Cloud-Gaming im Test: Stadia vs. Geforce Now vs Xbox Cloud Gaming
Stadia, Geforce Now und Xbox Cloud Gaming streamen Games auf dein Smartphone, deinen Laptop oder TV. Jeder geht dabei seinen ganz eigenen Weg. Welches der beste ist, soll der Direktvergleich zeigen.
Immer mehr Cloud-Gaming-Dienste drängen auf den Markt. Die Möglichkeit, ohne teure Hardware die neuesten Blockbuster-Games zocken zu können, ohne langwierige Installation und nervige Updates klingt verlockend. Stadia von Google, Geforce Now von Nvidia und Xbox Cloud Gaming von Microsoft sind derzeit die erfolgversprechendsten Anbieter. Per App oder Browser können Konsolen- und PC-Spiele mit einem Klick gespielt werden. PS Now von Sony funktioniert nicht übers Smartphone, Shadow ist zu kompliziert für die Massen und Amazon Luna noch nicht verfügbar in der Schweiz. Daher beschränkte ich mich in diesem Test auf die drei erstgenannten. Nicht nur das Angebot interessiert mich dabei, sondern auch, wie das Spielerlebnis im Direktvergleich ist.
Xbox Cloud Gaming
Spieleauswahl: über 150
Qualität: bis 720p
Plattform: Android
Preis: 14.99 CHF/Monat – ab 9.99 EUR/Monat
Probezeit: Erster Monat für 1 CHF/EUR
Aktuell gibt es Xbox Cloud Gaming nur für Android und nur als Teil des Xbox Game Pass Ultimate. iOS und PC-Version sollen dieses Jahr folgen. Hier bekommst du das grösste Pauschalangebot inklusive Neuerscheinungen. Deine Speicherstände werden synchronisiert, so dass du das gleiche Spiel am PC oder der Xbox weiterspielen kannst.
Geforce Now
Spieleauswahl: Über 2000
Qualität: bis 1080p, 5.1 Surround Sound
Plattform: Computer, Laptop, Android-Geräte, Nvidia Shield
Preis: gratis, Founders 6 CHF/Monat – 5.49 EUR/Monat
Probezeit: keine
Ubisoft Connect, Epic Store, Steam, GoG. Fast alle PC-Plattformen sind auf Geforce Now vorhanden. Leider ist die Spielauswahl deutlich zusammengeschrumpft seit Nvidia von dem gratis Beta- auf ein Abo-Modell umgestellt hat. Seither haben sich unzählige Entwickler und Publisher abgewandt und sind nicht zurückgekehrt. Dennoch bleibt die Spieleauswahl die grösste. Über 2000 Titel sind kompatibel, die du auf den jeweiligen Plattform kaufen kannst oder bereits besitzt. Meistens dauert es jedoch ein paar Wochen oder Monate bis ein neu erschienenes Spiel auch auf Geforce Now verfügbar ist. «Cyberpunk 2077» oder «Immortals Fenix Rising» waren bereits zum Launch spielbar.
Geforce Now gibt es in einer Gratis Version, die auf eine Stunde Spielzeit am Stück limitiert ist. Dabei kommt es aber oft zu Wartezeiten, weil die Server belegt sind. Das Problem hast du als zahlender Kunde nur bei besonders hohem Andrang wie beim Launch von «Cyberpunk 2077».
Stadia
Spieleauswahl: Über 100
Qualität: bis 4K, HDR, 5.1 Surround Sound
Plattform: Android, iOS, iPad OS, Chrome, Chromecast Ultra
Preis: Gratis, Stadia Pro 10 CHF/Monat – 9,99 EUR/Monat
Probezeit: 3 Monate
Stadia gibt es als Gratis-Version, wo die Auflösung auf 1080p limitiert ist und du Spiele kaufen musst. In der Pro-Version bezahlst du monatlich zehn Franken und bekommst dafür sofortigen Zugriff auf rund 35 Spiele (zunehmend), Rabatte bei Käufen und Auflösung bis 4K mit HDR und Surround Sound.
Ein erster Blick
Xbox Cloud Gaming
Die Limitierung der Auflösung auf 720p ist auf den ersten Blick ein Nachteil, aber beim Spielen auf Smartphones und selbst einem Tablet fällt der Unterschied kaum auf. Was hingegen auffällt, ist dass Spiele selbst vertikal das Smartphone-Display nicht ganz ausfüllen. Es bleibt ein schwarzer Rand. Bei Stadia und Geforce Now hast du nur auf den Seiten schwarze Ränder, weil Spiele meist auf 16:9-Format setzen, Smartphones aber breiter (zum Beispiel 19.5:9 beim Pixel 5) sind.
