Square Enix DRAGON QUEST III HD-2D Remake
Playstation, DE
Noch nie war der HD-2D-Stil so schön wie in «Dragon Quest III HD-2D Remake». Das Remake überzeugt aber nicht nur bei der Optik, sondern auch bei der restlichen Umsetzung.
Remakes von Klassikern liegen voll im Trend. Für Entwickler gleichen sie jedoch meist einem Hochseilakt. Ändern sie zu wenig, werden sie dem Original nicht gerecht. Ändern sie zu viel, fühlen sich die Spiele nicht mehr wie das Original an.
Bei «Dragon Quest III HD-2D Remake» kann ich Entwarnung geben: Publisher Square Enix und den diversen Entwicklerteams, die mit dem Remake beauftragt sind, gelingt der Balanceakt. Das Spiel entzückt mich mit der modernen Optik und verzaubert mich mit der Magie alter JRPGs.
Augenscheinlich grösste Änderung ist die Grafik. Die orientiert sich wie bei so vielen Remakes klassischer JRPGs am «Octopath Traveler»-Stil. Im Gegensatz zu diesem ist die Unschärfe des Hintergrunds deutlich geringer. Dies haben die Entwickler auf Feedback von Serienschöfer Yuji Horii so angepasst. Mir gefällt das deutlich besser, als die krasse Unschärfe in «Octopath Traveler».
Die Farben sind dafür deutlich kräftiger als im Original. Sie nehmen aber den Geist der Version von 1988 gut auf. Highlight für mich sind die Kamerafahrten, die jedes Mal eingespielt werden, wenn ich einen neuen Ort betrete. Die Welt sieht einfach schön aus. Dazu tragen auch kleine Details, wie Vögel, die vorbeifliegen oder Bäume, die sich im Wind neigen, bei.
Auch die Grafik in den Kämpfen sieht toll aus. Wie im Original wird zwar in einer Art Egoperspektive gekämpft, aber die aufgefrischten Modelle und Animationen lassen mich glatt vergessen, dass ich meine Charaktere nicht sehe.
«Dragon Quest III» stammt aus dem Jahr 1988. Einer Zeit, in der die Charakterzüge der Heldinnen und Helden noch nicht so ausgearbeitet waren wie heute. Oder auch gar nicht, wie im Fall des vorliegenden Titels. Zu Beginn wähle ich Namen und Aussehen meines Charakters. Ich entscheide mich fürs weibliche Geschlecht und nenne meine Heldin Parani.
Gleich zu Beginn muss sich Parani einem Persönlichkeitstest unterziehen. Der hat aber keinen Einfluss auf die Geschichte, sondern lediglich auf die Entwicklung ihrer Attribute. So hat meine Heldin trotz Persönlichkeitstest den Charme eines Stocks. Alles, was ich über sie erfahre, erfahre ich von Drittpersonen. Weder sie noch ihre drei Begleitcharaktere sprechen während des Spiels. Emotionen muss ich interpretieren. Eine Identifikation mit Parani ist deshalb schwierig. Der Fokus der Erzählung ist klar auf die Geschichte gerichtet.
Parani ist das Kind von Ortega, einem bekannten Helden, der beim Versuch, den Erzfeind Baramos zu besiegen, verschollen ist. Baramos bedroht die Welt nun einmal mehr. Und so muss sich meine Heldin an ihrem sechzehnten Geburtstag aufmachen, sie zu retten. Verdonnert dazu wird sie vom König von Aliahan, der ihr ein paar Heilkräuter und 50 Gold mit auf den Weg gibt.
Bevor es aber so weit ist, kann ich mir noch drei Begleitpersonen abholen. Deren Klasse, Geschlecht und Aussehen kann ich ebenso wie jenes von Parani bestimmen. Ich entscheide mich für eine ausgewogene Party aus Heldin, Magier, Priester und Kämpferin.
Entschuldigung: Es sollte «Wohin genau?» heissen. Das weiss ich erstmal nicht und gehe orientierungslos los. «Dragon Quest III HD-2D Remake» folgt wie das Original einem Hands-off-Approach, wenn es ums Gameplay geht. Erklärt wird mir weder das Kampfsystem noch wie’s mit der Geschichte weitergeht. Das alles erfahre ich nebenbei, indem ich mit den zahlreichen, aber immer auf den vier, fünf gleichen Charaktermodellen basierenden NPCs spreche.
Zumindest fast: Optional kann ich im Remake Quest-Marker aktivieren, die mir auf der Karte mein nächstes Ziel angeben. Oder aber, ich kann von der Recall-Funktion Gebrauch machen. Mit dieser kann ich die letzten Zeilen der NPCs speichern und so jederzeit wieder abrufen, damit ich weiss Woingenau.
Ups, schon wieder, ich meine selbstverständlich «Wohin genau». Die Pokemon-Referenz kommt nicht von ungefähr, denn bereits in der nächstgrösseren Stadt stosse ich auf eine Monsterarena. Hier kann ich freundliche Monster, die ich überall verstreut in der Welt finde, gegen andere antreten lassen. Im Gegensatz zum Original steuere ich die Monster aber wie meine Heldin und Co. Die Arenen sind optional, es winken aber Geld und Gegenstände.
