Die Gamescom 2024 war geil – bis auf diese Ausnahmen
Nicht alles an der Gamescom war berauschend. Wir meckern über Games, die nicht angespielt werden konnten, Publisher, die nicht auftauchten und sind enttäuscht wegen falschen Erwartungshaltungen.
Unser Messebesuch war grösstenteils sehr ergiebig. Das entnimmst du unseren Schwärmereien zu den Highlights der Gamescom. In den drei Tagen mussten wir aber auch die eine oder andere Enttäuschung einstecken.
Philipp: «Indiana Jones and the Great Circle» – kein Hands-on
Keine Angst, ich urteile nicht voreilig über ein Spiel, das noch gar nicht erschienen ist. Was ich aber gerne gemacht hätte, wäre mir einen ersten Eindruck über Machine Games’ nächstes Spiel zu machen. Obwohl «Indiana Jones and the Great Circle» noch im Dezember erscheinen soll, gabs erneut weder Hands-on-Möglichkeiten noch eine Livedemo. Der Gameplay-Trailer zeigte nicht mal sonderlich lange Spielszenen. So kann ich mir weiterhin keinen Eindruck davon verschaffen, ob Indies kommendes Abenteuer eher ein «Crystall Skull» wird oder doch die Magie eines «The Last Crusade» einfangen vermag.
Spiele, die so kurz vor Release noch nicht anspielbar sind, verheissen selten etwas Gutes. Meist bedeutet es, dass sie verschoben werden oder die Entwickler, respektive Publisher, zu wenig Vertrauen darin haben. Dennoch bleibe ich optimistisch. Mit der «Wolfenstein»-Reihe haben die Entwickler von Machine Games mehrfach bewiesen, dass sie wie kaum jemand sonst Action-Spiele mit packender Story beherrschen.
Domagoj: Sony bleibt zu Hause
Sony bleibt physischen Events und Messen bereits seit einigen Jahren fern. 2019 war das letzte Jahr, an dem es eine offizielle Playstation-Präsenz an der Gamescom gegeben hat. Trotz dieser harten Fakten hoffe ich jedes Jahr, dass sich der japanische Konzern doch noch entscheidet, nach Köln zu reisen.
Auch dieses Jahr wurde ich enttäuscht. Während Microsoft mit einem gigantischen Xbox-Stand und über 50 anspielbaren Games glänzte, schauten Playstation-Fans in die Röhre. Fairerweise muss man auch sagen, dass Sony aktuell nur sehr wenige Games von ihren First-Party-Studios angekündigt hat, die der Konzern überhaupt hätte zeigen können.
Philipp: «Assassin’s Creed Shadows» – kein Hands-on zum Zweiten
Schon während dem Summer Game Fest konnten Medienleute «Assassin’s Creed Shadows» nicht selber anspielen. Immerhin durften sie dort einer Ubisoft-Person über die Schulter schauen. An der diesjährigen Gamescom gab es meines Wissens nicht mal diese Möglichkeit. Das Spiel erscheint noch vor «Indiana Jones». Wieso gibt sich Ubisoft so bedeckt?
Auch wenn es der erste Teil ist, der nur für Nextgen-Konsolen entwickelt wird, werden die Macher das Rad nicht neu erfinden. Das ist Gerüchten zufolge dem übernächsten Teil «Assassin’s Creed Hexe» vorenthalten. Auch wenn ich die Reihe oft für mangelnden Einfallsreichtum und eine zugemüllte Map kritisiere, ist keines der Spiele schlecht. Die Welt, die Ubisoft kreiert, beeindruckt immer. Schade, durften wir nichts davon selber erkunden.
Domagoj: Nintendo bleibt zu Hause
Nachdem Nintendo 2023 nach Jahren der Absenz zur Gamescom zurückgekehrt ist, bleibt das Unternehmen der grössten Gaming-Messe der Welt dieses Jahr wieder fern.
Das ist verdammt schade, denn im Gegensatz zu Sony hätte Nintendo einiges zu zeigen gehabt. Obwohl sich die Switch in den letzten Monaten ihres langen Lebens befindet, hat das Unternehmen noch einige Kracher für die Hybridkonsole in der Pipeline: «The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom», «Super Mario Party Jamboree», «Mario & Luigi: Brothership», «Donkey Kong Country Returns HD», «Metroid Prime 4: Beyond» und «Pokémon Legends: Z-A».
Wäre Nintendo auch nur mit einigen dieser Titel angetreten, hätten wir eine der spannendsten Präsenzen vor Ort gehabt. Aber vielleicht klappt’s ja nächstes Jahr mit der Switch 2.
Philipp: «Mouse» – Audiovisuell über alle Zweifel erhaben, aber spielerisch?
«Das ist noch ein Platzhalter», sagt einer der Entwickler bei der Hands-off-Demo. Damit meint er den Bossgegner, der mit einem Schuss bereits das zeitliche segnet und keinerlei Gegenwehr leistet. Es ist nicht das einzige, das an «Mouse» noch unfertig wirkt.
«Mouse» ist ein Egoshooter, der wie ein Disney-Trickfilm aus den 30er-Jahren aussieht. Hier würde mich der polnische Entwickler zwar sofort korrigieren. Disney hat den Stil zwar populär gemacht, aber diverse andere Studios produzierten Trickfilme, die gleich aussehen. Am einzigartigen schwarzweissen Grafikstil wie auch dem sensationellen Soundtrack habe ich aber ohnehin nichts auszusetzen. Es ist das unbestrittene Erkennungsmerkmal von «Mouse».
