Canon Zoemini S
Canon Zoemini S im Test: Alles Schrott, aber trotzdem verdammt spaßig
Es gibt fotografisch keinen Grund, eine Canon Zoemini S zu kaufen. Aber da ist ein großes «Aber», das die Kamera doch zum guten Begleiter macht. Das Ding macht unheimlich Spaß.
«Das ist definitiv etwas, das existiert», lautet das erste Urteil über die Canon Zoemini S. Ein Ding, das Canon auf den Markt geschmissen hat, weil grade irgendwas auf den Markt geschmissen werden musste. Darum sind die Engineers bei Canon vermutlich hingehockt, haben irgendwie wild Bauteile von der laboreigenen Müllhalde zusammengesetzt, Schrottteile von einem Drucker verbaut und dann das Ganze mit altrosaner Farbe beschmiert. Fertig.
So einfach ist es nicht. Oder nicht ganz. Denn für einmal ist das Marketing des Herstellers zu 100 Prozent akkurat. Darum auch die wirklich reißerische Schlagzeile oben, die dem Canon'schen Marketing Department ganz bestimmt nicht gefällt. Aber eine nette Klickrate sollte das schon geben. Sorry, not sorry.
Die Zoemini mit einer Kamera zu vergleichen, ist dann auch etwas falsch. Das Ding ist mehr ein Spielzeug als eine Kamera. Sie macht Bilder, ja, aber die sind nicht gut. Zum Vergleich: Meine Sony a7sii macht keine Kleber. Beide Kameras taugen nicht als Pflug, was auch den Vergleich mit großen Agrargeräten hinfällig macht. Trotzdem: Interessant genug für ein Review ist die Zoemini allemal, denn auch wenn du als Foto-Profi die Kamera ignorierst, so bist du hoffentlich gut unterhalten mit diesem Artikel.
Qualität wie anno 2003
Irgendwie ist die Idee mit den Klebern halt schon lustig. Denn die Zoemini ist so etwas wie eine Polaroid-Kamera. Du lädst die unbedruckten Aufkleber ins Papierfach, machst ein Foto, wartest gefühlte sechzehn Jahre und dann rattert da ein Aufkleber im Format 76mm x 50mm raus. Und das war's schon.
Ich kenne Kartoffeln, die bessere Bilder schießen. So rein fotografisch liefert die Zoemini in etwa das, was die uralte Olympus C-350 Zoom meiner Mutter aus dem Jahre 2003 liefert. Aber halt nicht als digitale Datei, sondern als Abzug. Farben blass, Linien überraschend klar, aber alles in allem so bitzli gurkig. Der Trash-Look scheint bei der Zoemini Mode zu sein.
Technische Daten zu finden, ist irgendwie nicht so wichtig, auch wenn Canon diese brav auflistet. Da ist eine Linse, 8-Megapixel stark, F-Stop unbekannt, irrelevant. Um die Linse herum ist ein Spiegel. Soll für Selfies gut sein. Rund um den Spiegel ist ein «Ringlicht», das seinen Namen nur so halb verdient. Die LEDs rund um das Objektiv erhellen zwar Gesichter, aber nur auf etwa die halbe Armlänge einer 1,73 Meter großen Vanessa Kim. Weiter entfernt bringt das Ringlicht in unserem unerklärlich dunklen Büro im fünften Stock eines Bürogebäudes mit Glasfassade nichts.
Wie aber eine Zoemini mit 8-Megapixel-Kamera sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit einer sechzehn Jahre alten 3,2-Megapixel-Kamera liefern kann, erklärt Canon nicht.
Der Test mit Street Art und Stock Photos
Irgendwie findet die Kamera ihren Weg ins Gepäck von Videoproduzentin Stephanie Tresch und mir. In einem Zürcher Hinterhof schießen wir Bilder von Street Art. Denn das ist es, was das hippe Zielpublikum der Zoemini macht. Entweder das, oder vor einer Wand in die Luft springen. Weiß jemand eigentlich, was der bekloppte «Ich spring mal in die Luft»-Shot soll?