Die Game Pass App ist übersichtlich und Spiele starten schnell, wenn auch nicht so schnell wie bei Stadia. Xbox Cloud Gaming hatte in meinem Test ab und zu mit Verbindungsproblemen zu kämpfen, so dass die Bildqualität teilweise arg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Der Dienst ist allerdings auch noch im Beta-Stadium.
Pro:
- Grosse Spieleauswahl
- Viele neue Spiele
- Einfache Bedienung
Contra:
- Nur als Teil des Game Pass Ultimate
- Nur für Android
- Kein 4K oder HDR
Geforce Now
Die App ist relativ übersichtlich. Wenn du jedoch deine ganze verfügbare Steam-Bibliothek durchscrollen willst, musst du zuerst dein Steam-Profil öffentlich machen. Sonst kann Geforce Now die entsprechenden Informationen nicht auslesen. Dann bleibt dir nur das manuelle Suchen nach einem Spiel.
Das Benutzererlebnis ist bei Geforce Now von den Dreien definitiv das schlechteste. Das liegt daran, dass du dich bei Geforce Now auf einem virtuellen PC auf einem Rechenzentrum einloggst. Dort startet anschliessend Steam, Epic oder was du gerade benötigst. Meist musst du deine jeweiligen Login-Daten wieder eintippen – inklusive Code, wenn du Zweiwege-Sicherheit aktiviert hast. Und falls das Spiel selbst auch noch ein Login benötigt, wird auch das jedes mal verlangt. Dadurch dauert es mit Nvidias Dienst mit Abstand am längsten bis du ein Spiel endlich spielen kannst. Geforce Now lohnt sich meiner Meinung nach nur, wenn du längere Sessions spielst. Sonst ist das ganze Login-Prozedere unzumutbar.
Pro:
- Es gibt eine Gratis-Version
- Grosse Spielauswahl
- Spiele müssen nicht zusätzlich gekauft werden
- Auf vielen Geräten verfügbar
- Spiele sind teilweise zum Launch verfügbar
Contra:
- Benutzung nicht immer reibungslos
- Kein 4K oder HDR - Performance könnte besser sein
- Nicht für iPhone oder iPad
- Stark limitiert in Gratis-Version
- Ladezeiten
Stadia
Google fährt ein Zwischenmodell aus Pauschalangebot und Kaufzwang. App und Bedienung wirken bei Stadia am ausgereiftesten. Ausserdem ist es von allen Dreien am breitesten verfügbar und muss im Browser nicht mal installiert werden. Mittlerweile gibt es auch eine iOS-Version. Enttäuschend ist dennoch, dass du lediglich ein Konsolen-Equivalent der Spiele erhältst und keines auf PC-Niveau. Raytracing fehlt ebenfalls. Und in Multiplayer-Spielen ohne Crossplay wie «PUBG» kannst du lediglich gegen andere Stadia-Nutzer spielen, was sowohl das Spiel-Modi-Angebot als auch die Matchmaking-Zeiten beeinflusst.
Pro:
- Einfache Bedienung
- Ordentliche Performance
- Viele neue Spiele
- Im Pro-Abo sind über 30 Spiele enthalten
- Plattformübergreifend
- 4K
Contra:
- Keine richtige Games-Flatrate
- Kleinste Game-Auswahl
Performance
Ein exakter Vergleich des Input Lags zwischen allen drei Systemen ist leider nicht möglich, da es Xbox Cloud Gaming noch nicht für den PC gibt. Dort gäbe es einigermassen zuverlässige Testmethoden, um die Eingabeverzögerung zu messen. Auch Spiele, die auf allen drei Plattformen verfügbar sind, gibt es ausser «Destiny 2» nicht. Somit musste ich mich auf mein Gefühl und meine Augen verlassen. Getestet habe ich Smartphone-, TV- und PC-Version (sofern vorhanden). Die Xbox Cloud Gaming App kannst du per Sideload auch auf Android TVs oder dem Nvidia Shield installieren.
Für den Vergleich habe ich Spiele angeschaut, die es mindestens auf zwei Plattformen gibt. Als Testgerät setze ich auf den LG OLED CX im Gaming Modus und für Mobile benutze ich zwecks Vergleichbarkeit mein Pixel 5 mit den Razer Kishi Controller. Mit dem Stadia Controller, der sich per WLAN direkt mit den Servern verbindet, wäre der Input Lag theoretisch noch etwas geringer.
