiftgarage» begeistern. Die Schattenseite ist der ARM-Prozessor, der die Funktionalität stark einschränkt.
Würde Microsoft bei diesem Gerät das «Pro» aus dem Namen streichen und es etwas günstiger verkaufen, dann wäre ich hellauf begeistert. Denn es ist an sich nicht schlecht und sieht vor allem verdammt gut aus. Doch leider wird bereits beim Betrachten der Spezifikationen klar, dass der verbaute Prozessor es verunmöglicht, dieses Gerät für den professionellen Einsatz abseits von Office einzusetzen. Da Microsoft einen Prozessor mit ARM-Architektur verbaut hat, müssen klassische Windows-Anwendungen emuliert werden. Ausgeschlossen von der Emulation sind allerdings sämtliche 64bit-Anwendungen und solche, die einen zusätzlichen Treiber benötigen.
Genauer funktioniert durch den Einsatz des ARM-Prozessors beispielsweise kein einziges Programm der Adobe Creative Cloud. Sämtliche Programme, welche eine OpenGL-Version über 1.1 benötigen (also praktisch alle), werden auch nicht unterstützt. Benchmarks mit diesem Gerät ausführen, ist ebenfalls die Hölle – nur Geekbench lässt mich zumindest die CPU testen. Willst du dir Virtual CloneDrive installieren, funktioniert es wegen der fehlenden Treiberunterstützung nicht. Ganz allgemein: Es ist eine verdammte Lotterie, ob eine Software zum aktuellen Zeitpunkt auf diesem Gerät funktioniert oder nicht. Und wenn sie dann doch läuft, ist die Performance durch die Emulation beeinträchtigt.
Die technischen Daten des Testgeräts:
Das Surface Pro X sieht für mich wie die Vollendung des [Surface Pro 7]/de/page/microsoft-surface-pro-7-im-test-endlich-usb-c-und-ice-lake-u-prozessoren-14440) aus. So bekommst du trotz ungefähr gleicher Fläche von 287 x 208 mm ein um 0.7 Zoll grösseres Display, das einiges näher an den Rand des Tablets gezogen wurde. Außerdem ist es mit seinen 7.3 mm Dicke ganze 1.2 mm dünner. Das Pro X wiegt ohne Keyboard 774 g.
Beim Gehäuse setzt Microsoft auf eloxiertes mattschwarzes Aluminium, das sich sehr gut anfühlt. Da das Design lüfterlos ist, fehlt die für Surface Pro und Go typische Kühlrille ums Gerät. Die Hitze soll bei diesem Tablet durch einen Kohlefaserverbundwerkstoff abtransportiert werden. Identisch zu Pro 7 und Go ist dafür der Standfuß, welcher sich vor allem beim Schreiben oder Zeichnen mit Stift bewährt, denn damit lässt sich das Display in beliebigem Winkel aufstellen. Etwas nervig am Standfuß ist, dass das Tablet bei Bedienung auf dem Schoss nicht immer stabil steht.
Unter dem Standfuß fehlt beim Pro X der von Pro 7 gewohnte microSD-Slot. Dafür hast du die Möglichkeit, unter dem Standfuß eine Nano-SIM-Karte einzulegen oder die SSD eigenhändig auszuwechseln. Weiter finden sich an der linken Seite des Geräts zwei Mal USB 3.1 Typ-C sowie die Lautstärkewippe. An der rechten Seite sind Powerknopf und Surface Connect Anschluss angebracht. Ein klassischer 3.5-mm-Klinkenanschluss fehlt leider.
Das 13-Zoll-Hochglanz-Display mit IPS-Panel hat eine Auflösung von 2880 x 1920 Pixel und kommt im für Microsoft typischen 3:2-Format daher. Dank der hohen Auflösung macht insbesondere das Arbeiten mit Stift viel Spaß – auch wenn du mit dem Kopf nah ran gehst, sind keine Pixel zu erkennen.
Um herauszufinden, wie gut das Display ausgeleuchtet ist, vermesse ich es mit dem x-rite i1Display Pro:
Offiziell soll das Display eine Leuchtkraft von 450 cd/m² aufweisen. Ich messe durchschnittlich 490.66 cd/m², was für ein Tablet oder Notebook ein sehr guter Wert ist. Außerdem ist es regelmäßig ausgeleuchtet, die 25 cd/m² Unterschied zwischen hellster und dunkelster Stelle sind von bloßem Auge nicht zu sehen.
