Dell XPS 15-9575
15.60", Intel Core i7-8705G, 8 GB, 512 GB, DE
Das Dell XPS 15 ist ein Laptop, der gerne in Ruhe arbeitet. Ohne Störung durch Menschen. Denn trotz der massiven Leistung ist die Bedienung des Geräts mühsam.
«Mach mir das Teil nicht kaputt», sagt Category Buying Manager Fabian Feierabend.
Er gibt mir das Dell XPS 15. Wir wissen beide nicht, dass er mir gerade eine Story gerettet hat. Er weiß nur: Das XPS 15 sollte genug Kraft haben, Videos rendern zu können. Denn das ist genau das, was ich brauche. Okay, eigentlich würde ich ja Videoproduzentin Stephanie Tresch brauchen, aber sie liegt krank im Bett.
In weniger als 24 Stunden sollten wir nach London abfliegen. Der Arzt hat ihr gesagt, dass sie keinesfalls reisefähig ist. Zum Glück kann ich im Notfall ein Video selbst produzieren. Wird zwar nie so hübsch und hat immer leicht anarchische Züge sowie Anfängerfehler drin, aber die Story ist gut genug, um das zu riskieren.
Rückblende: Samsung hat vor Wochen eingeladen. In London will der südkoreanische Konzern «neue Produkte» vorstellen. Szenebeobachter wissen, dass das wahrscheinlich das Samsung Galaxy S10 ist. Und vielleicht sogar das Falt-Phone, dann offiziell als Samsung Galaxy Fold vorgestellt. Dass Stephanie und ich da dabei sein müssen, ist uns klar. Wir machen Location Scouting im Internet, besprechen Belichtung, Raumverhältnisse und Rucksäcke. Im Laufe der Jahre sind Stephanie und ich nicht nur zum unschlagbaren Team geworden, sondern haben «Reisen mit tragbarer aber voll funktionsfähiger Redaktion» zur Wissenschaft gemacht.
Jetzt aber muss ich alleine ran. Mist.
Fabian meint «ist vielleicht etwas zu schwer» aber eine Wahl habe ich nicht. Mein Rucksack wird schwer und klobig werden. Damit habe ich mich schon abgefunden.
Die ersten Eindrücke des Geräts müssen schnell kommen. Hardware-Inspektion dauert in etwa fünf Sekunden und ich bemerke das erste Problem: Das Dell XPS 15 hat keine uralt-USB-Buchsen mehr. Dafür aber eine AMD Vega als Grafikkarte. Ich sehe schon, warum Fabian mit Gewissheit sagen kann, dass das Teil gut für die Videoproduktion ist. Aber: Mein Kartenleser funktioniert nicht auf USB-C. Fuck.
Gibt es Kartenleser, die eine SD-Karte mit einem USB-C-Anschluss verbinden? Ja, ich habe sogar einen im Büro rumliegen. Von Apple. Den gab's mal zu meinem iPad dazu. Ich mache mir Sorgen: Funktioniert das überhaupt oder hat entweder Dell oder Apple ein «Ätschbätsch, nicht mit mir» drin? Ein kurzer Test gibt Gewissheit: Funktioniert.
Ich packe meinen Rucksack, nur um zu sehen, ob alles reinpasst. In Gedanken füge ich noch einen Plastiksack mit Unterwäsche, Socken und T-Shirts hinzu. Passt. So knapp.
Eine schlaflose Nacht später bin ich an Bord des Embraer 190. Als der Kapitän über die Lautsprecher «Cabin Crew, arm the slides» mauschelt weiß ich: Ab jetzt gilt es Ernst. Es gibt kein Zurück mehr. Alles, was ich vergessen habe, ist definitiv vergessen. Alles, was ich brauchen kann, trage ich in einem Rucksack mit mir. Eine Ruhe überkommt mich. Stephanie fehlt mir jetzt schon.
Drehtermine kommen und gehen. Die Pressekonferenz ebenfalls. Als Kamerafrau rekrutiere ich Leslie Haeny von der Netzwoche. Sie steht hinter der Kamera und hält das Einbeinstativ, nachdem ich die Kamera eingestellt habe. Der Dreh geht gut über die Bühne.
Dann, zurück im Hotel, gilt es Ernst. Das Dell XPS 15 startet fix auf, die Peripherie verbindet. Damit ich nicht groß irgendwelche komplizierten Schnitte machen muss, habe ich das Review zweimal gesprochen. Das Ziel ist es, einen Take hinzukriegen, damit ich nur Bild über Bild legen muss und die Tonspur und den Inhalt so lassen kann, wie er aus der Kamera kommt.