Da Stephanie Expertin an der Kamera ist und das Einhorn mit Herzli mag, macht sie die Bilder. Ich mach derweil Bilder von ihr, wie sie Bilder macht. Auch hip. Street Photography nennt sich sowas. Oder so. Und irgendwie muss ich diesen Artikel ja illustrieren.
Die Bilder rattern aus der Kamera raus. Lustig. Jetzt haben wir Kleber von Street Art. Da die Farben aber allesamt etwas verwaschen wirken, stellt sich eine Frage: Liegt es an der Linse der Zoemini oder am eingebauten Drucker?
Druck mit der Bilderbüechli-App
Nach der Installation wird es aber etwas komplizierter. Denn die App selbst zeigt dir nicht an, ob da ein Drucker – so identifiziert sich die Zoemini deinem Phone gegenüber – verbunden ist oder nicht. Dafür aber geht alles mit großen Bildern und Symbolen zu. Nur das Handy mit der Zoemini via Bluetooth zu verbinden, reicht aber nicht. Du musst in den Settings der App zuerst den Drucker der App zuordnen. Sonst wird das nichts. Sowohl im Bluetooth-Menü wie auch in der App nennt sich die Zoemini aber nicht «Zoemini» oder etwas in der Richtung, sondern etwas wie «Canon (3E:E3) Instant Camera». Dazu gehst du im Hamburger-Menü oben links auf «Settings» und dann «Add Printer».
Danach kannst du die App in etwa so bedienen, wie du die Instagram-App bedienst. Bild auf den Bildschirm, Text drüber, oder Avocado-Emoji und dann ab zum Drucker. Hier wird es erneut etwas kompliziert. Da die App versucht, ohne Text auszukommen, ist nicht ganz klar, was gerade vor sich geht. Oben rechts siehst du eine Akku-Anzeige. Vielleicht. Wenn du sie siehst, dann ist die Kamera mit der App verbunden. Wenn nicht, dann nicht.
Die Printer Queue, welche traditionell zu den unerträglichsten Aspekten eines Computers gehört, ist in einer App auch nicht besonders viel sympathischer, wenn auch bunter. Du siehst alle deine Bilder in der Warteschleife und die werden dann nach und nach gedruckt. Wenn du eines nicht drucken willst, dann klick einmal auf das Bild, bis das rote Pausenbild oben rechts im Thumbnail erscheint. Das mag jetzt alles recht selbsterklärend klingen, aber du kannst das entweder hier lesen oder mühsam selbst herausfinden und Druckerpapier verschwenden. Und das ist teuer.
Der Druckervergleich mit Bluetooth und ohne
Ob das Problem beim Drucker oder der Linse liegt, ist einfach festzustellen. Theoretisch zumindest. Denn die Zoemini funktioniert auch gleich noch als Bluetooth-Drucker. Sprich, du kannst Bilder von deinem Smartphone an die Zoemini senden und die druckt das dann aus. Das geht natürlich nur über eine App namens Canon Mini Print.
Der Vergleich zwischen den Ausdrucken von folgenden Bildern:
- Foto ab Zoemini: Stephanie Treschs Impression eines leicht unheimlichen Graffiti-Hasen
- Foto ab Huawei P30 Pro: Frau mit Hasenmaske auf dem Rucksack
- Foto ab Sony a7sii: Bild einer Sony a7iii im Studio
- Stock Photo eines nassen Otters
Die Aufnahmetechniken und -technologien unterscheiden sich hier genauso wie die Menge Kram, die eine künstliche Intelligenz mitgerechnet hat. Oder wie viel ein Mensch via Photoshop geändert hat. Aber es geht nicht um die Qualität der Fotographie, sondern um die des Druckers. Spuckt der Minidrucker besser Bilder aus, wenn die Schnappschüsse nicht aus der Kamera der Zoemini stammen?
