
Hintergrund
«Ok Googoo»: Kleine Einführung in die Spracherkennung
von Kevin Hofer
Wie heisst das kommende Flaggschiff? Oppo Find X4 Pro oder Oppo Find X5 Pro? Gut möglich, dass Oppo die Vier wie viele andere chinesische Hersteller überspringt. Weil die Zahl den Tod bringt.
Die ersten Berichte sprechen vom Oppo Find X4 Pro. Dann wechselt der Tenor und aktuell sprechen die Medien – darunter auch digitec – vom Oppo Find X5 Pro. Das für den kommenden März erwartete Smartphone überspringt in der Berichterstattung also eine Nummer. Dass es Medien gibt, die denken, dass auf die 3 die 5 folgt, ist logisch und hat Tradition:
Das ist kein Trend, der da erkennbar ist, das ist Tradition. Denn nicht erst seit Technologie und Smartphones verzichten die Chinesen gerne auf die Zahl Vier.
Die Vier ist in China eine Unglückszahl. Denn sie bringt den Tod. Diese Vorstellung ist tief in der chinesischen Sprache und Kultur verankert. Das geht sogar so weit, dass es in chinesischen Hotels keinen vierten Stock gibt. Wer will schon auf einer Etage schlafen, die den Tod verheisst?
Der Ursprung des Aberglaubens liegt in der Aussprache der Zahl vier.
Der Unterschied liegt im Detail. Wenn du genau hinschaust, dann siehst du den Akzent auf dem I. Diese Umschrift gibt an, wie der Laut ausgesprochen wird. Im Falle von 四 und 死 sieht das so aus:
Das Problem kommt dann ins Spiel, wenn Schriftzeichen und die Punktgenaue Aussprache nichts bringen. In der normalen Alltagssprache verschwimmen die Unterschiede in den Wörtern schnell. Darum kann ein 四 schnell wie ein 死 klingen und schon sprichst du vom Tod. Vom Tod zu sprechen lädt in China den Tod zu dir ein. Das will natürlich niemand. Die Mathematik reiht die Zahl vier aber blöderweise ziemlich früh in der logischen Zahlenfolge ein. Deshalb ist der einzige Weg, nicht vom Tod zu sprechen, die Vier zu überspringen.
So hat sich der Aberglaube von der Sprache in die Köpfe der Chinesinnen und Chinesen gefressen. Aus «Wir sprechen die Zahl nicht aus» wurde «Wir vermeiden die Zahl wo auch immer möglich». Genauso wie wir das im Westen mit der 13 tun.
Es gibt auch Zahlen, die Glück bringen. Daher ist es wenig erstaunlich, dass Qualcomm die Flaggschiff-Systems-on-a-Chip (SoC) der neuesten Generation «Snapdragon 8 Gen 1» genannt hat. Obwohl Qualcomm ein amerikanisches Unternehmen ist, sind die Hauptabnehmer der SoCs aus den USA chinesische Konzerne. Einen Vierer-Snapdragon würden die Chinesen meiden.
Nach demselben Prinzip wie die Vier klingt die Acht in Chinesisch wie etwas richtig Gutes:
Das ā ist ein klingendes, langgezogenes A. Ein Ton, den wir in der deutschen Sprache ausserhalb von Stimmübungen nicht haben.
Im Alltag klingt das bā fast wie ein fā in fācái. Und fācái bedeutet «reich werden». Und wer will schon nicht reich sein? Daher wird die Acht in China gerne für alles Mögliche verwendet. Im Hotel willst du im achten Stock schlafen, bevorzugt in der Suite mit der Nummer 8. Und wenn du am 8.8.1988 geboren bist, dann hast du mächtig Glück im Leben.
Der Name eines Smartphones ist aber kein Kulturgut und nicht zwingend etwas, das der chinesischen Tradition folgen muss. Er ist ein Business-Entscheid, der so gefällt wird, damit sich möglichst viele Menschen ein Gerät kaufen und so die Profite des Unternehmens in die Höhe schnellen lassen. Ein Smartphone wird nicht erst zwei Monate vor dem Launch auf einen Namen getauft. Oppo weiss jetzt schon genau, wie das Phone heissen wird, kommuniziert das einfach noch nicht.
Im Laufe der Namensgebung kam aber einmal der Punkt, an dem Oppo vor einer Entscheidung gestanden ist:
Hinweis auf zwei Namen für dasselbe Phone finden sich in der Vorstellung des Foto-Chips MariSilicon X. Am Ende der Präsentation wird sowohl im chinesischen wie auch im internationalen Livestream nur vom «kommenden Find X» gesprochen, also ohne Zahl.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.