Was die Farbraumabdeckung betrifft, schafft das Display bei sRGB ein Spektrum von 94 Prozent darzustellen. Bei Adobe RGB sind es 64.8 und bei DCI P3 66.7 Prozent. Messe ich den Schwarz- und Weißwert, berechne ich daraus einen knackigen, statischen Kontrast von 1348:1. Der dynamische Kontrast beträgt 5841:1.
Kaufst du dir das Surface Pro X, sind Tastatur und Stift leider nicht inbegriffen. Das Keyboard mit Alcantara-Überzug, dank welchem das Gerät zum Notebook wird, gibt es in zwei Versionen. Einmal mit Stift und einmal ohne. Bestellst du die Version mit Stift, bekommst du gleich auch eine integrierte «Stiftgarage». Darin ist der Pen nicht nur sauber verstaut – dank Induktion lädt er sich auch auf.
Leider verkauft Microsoft die Tastatur mit Stiftgarage nur inklusive Pen. Greifst du zum Keyboard ohne Stift, gibt es auch keine Stiftgarage. Solltest du dir dann in Zukunft einen Stift dazukaufen, kannst du diesen nur extern aufladen. Neu ist der Pen übrigens nicht mehr rund sondern flach, was eine super Anpassung ist. Dadurch liegt er noch besser in der Hand. Das Zeichnen und Schreiben macht damit richtig Laune.
Das 310 Gramm schwere Keyboard kann flach oder leicht angewinkelt verwendet werden. Die Tasten verfügen über eine dreistufige Beleuchtung. Tippst du auf der 29.5 x 21.7 x 0.5 cm großen Tastatur, federn die Tasten vergleichsweise stark und du fühlst einen klaren Auslösepunkt. Ich empfinde das Tippen als angenehm und leise. Am Trackpad mit Multi-Finger-Gesten-Unterstützung gibt es nichts auszusetzen.
Die Stereolautsprecher mit 2 Watt Leistung sind im oberen Teil links und rechts neben dem Display angebracht. Wie beim Surface Pro 7 sind auch diese Lautsprecher mit Dolby Audio Premium zertifiziert, was den Sound allerdings nicht zwingend besser macht. Jedoch wirkt das Klangbild einiges breiter, als der Abstand der Lautsprecher an sich ist. Im Vergleich zum Surface Pro 7, welches gute Kleinstlautsprecher hat, klingt der Bassbereich des Sounds ein wenig schlechter, die Mitten und Höhen gefallen mir aber gut. Alles in allem sind es ordentliche Notebooklautsprecher.
Microsoft spendiert dem Surface Pro X einen Lithium-Ionen-Akku mit 38.2 Wh. Gespannt messe ich, wie lange es bei Youtube in Dauerschleife durchhält, versuche einen Stresstest zu fahren und messe die Laufzeit bei Office-Arbeiten.
Ich stelle die Helligkeit des Displays auf 150 cd/m² und lasse Musikvideos auf Youtube laufen, bis das Teil nicht mehr kann. Der automatische Shutdown kommt nach 8 Stunden und 31 Minuten. Das ist eine gute Leistung. Doch erstaunt es mich, dass das Pro X nicht noch länger durchhält, denn im Vergleich zu anderen Convertibles mit normalem Prozessor, ist dies keine Glanzleistung.
Um sämtliche Hardware an die Grenzen zu bringen, lasse ich an dieser Stelle normalerweise den Stresstest HeavyLoad sowie FurMark mit höchster Bildschirmhelligkeit gleichzeitig laufen. Doch leider wollen beide Programme nicht, wie ich will.
Tja, dieses Gerät lässt sich nicht stressen. Dafür stresst es mich allmählich, denn so läuft es mit vielen Programmen auf diesem Gerät. Dem musst du dir zwingend vor der Anschaffung bewusst sein.
Benutze ich das Convertible als mobiles Büro und unterlasse es, im Hintergrund Youtube laufen zu lassen, komme ich je nach Arbeit auf rund zwölf Stunden Laufzeit. Das ist ein guter Wert für ein Office-Gerät. Ob es gut für ein ARM-Windows-Gerät ist, kann ich aufgrund fehlender Vergleichsbasis nicht sagen.