«Destiny 2»
Bei Bungies Action-MMO «Destiny 2» hat Stadia am PC oder am TV optisch leicht die Nase vorn und selbst in 4K steuert es sich mittlerweile sehr flüssig. Auf 1080p läuft es sowohl bei Stadia als auch Geforce Now praktisch lagfrei. Auf dem Smartphone sehen fast alle Versionen gleich aus. Über Stadia spielt es sich insgesamt am besten.
«Cyberpunk 2077»
«Cyberpunk 2077» sieht über Stadia in 4K besser aus als über Geforce Now. Egal ob Performance- oder Qualitäts-Modus ausgewählt ist. Bei Nvidias Dienst ist das Bild in 1080p deutlich verwaschener. Der Lag ist mit Stadia erfreulich gering, so dass ich sogar mit der Maus spielen könnte. Zweifellos spürbar, aber es spielt sich präzise genug. Wählst du den Qualitätsmodus «Visuals» aus, sieht es kaum besser aus, wird dafür enorm träge. Wenn ich bei Geforce Now die Details auf «Medium» stelle und DLSS auf «Auto» ist das Lag noch etwas tiefer als mit Stadia. Auf «Ultra» oder mit Raytracing wird die Steuerung jedoch ebenfalls sehr zäh. Wenn du Stadia wiederum auf 1080p limitierst, ist das Lag geringer als bei Geforce Now.
«Hitman 1»
«Hitman 1» ist schon etwas älter und kein grafisches Powerhouse. Zudem ist es eher ein ruhiges Spiel, das selten hektische Steuerung erfordert. Dennoch läuft es auf Stadia im Vergleich zu Geforce Now trotz höherer Auflösung einen Zacken runder. Die wiederum macht optisch keinen grossen Unterschied.
«Dead by Daylight»
«Dead by Daylight», der asymmetrische Serienkiller-Multiplayer-Hit ist für Stadia und Xbox Cloud Gaming verfügbar. Beide Mobile-Versionen steuern sich hervorragend und grafisch gibt es auch kaum Unterschiede. Die Stadia-Version sieht vielleicht ein kleines bisschen schärfer aus, aber auf dem 5,5-Zoll-Display fällt es nicht ins Gewicht.
«Control»
«Control» läuft auf Geforce Now nahezu verzögerungsfrei. Das minimale Lag ist hier wirklich vernachlässigbar. Und das Spiel erfordert präzise Steuerung bei den chaotischen und hektischen Kämpfen. Raytracing gibt es obendrauf. Etwas, das Xbox Cloud Gaming nicht bietet, aber auch nur auffällt, wenn du es an einem grossen Bildschirm oder am TV spielst.
«PUBG»
Der Battle-Royale-Dauerbrenner «PUBG» spielt sich über Stadia sehr souverän, während sich die Xbox-Cloud-Gaming-Version deutlich schlechter steuert. Ganz krass ist der Unterschied am Fernseher. Die App dafür ist aber auch nicht offiziell erhältlich und nur per Sideload benutzbar. Dennoch sind es nicht nur optisch Welten zwischen den Versionen sondern auch bezüglich Input Lag. Aktuell sind mit diesem Workaround nur sehr langsame und anspruchslose Spiele einigermassen spielbar.
«Deep Rock Galactic»
Auch beim kooperativen Zwergen-Weltraum-Game «Deep Rock Galactic» hat die Xbox Cloud Gaming Version das Nachsehen. Dort ist die Steuerung deutlich schwammiger als mit Geforce Now. Auch ruckelt es häufiger. Grafisch kann ich zwischen den 720p und 1080p von Geforce Now keinen Unterschied erkennen.
Spiele sehen über Stadia dank der höheren Auflösung tendenziell am besten aus. Besonders über Chromecast am TV, denn nur dort gibt es HDR. Generell wirkt es dort sauberer als über den Browser am PC. Weil die Games komprimierte Videostreams sind, ist das Bild aber nie so scharf, wie wenn du ein Spiel nativ am PC zockst. Daher fallen auch die besseren Grafikoptionen, die du bei Geforce Now manuell einstellen kannst, weniger ins Gewicht. Zumindest wenn du auf einem Display mit 1440p oder höher spielst. Beherrscht dein Monitor hingegen ohnehin nur 1080p, erhältst du über Geforce Now potentiell das schönste Bild.
Wenn du auf das Smartphone oder Tablet wechselst, verschwimmen die Unterschiede noch stärker. Zumindest sind sie auf den kleinen Displays kaum erkennbar. Selbst Xbox Cloud Gaming, das mit 720p die mit Abstand niedrigste Auflösung bietet, sieht kaum schlechter aus als die Konkurrenz.
