Darum solltest du deine Switches luben
Lubing – auf Deutsch: Schmieren – ist die wichtigste Tastatur-Modifikation, die es gibt. Das habe ich lange nicht eingesehen. Bis ich es selbst probiert habe: Ich liebe es!
Vor etwas mehr als zwei Jahren habe ich meine erste DIY-Tastatur gebaut. Dabei habe ich mehrere schwerwiegende Fehler begangen. Der grösste: die Switches. Ich habe nämlich Clicky Switches verbaut. Das sind die, die beim Auslösen des Tastendrucks ein fühl- und hörbares Feedback geben. Obwohl ich nach wie vor Fan dieser Switches bin, erachte ich sie im DIY-Bereich als nicht sinnvoll. Wieso? Weil ich sie nicht schmieren sollte. Denn dadurch verlieren sie ihren charakteristischen «Klick». Da im DIY-Bereich das Modden jedoch im Vordergrund steht, sind sie in meinen Augen nicht für ein Selbstbauprojekt geeignet. Denn geschmierte Switches fühlen und hören sich einfach nur geil an.
Die Switches
Ich habe deshalb beschlossen, meine 75-Prozent-Tastatur auseinanderzuschrauben und – nebst weiteren Mods – neue Switches auf das PCB zu knallen. Bedeutet: 84 Switches ablöten. Eine mühsame, aber doch irgendwie befriedigende Arbeit. Ich mag es, konzentriert über etwas zu brüten und dabei alles um mich herum zu vergessen. Eine gute Eigenschaft, wenn es ums Luben von Switches geht, wie sich später zeigt.
Als Clicky Fan will ich taktile Switches, also solche mit haptischem Feedback beim Auslösen, verbauen. So spüre ich zumindest, wann die Switches auslösen. Meine Wahl fällt auf Immoral Pandas. Dabei handelt es sich um einen Knockoff von Drops Holy Panda Switches. Eigentlich heissen die Dinger Feker Holy Pandas. Aber da Knockoffs unmoralisch sind, werden sie in der Mech Keyboard Community als Immoral Pandas bezeichnet. Etwas unmoralisch von mir, ich weiss, aber ich habe in letzter Zeit an etlichen Group Buys für Tastaturen teilgenommen und mein Budget arg strapaziert. 90 originale Holy Pandas kosten 105 Dollar. Beim Knockoff bezahle ich für 110 Stück nur knapp 40 Dollar. Gemäss einem Review von Squashy Boy sind die Dinger gar nicht mal so schlecht. Jedenfalls besser als Cherry MX Browns, die untaktilsten taktilen Switches der Welt.
Let’s get physical
Luben ist mit grossem Aufwand verbunden. Ich muss jeden Switch einzeln öffnen und das Schmiermittel auftragen. Beim Schmiermittel fällt meine Wahl auf G-Lube von Glorious. Das ist bei digitec/Galaxus schnell verfügbar. Was ich ebenfalls brauche, ist ein feiner Pinsel zum Auftragen des Lube, einen Schraubenzieher zum Öffnen der Switches und eine selbstklemmende Pinzette, um die Kleinteile zu halten.
Beim Luben gibt es verschiedene Ansätze, wie viel es wo braucht. Jede*r hat da seine eigene Technik, auch ich. Ich öffne zuerst die Switches mit einem 2er-Schlitz-Schraubenzieher und separiere die Einzelteile des Taster. Den oberen Teil des Gehäuses lege ich beiseite, da ich ihn nicht mit Schmiermittel eindecke. Für den unteren Teil und den Stengel habe ich mir eine Lube-Station gegönnt und stecke die Einzelteile entsprechend ein. So muss ich sie nicht mit der Pinzette festhalten. Die Federn lege ich in einen separaten Behälter. Gelubt werden der untere Teil des Gehäuses, der Stengel und die Feder.
Ich trage wenig Schmiermittel auf. So wie ich das mache, sollten nur kleine Klumpen von Schmiermittel zu sehen sein, im Idealfall gar keine. Beim Gehäuseunterteil trage ich die Lube an den Seiten, an denen der Stengel geführt wird, sowie um die Federhalterung und den Boden auf.
Bei der Feder fahre ich zunächst mit dem Pinsel rundherum entlang. Dann verteile ich das Mittel in den Zwischenräumen und zu guter Letzt noch oben und unten im Innern.
Beim Stengel schmiere ich die Füsse, die das haptische Feedback erzeugen, nicht. Die Switches könnten dadurch einen Teil ihrer Taktilität verlieren. Das will ich nicht, da ich sonst quasi lineare Switches habe. Da könnte ich auch gleich Cherry MX Browns verbauen. Die sollten taktil sein, aber das haptische Feedback ist dort kaum vorhanden. Ich lube also die Seiten und die Federführung sowie den oberen inneren Teil.
Danach stecke ich die Switches wieder zusammen. Jetzt sind sie parat für ihren Einsatz. Das Ganze dauert für die knapp 90 Taster rund drei Stunden. Eine Geduldsarbeit, aber wie beim Löten kann ich mich darin verlieren und komplett abschalten. Es hat beinahe etwas Meditatives.
Der Tipptest
Damit du nachvollziehen kannst, wie unterschiedlich sich die Switches anhören, habe ich einen geschmierten und ungeschmierten Switch auf der Lube-Station platziert und gefilmt. Da ich kein professionelles Mikrofon habe, erscheint der Unterschied nicht so klar. Dennoch: Er ist enorm. Vom sogenannten Spring-Ping, also dem Geräusch, das die Feder beim Auseinanderspringen erzeugt, ist nichts mehr zu hören. Der gelubte Switch erzeugt einen volleren, satteren Klang. Himmlisch! Fast wichtiger jedoch: Die Immoral Pandas fühlen sich nicht mehr kratzig an. Es ist nichts von Reibung zu spüren. Der Stengel flutsch – höhö. So muss das sein. Ein Tastendruck fühlt sich geradezu magisch an. Beim Runterdrücken des ungeschmierten Switches spüre ich deutlich die Reibung und der Tastendruck fühlt sich nicht wie aus einem Guss an.
Eine neue Liebe
Gelubte Switches sind einfach nicht vergleichbar mit dem kratzigen Gefühl und dem hochfrequenten Ping von ungeschmierten Tastern. Jeder Switch gehört geschmiert, Punkt. Der Druck fühlt sich butterweich an. Der volle Klang beim Durchdrücken ist befriedigender als ein Bier an einem heissen Sommertag. Hast du einmal auf einen gelubten Switch gedrückt, willst du nicht mehr zurück.
Kommt hinzu, dass Luben etwas sehr Beruhigendes hat. Es ist eine Art Tech-Nerd-Meditation. Ich bin danach total entspannt. Das spornt mich an, weiterzumachen. Glücklicherweise habe ich noch ein paar Zealio v2 Switches für meinen Ikki 68 Aurora Build. Dann aber wohl nicht mehr mit G-Lube, sondern Krytox 205g0. Freude herrscht!
Jetzt habe ich den ersten schwerwiegenden Fehler, den ich bei meiner 75-Prozent-DIY-Tastatur gemacht habe, ausgemerzt. Die Switches muss ich jetzt noch aufs PCB löten. Ich habe aber noch andere Verfehlungen begangen. Welche, erzähle ich dir demnächst.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.