Das XPS performt gut, schnell und muckt nicht auf. Als mobile Video-Editing-Plattform besteht das Ding jeden Test. Ich bin richtig glücklich damit. Es ist mittlerweile kurz vor Mitternacht. Die perfekte Zeit also, den Text zum Video zu schreiben.
Wenn es ums Schreiben geht, dann fällt das Dell XPS 15 durch. Auf ganzer Linie. Das hat mehrere Gründe.
Zum einen ist die Tastatur, vor allem unten rechts, richtig schlecht aufgebaut. Das Layout ist so dermaßen kaputt, dass das Tippen auf dem Ding zum Alptraum wird.
Vor allem die Pfeiltasten und die Page-Up- und Page-Down-Tasten sind komplett versäbelt worden. Warum müssen die da sein? Im Normalen Workflow benutze ich sowohl die Page- wie auch die Pfeiltasten. Aber wenn ich einfach drauflos tippe und ein Wort korrigieren muss, dann ist das in der Regel sowas wie CTRL+→ oder CTRL+← um ein Wort nach vorne oder zurück zu springen. CTRL+PGUP aber macht was radikal anderes und geht in einen anderen Tab des Browsers, den ich gerade verwende.
Danke, Dell. Echt nützlich. Zerstör mir doch meinen Workflow alle zwei Absätze in einer Nacht, in der ich sowieso schon gestresst und übermüdet bin. Genau das ist das, was ich von einem Arbeitslaptop will. Es ist ja nicht so, dass Laptops das nicht hinkriegen. Als Sequel zu einem Artikel von vor vielen Monden, bin ich in den Zürcher digitec-Shop gegangen und habe die Tastaturen der ausgestellten Laptops abfotografiert. Mein Rat steht nach wie vor: Wenn du ein Laptop kaufen willst, beobachte, wie du mit der Tastatur interagierst und mach das zu einem Hauptargument für oder gegen einen Kauf.
Doch nebst dem eigentümlichen Tastaturlayout gibt es da ein Kill-Argument für das Dell XPS 15, für das es wirklich keine Entschuldigung gibt. Manche Inputs werden von der Tastatur nicht angenommen. Vor allem trifft das die Space-Taste, die allgemein recht wichtig ist, wenn du Wörter tippen willst. Oder Code. Oder irgendwas. WeilsowasmachtkeinemSpasszulesen.Wassolldasüberhaupt? Daher, Pfeiltasten, einige Zeichen zurück, Space hämmern, Seufzen. Ich erwische Page Up. Fuck!
Zum Glück habe ich in London eine Maus dabei. Leslie hat mich schon genug fluchen gehört, fragt sich wohl, wie es möglich ist, dass eine Person so viele Beleidigungen gegen eine Maschine in so kurzer Zeit ausstoßen kann. Vor allem auch darum, weil nie irgendwas irgendwie abstürzt. Wenn ich keine Maus dabei hätte, dann wäre das noch schlimmer, denn das Touchpad reagiert manchmal ebenso wenig wie die Tastatur. Dann hilft nur noch wirres Wischen auf der Fläche, manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Erfolg. Zum Glück hat das XPS 15 einen Touchscreen.
An der Leistung des Geräts aber habe ich nichts auszusetzen. Sogar nach meiner Rückkehr aus London verwende ich das XPS 15 noch. Es leistet gute Dienste mit einem schönen Display und für kurze Notizen oder Protokolle von interessanten Meetings – also irgendwie eines in zehn – ist es gut genug. Oder halt, um die Hardware jenseits der Input Devices anzustrengen. Videos rendern? Kein Problem. Grössere Datenmengen hin- und herschieben und dazu noch Filme schauen? Easy. Der Akku macht da auch super mit.
Also, wenn du dir ein Laptop basierend auf irgendwelchen Benchmark-Werten kaufen willst, dann ist das Dell XPS 15 eine sehr gute Wahl. Wenn du es tatsächlich benutzen willst, dann aber nur mit Peripherie. Eine Maus mindestens. Wenn du viel schreibst, eine Tastatur dazu. Ein USB-Hub wahrscheinlich, denn noch sind nicht alle Hersteller auf den USB-C-Zug aufgesprungen.
Daher eine kleine Einkaufsliste an Kram, den ich empfehlen kann, damit du fast schon Apple-mäßiges rumgedongle hast.
So. Fertig. Das Dell XPS 15 bringt Leistung, ist aber nicht besonders scharf darauf, von Menschen benutzt zu werden. Ich geh schlafen.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.