Nein, spuckt sie nicht. Vor allem mit Grautönen hat der Drucker so seine liebe Mühe. Der Studio Shot der Sony a7sii sieht so aus, wie wenn einem normalen Drucker gleich die Farbe ausgehen würde. Da die Zoemini aber keine Patronen hat, fällt das weg.
Die Zoemini arbeitet mit der Zink-Technologie. Die wird eigentlich ZINK™ geschrieben, aber das machen wir redaktionsprinzipiell nicht. Hier ist das aber dahingehend relevant, da es sich nicht um das Element Zink handelt, sondern um eine Abkürzung für die Wörter «Zero» und «Ink». Dabei ist die Farbe bereits im Papier eingearbeitet, was auch den horrenden Preis der Sticker erklärt. Ganz oben auf dem Papier ist eine Übermantelung, ganz unten eine Grundschicht. Dazwischen sind Farbschichten, die mit einer Art Kristallen versehen sind. Wenn du das Zink-Papier auspackst, dann sind die Kristalle unerhitzt und sehen aus wie weißes Papier. Durch Hitze werden die Farben aktiviert und abgemischt. Das ist eigentlich extrem clever, macht aber halt etwas komische Farben.
Vor allem bei den Grau- und Weißtönen versagt das Zink-Papier. Kein Pulli ist so weiß wie Stephanies, vor allem da das Teil im echten Leben leicht grau meliert ist. Auf der anderen Seite ist der Tisch unter der a7iii nicht so rötlich. Am hinteren Ende des Tisches, auf dem die Kamera liegt, sehe ich etwas Rot, wenn ich genau hinsehe – aber nie in diesem Ausmass. Grün hat Zink aber recht gut im Griff. Das Bild der jungen Frau mit der Hasenmaske am Rucksack sieht so richtig gut aus. Da ich mich aber an den spontanen Shoot in Wien erinnere, weiß ich, dass ich da einen leicht kaputten, kratzigen Look mit überdrehten Farben und Kontrast gesucht habe. So 1990er-Punk-Zine-Ästhetik. Kollege Stock-Otter sieht ganz okay aus, außer dass er statt einzelnen Haaren Dreadlocks zu haben scheint. Die Haare vereinen sich zu Farbfeldern, die eher einem Bild mit hochgedrehtem Kontrast gleichen, als dem Foto des Viechs. Farbkontrolle und Nuancen im Bild sind definitiv nicht die Stärke der Zoemini, selbst wenn diese Zink-Sache technologisch faszinierend ist.
Dem Marketing Canons nach aber geht es bei der Zoemini nicht um gute Bilder, sondern um Spaß. Was anderes geht bei dieser Kamera- und Druckqualität auch nicht. Die Zoemini soll etwas sein, das an einer Party rumliegt und du dann Schnappschüsse damit machst. Die werden dann ausgedruckt und dann laufen die Partygäste ins selbe Problem, wie ich und Stephanie: Was mit den Aufklebern tun?
Abschließend ein paar Worte: Technologisch ist die Zoemini nichts. Die Zink-Technologie ist zwar interessant, aber entweder nicht der Weisheit letzter Schluss oder noch nicht genug entwickelt, um wirklich etwas Gutes zu liefern. Aber Spaß macht das Teil, das gebe ich zu. Irgendwann war mir dann die Bildqualität egal und ich habe einfach Schnappschüsse gemacht. Die Ausdrucke habe ich dann in der Regel verschenkt und die Fotografierten hatten entweder Freude dran oder sicher einen guten Lacher. Zudem konnte ich einen Artikel schreiben, in dem ich Vergleiche mit einer sechzehn Jahre alten Kamera machen konnte, offen über Gruselhasen-Graffiti schreiben und eine neue Technologie untersuchen. Zoemini, du machst echt Spaß.
So. Fertig. Eine Polaroid-Kamera ist dann übrigens günstiger, sieht schicker aus und macht wahrscheinlich auch die besseren Bilder.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.