Bevor der Tod uns scheidet: So rette ich meinen Brautstrauss
Den Brautstrauss nach der Hochzeit in den Grünabfall werfen? Das bringe ich nicht übers Herz. Deshalb teste ich zwei Möglichkeiten, um die Blumen haltbar zu machen.
«Die Hochzeit ist der schönste Tag im Leben». Wie ich diesen ausgelutschten Satz immer hasste. Und dann stand ich kürzlich mit meinem frischgebackenen Ehemann am Bodensee-Ufer. Vor uns sassen 30 Gäste mit tränenden Augen, neben uns paddelte eine Entenfamilie vorbei und ich dachte: Mist, der Satz stimmt.
Mittlerweile ist der Hochzeitsrausch (fast) verflogen. Doch jedes Mal, wenn ich am Esstisch vorbeigehe, macht mein Herz einen Sprung. Denn dort stehen die gebündelten Erinnerungen an unseren grossen Tag – als Brautstrauss. Kreiert von meiner lieben Freundin, einer talentierten Floristin, deren Trauzeugin ich sein durfte.
Im Strauss stecken:
- Eukalyptus
- Mohnkapseln
- Lampenputzergräser (Pennisetum)
- Sterndolden
- Prärie-Enziane (Lisianthus)
- Rosen
- Schleierkraut
- Skabiosen
Jeden Tag stecke ich meine Nase hinein und lasse die Hochzeit vor meinem geistigen Auge erneut abspielen. Bis heute. Da trifft mich der Schock: Die Rosen und der Eukalyptus beginnen zu hängen.
Ist der Tag gekommen, an dem ich meinen Brautstrauss zum Grünabfall-Grab tragen muss? Ich will es nicht wahrhaben. Die Blumen müssen doch zu retten sein. Nach einer Recherche die Erleichterung: Brautsträusse können konserviert werden. Man kann sie
- im Trockensalz oder -pulver drehen.
- in Waschpulver, Sand, Silicagel oder Glycerin stellen.
- in Tauchwachs tunken.
Okay. Habe ich alles nicht zu Hause. Geht es nicht einfacher? Ja, das geht! Folgende Konservierungsmöglichkeiten teste ich:
Variante 1: Brautstrauss trocknen
Trockenblumen waren schon immer mein Ding. Ursprünglich wollte ich sie sogar in meinem Brautstrauss. Ob sich dieser Wunsch nun erfüllt? Auch wenn ich lese, dass die Blumen so frisch wie möglich sein sollten, probiere ich’s.
- Ich nehme den Brautstrauss vorsichtig aus dem Wasser und tupfe die Stiele mit einem Tuch ab. Ein paar nicht mehr so frische Zweige entferne ich.
- Da ich nicht möchte, dass der Strauss später fault, will ich ihn gründlich im Backofen trocknen. Achtung: In vielen Brautsträussen stecken leicht entflammbare Materialien. Ich durchsuche den Strauss. Nichts. Also lege ich die Blumen einzeln auf ein Backpapier. Ab in den Ofen! 100 Grad sollen optimal sein, um die Blumen zu trocknen, lese ich auf einer Webseite. Auf einer anderen steht 40 Grad. Ich wähle die goldene Mitte und stelle 70 Grad ein.
- Das Ofenglas beschlägt leicht. Ist das die Feuchtigkeit? Ich öffne den Ofen einen Spalt breit und lasse sie entweichen. Nach 30 Minuten ziehe ich das Blech aus dem Ofen und lasse die leicht zusammengefallenen Blumen abkühlen.
- Damit der Strauss später nicht brüchig wird und die Farben länger erhalten bleiben, sprühe ich die Blumen mit etwas Haarspray ein (Klarlack geht auch). Dann binde ich sie zusammen und lasse ein längeres Schnurende (ca. 50 Zentimeter) stehen.
- Nun geht’s ein paar Etagen tiefer: in den Keller. Dort hänge ich die Blumen kopfüber an den Lattenverschlag. Alternativ eignen sich auch andere kühle, trockene und dunkle Orte.
Variante 2: Brautstrauss pressen
Ganz traue ich der Variante mit dem Brautstrauss im Keller nicht. Was, wenn die Blumen nicht mehr frisch genug waren? Deshalb teste ich parallel dazu die Press-Variante.
- Bevor ich den Brautstrauss in den Ofen geschoben habe (siehe oben), habe ich ein paar besonders schöne, intakte Blumen und Zweige beiseitegelegt (maximal A4-Grösse).
- Um die Feuchtigkeit entweichen zu lassen, entscheide ich mich fürs Bügeleisen. Dazu lege ich die Blüten aufs Bügelbrett und decke sie mit einem Zeitungspapier zu. Nun lege ich das Bügeleisen auf der tiefsten Stufe für etwa 15 Sekunden darauf.
- Schon nach fünf Sekunden beginnt es zu zischen. Perfekt. Die Flüssigkeit entweicht.
- Nun schnappe ich mir ein dickes, altes Buch. Ich schlage es im hintersten Drittel auf, lege zwei Zeitungspapiere rein (es geht auch Löschpapier) und platziere dazwischen vorsichtig die ersten Pflänzchen. Ein paar Seiten weiter vorne mache ich dasselbe mit einem nächsten Büschel. Und so weiter. Als alle Pflänzchen verstaut sind, klappe ich das Buch zu.
- Als letztes brauche ich eine Beschwerung. Ein Tisch, ein Blumentopf, andere dicke Bücher? Würde alles gehen. Doch mein Blick bleibt am E-Gitarren-Verstärker meines Freundes (äh, Mannes!) hängen. Ich mag mich erinnern, wie sehr wir beim Schleppen dieses Kolosses gelitten haben. Perfekt also!
Jetzt heisst’s: abwarten. In einem Monat kann ich die gepressten Blumen unter dem E-Gitarren-Verstärker hervorholen, in zwei Monaten den Strauss aus dem Keller. Ob es der zweitschönste Tag meines Lebens wird? Oder ob ich einer Schimmelpilzfamilie ein neues Zuhause schenke? Ich halte dich auf dem Laufenden.
Hast du auch schon Blumen getrocknet oder gepresst? Erzähl mir in einem Kommentar von deinen Erfahrungen und Tipps.
Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.