Beim Microsoft SQ1 handelt es sich um ein auf der Qualcomm Snapdragon 8cx Compute Platform basierendes SoC. Es wird im 7-nm-Verfahren bei TSMC gefertigt und verfügt über 8 Kerne (und 8 Threads), wovon die Hälfte Stromsparkerne sind. Vier Kerne basieren dabei auf dem ARM Cortex-A76 und können bis 3 GHz takten, die Stromsparkerne basieren auf dem ARM Cortex-A55 und sind vermutlich mit bis zu 1.8 GHz getaktet.
Qualcomm behauptet, dass die Leistung der Prozessorkerne bei für ARM64 kompilierter Software an einen Intel Core i5 der achten Generation rankommt. Das bezweifeln ich stark – schon nur, da es keine Möglichkeit gibt, diese Behauptung zu überprüfen respektive eine ARM64-Applikation auf einem Prozessor ohne ARM-Architektur und ohne Emulation zu testen. Abgesehen davon bringt mir eine theoretische Leistung nichts, wenn es an guter Software mangelt, die diese auch abrufen kann. Dennoch werde ich die Leistung weiter unten mit nicht ARM64-kompiliertem Benchmark überprüfen. 64-Bit-Apps, die für AMD respektive Intel kompiliert wurden, laufen, wie bereits erwähnt, gar nicht. 32-Bit-Apps laufen in einer langsamen Emulation.
Weiter sind im SoC auch ein X24 LTE Modem, Navigationssysteme (GPS, Galileo und weitere), Video De- und Encoder für H.265, Bluetooth 5.0, Wi-Fi 5, ein Speichercontroller und ein Grafikchip integriert. Bei letzterem handelt es sich um eine Adreno 685, welche vermutlich auch etwas höher getaktet ist, als das Standardmodell. Microsoft spricht selbst von einer theoretischen Grafikleistung von zwei TeraFLOP.
Um die Performance zu testen, würde ich gerne PCMark 10, Cinebench R20 und Geekbench 5 verwenden.
Doch leider läuft einzig der CPU-Benchmark von Geekbench. Bei den anderen beiden gibt es erneut schöne Fehlermeldungen.
Bei Geekbench 5 handelt es sich um einen plattformübergreifenden Benchmark. Nebst simulierten realen Szenarien, mit welchen die CPU getestet wird (single-core und multi-core), kann Geekbench auch die GPU-Leistung in Bereichen der Bildverarbeitung und dem maschinellen Sehen ermitteln. Allerdings geht das nicht mit einem ARM-Prozessor unter Windows. Falls du Geekbench-Resultate mit anderen Systemen vergleichen möchtest, kannst du das mit dem Geekbench-Browser.
Geekbench-5-Resultate des Surface Pro X:
Suche ich im Geekbench-Browser nach ähnlichen Resultaten, entspricht dieses Resultat tatsächlich, wie von Qualcomm behauptet, einem Intel Core i5. Allerdings nicht einem, der achten Generation, sondern eher einem der vierten (Intel-Haswell-Mikroarchitektur) aus dem Jahr 2013.
Falls du dir das CPU-Benchmark-Resultat im Detail ansehen möchtest:
Microsoft pokert mit dem Surface Pro X zu hoch. Insbesondere, da es in Anbetracht der relativ mickrigen Leistung sowie der schlechten Programm-Kompatibilität überteuert ist. Dennoch begeistert mich das Gerät in den Bereichen, wo man es nutzen kann. Ist dir Stifteingabe wichtig, wirst du beim Schreiben und Zeichnen wohl weit suchen müssen, um was Besseres zu finden. Der neue Slim Pen ist nicht nur genial, weil er in der «Stiftgarage» des Keyboards sicher aufbewahrt und geladen werden kann. Auch überzeugt seine neue dünnere Form sowie die Haptik auf dem brillant hochauflösenden und hellen Display.
Unterm Strich gibt es für das Gerät fürs Aussehen und die Verarbeitung die volle Punktzahl. Softwaretechnisch kann ich es allerdings nicht empfehlen. Da greifst du besser zu einem Surface Pro 7, bei welchem der neue Slim Pen übrigens auch funktioniert, oder einem anderen Convertible.
Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.