Was nach der Demo aber bleibt, sind Zweifel, ob auch das Gameplay mithalten kann. Ballern sieht zwar toll aus, aber das herumschwingen und an den Wänden entlang rennen passt noch nicht wirklich zusammen. Auch die Level wirken zwar visuell toll, aber ich erkenne keinen roten Faden. Noch bleibt Zeit bis 2025, um diese Baustellen fertigzustellen. Ich wünsche es Studio Fumi sehr, denn eintauchen will ich in diese 30er-Jahre-Trickfilmwelt unbedingt.
Domagoj: «Unknown 9: Awakening» – ein zu ambitioniertes Projekt?
Gegenüber dem übernatürlichen Action-Adventure «Unknown 9: Awakening» war ich schon seit der Ankündigung vor drei Jahren sehr skeptisch eingestellt. Dies vor allem aufgrund der unheimlich ambitionierten Pläne des Entwicklerstudios Reflector.
Die Geschichten aus dem Universum von «Unknown 9» sollen nämlich nicht nur im kommenden Game, sondern in acht weiteren Medienformen erzählt werden. Unter anderem in Form von Comics, Romanen und Podcasts. Auf mich wirken solche Pläne eher abstossend. Eine Franchise muss meiner Meinung nach organisch wachsen und nicht von Anfang an darauf ausgelegt sein, in möglichst vielen Medienformen ausgeschlachtet zu werden.
Trotz meiner Skepsis habe ich dem Spiel an meinem Termin bei Publisher Bandai Namco eine Chance gegeben. Das, was ich gespielt habe, hat mich überhaupt nicht überzeugt. In der Demo werde ich von feindlichen Soldaten angegriffen. Mit meinen übernatürlichen Kräften kann ich mich für kurze Zeit unsichtbar machen, Gegner per Telekinese durch die Luft schleudern oder sie für kurze Zeit steuern. In der Theorie alles spannende Fähigkeiten, die in der Praxis aber an einer unausgereiften Steuerung und nervigen Kamera scheitern.
Technisch steht das Projekt – zumindest die PS5-Version, die ich getestet habe – auf wackeligen Beinen. Die Spielumgebungen und Charaktere sehen okay aus, mehr nicht. Die Animationen wirken unbeholfen, das Game ruckelt ständig. «Unknown 9: Awakening» soll schon am 18. Oktober erscheinen – viel Zeit, um diese Probleme zu beheben, bleibt nicht mehr.
Philipp: Kein Gastauftritt bei Game Two
OK, ich gebe es zu, das betrifft mich stärker als dich. Ich bin dennoch enttäuscht, dass ich nicht mal für eine Millisekunde im Gamescom-Beitrag von Game Two zu sehen bin. In der Vergangenheit habe ich es praktisch immer geschafft, zufällig in irgendeiner Szene aufzutauchen. Es war jeweils meine persönliche «Wo ist Philipp»-Folge. Ich tröste mich dann halt mit unserem offiziellen und unvergesslichen Auftritt in Folge 336.
Domagoj: «Secret Games» und falsche Erwartungen
Ein kleiner Blick hinter die Kulissen: Für die diesjährige Gamescom haben Phil und ich insgesamt 33 Termine mit diversen Publishern gebucht, um ihre Games anspielen zu können. Einige Unternehmen gaben sich im Vorfeld geheimnisvoll und wollten nicht verraten, welche Games sie vorstellen. In den Terminen stehen dann vage Beschreibungen wie «Secret Game from Studio XY» oder auch nur «Unannounced Project».
Meine Fantasie spielt bei solcher Geheimniskrämerei verrückt. Meist werde ich dann enttäuscht, wenn ich das ultrageheime Game zu sehen bekomme oder anspielen darf. So zum Beispiel bei «King of Meat» von Amazon Games, das im Vorfeld lediglich als «Secret Hack'n'Slash» angeteast wurde.
Im bunten Multiplayer-Spiel kämpfe ich mich mit drei Mitspielern durch chaotische Dungeons voller tödlicher Fallen. In einem Dungeon-Creator kann ich selber Kurse erstellen und von anderen Spielern erstellte Levels spielen. Das sieht alles schön aus und wird mit ein paar Freunden sicher Spass machen. Trotzdem macht sich beim Anzocken Ernüchterung breit.
Ich habe mich nicht auf ein seichtes Multiplayer-Game, irgendwo zwischen «Fall Guys» und «Little Big Planet» eingestellt. Schuld daran ist die geheimnisvolle Beschreibung des Termins. Denn «Secret Hack'n'Slash» hört sich halt leider viel cooler an als «buntes Vier-Spieler-Koop-Partygame». Wäre ich mit den richtigen Erwartungen an den Termin gekommen, hätte ich dem Spiel eine faire Chance geben können. Für die nächste Gamescom wünsche ich mir deshalb weniger «geheime» Spiele – oder ich versuche, meine (zu) lebendige Fantasie im Vorfeld besser zu unterdrücken.
Teaserbilder: Koelnmesse GmbH, Thomas Klerx
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.