Mobil steigt der Input Lag selbst mit WLAN-Verbindung dafür deutlich an. Da kann selbst ein Controller nicht darüber hinweg täuschen. Es stört mich trotzdem weniger, als wenn ich auf der Konsole oder am PC zocken würde. Das Erlebnis ist auf dem kleinen Bildschirm einfach ein anderes. Das hat auch Vorteile. Es braucht viel weniger, dass ein Spiel beeindruckend aussieht. «Destiny 2», «Cyberpunk 2077» oder «Sea of Thieves» spielen grafisch in ganz anderen Ligen als Mobile-Games. Egal ob sie nun in 720p und mittleren Details laufen.
Für den letzten Test wechsle ich aufs 4G-Netz (Sunrise). Sofern die Verbindung stabil ist, lässt es sich auch damit spielen. Es kommt aber hie und da zu Bufferungen, wo sich kurz die Auflösung, respektive Bitrate reduziert. Auch ruckelt es häufiger als übers WLAN. Die Verbindung muss wirklich gut sein. Im Chalet bei den Schwiegereltern im Wallis konnte ich mit 4G bei zwei Balken kaum ein Spiel starten und wenn doch, stürzte es meist nach kurzer Zeit wieder ab.
Ladezeiten
Für den Vergleich der Ladezeiten habe ich die Dienste auf meinem Pixel 5 gestartet. Gemessen habe ich die Zeit vom Antippen der App bis zum Hauptmenü, respektive dem ersten Tastenbefehl.
Stadia | Geforce Now | Xbox Cloud Gaming | |
---|---|---|---|
Destiny 2 | 25s | 120s* | 31s |
Cyberpunk 2077 | 43s | 60s | Nicht verfügbar |
Control | Nicht verfügbar | 74s | 75s |
Dead by Daylight | 33s | Nicht verfügbar | 90s |
PUBG | 42s | Nicht verfügbar | 60s |
Hitman 1 | 26s | 110s* | Nicht verfügbar |
Deep Rock Galactic | Nicht verfügbar | 93s | 67s |
Geforce Now braucht mit Abstand am längsten, bis ein Spiel geladen ist. Je nachdem, ob du noch deine Login-Daten bei Steam eintippen musst, ein Client-Update ansteht oder der Speicherstand synchronisiert werden muss. Meist musst du ausserdem noch die Grafikeinstellungen vornehmen. Xbox Cloud Gaming und Stadia bieten dir weniger Optionen, starten dadurch aber auch massiv schneller.
Fazit: Kein klarer Gewinner
Auf dem Papier ist Geforce Now zumindest für PC-Spieler das beste Angebot. Du kannst deine bestehende Bibliothek nutzen und das erst noch plattformübergreifend. In der Realität ist Nvidias Streaming Dienst aber der mit Abstand benutzerunfreundlichste. Dass du dich fast bei jedem Starten eines Spiels erst noch bei Steam einloggen musst, der Client manchmal ein Update benötigt oder du auch einfach mal im Menü eines Launchers festhängst, verdirbt den Spass. Auch die Möglichkeit echte PC-Versionen zu spielen inklusive höchster Grafikeinstellungen, zahlt sich nicht wirklich aus. Spiele sehen bei Stadia durch die höhere Auflösung meist trotzdem besser aus, auch wenn gewisse grafische Effekte fehlen. Dafür bietet Googles Dienst HDR an. Stadia wiederum hat zwar den technisch ausgereiftesten Dienst, dafür ist das Angebot mit Abstand das kleinste. Erfreulich ist immerhin, dass du in der Bezahlversion über 30 Spiele erhältst.
Xbox Cloud Gaming schliesslich liegt irgendwo dazwischen. Das Angebot ist grösser als bei Stadia, aber kleiner als bei Geforce Now. Spiele müssen aber nicht gekauft werden und dank cross save kannst du ein Spiel auch am PC oder der Xbox weiterspielen. Mit einer Auflösung von lediglich 720p und nur verfügbar für Android-Geräte ist Microsofts Angebot noch sehr eingeschränkt und trägt zu Recht das Beta-Label.
Wirklich ausgereift ist keiner der drei Dienste. Cloud Gaming ist aber längst kein Luftschloss mehr. Stadia, Xbox Cloud Gaming und Geforce Now liefern bereits jetzt ein ordentliches Angebot und sind je nach Ansprüchen legitime Alternativen zu einer Konsole oder einem PC. Es schadet aber sicher nicht, sie noch etwas reifen zu lassen.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.