Gekämpft wird in «Dragon Quest III HD-2D Remake» wie im Original rundenbasiert. Heisst: Ich gebe meinen vier Charakteren – oder bis zu drei Monstern in der Arena – Befehle. Diese führen sie dann der Reihenfolge ihrer Agilität-Status-Werte nach aus. So weit, so bekannt.
Im Remake kann ich auch den Computer für mich kämpfen lassen. Dazu wähle ich das Verhalten der einzelnen Charaktere oder das der ganzen Gruppe aus: Alles geben, weise kämpfen, aufs Heilen fokussieren oder mich decken, stehen zur Verfügung. Aufgrund der vielen zufälligen Begegnungen mit Monstern ist der automatisierte Kampf ein willkommenes Quality of Life Feature.
Leider lassen sich die zufälligen Begegnungen weder verringern noch ganz ausschalten. Dafür kann ich die Geschwindigkeit der Kämpfe beeinflussen. Das ist ebenfalls ein willkommenes Feature, denn bereits vor dem ersten grösseren Gegner muss ich meine Gruppe erstmal hochleveln. Was durch die höhere Kampfgeschwindigkeit massiv vereinfacht wird.
Nach jedem Kampf erhalten meine Charaktere Erfahrungspunkte und steigen in Stufen auf. Neben verbesserten Statuspunkten winken neue Fähigkeiten. Diese kann ich nicht wählen, sondern sie werden von der Klasse und dem Level bestimmt. Deshalb ist eine ausgewogene Gruppe wichtig. Um einen Magier für Zauberattacken und einen Priester zum Heilen komme ich kaum herum. Deshalb kann ich lediglich die letzte Klasse frei bestimmen. Dennoch bietet das Kampfsystem genug Tiefe, um nicht langweilig zu werden. Es ist und bleibt aber ein 36 Jahre altes System.
Wie im Original kann ich meine Charaktere zu Beginn nur in der Kirche wiederbeleben. Später lernen meine Heldin und mein Priester zwar Zaubersprüche, aber ob die Reanimation erfolgreich ist oder nicht, ist dem Zufall überlassen. Es ist vorgekommen, dass ich den Zauberspruch vier, fünfmal anwenden musste. Das ist aus heutiger Perspektive nicht nur unnötig, sondern auch nervig. Hier hätte ich mir eine Anpassung gewünscht, zumal die Entwickler etwa beim Heilen ein Quality of Life Feature eingebaut haben. So kann ich im Menü bei der Playstation-Version die Dreieck-Taste gedrückt halten und alle Party-Mitglieder werden vollständig geheilt.
«Dragon Quest III HD-2D Remake» lädt zum Erkunden ein. In Töpfen finde ich Rüstungsgegenstände oder andere Gegenstände. Auf der Karte entdecke ich kleine, nicht eingezeichnete Gebiete. Von NPCs erfahre ich von versteckten Schätzen oder fern gelegenen Orten, die ich aufsuchen könnte. Auch wenn das Remake optisch modern daherkommt, bleibt die Magie der frühen JRPGs erhalten. Nicht umsonst gilt «Dragon Quest» als Blaupause für das Genre.
Besuche ich einen neuen Ort, wird immer eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt. Etwa jene eines tragischen Liebespaars à la Romeo und Julia. Oder die eines ehemals liebevollen Königs, der zum korrupten Tyrannen verkommen ist. Aus heutiger Perspektive, in der immer alles irgendeinen Zusammenhang haben muss und Charaktere immer wieder vorkommen, wirkt das altbacken. Bei einem neuen Spiel fände ich das auch schräg. Aber Geschichten wurden damals so erzählt.
Das Remake bietet zwar neue Story-Inhalte, verändert aber das Original nicht. Die wenigen neuen Passagen ergänzen die Geschichte sinnvoll – manchmal auch mit neuen Bosskämpfen. Ich muss mir auch in «Dragon Quest III HD-2D Remake» vieles zusammenreimen oder es wird meiner Fantasie überlassen. Hier haben die Entwickler eine hervorragende Balance gefunden.
Auch wenn meine Heldin profillos bleibt und die Geschichte durchschaubar und schwarz-weiss ist, zieht mich «Dragon Quest III HD-2D Remake» während 27 Stunden in seinen Bann. Das liegt nicht zuletzt am Soundtrack. Der ist schlicht fantastisch und untermalt die optisch aufgebohrte Welt von «Dragon Quest» perfekt. Die Entwickler kombinieren zudem den orchestralen Sound mit klassischen Soundeffekten, was dem Spiel seinen eigenen Charme verleiht.
«Dragon Quest III HD-2D Remake» erscheint am 14. November 2024 auf PC, Nintendo Switch, PlayStation 5, und Xbox Series. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Square Enix für Playstation 5 zur Verfügung gestellt.
«Dragon Quest III HD-2D Remake» wird dem Original in allen Belangen gerecht. Der sehr gute Klassiker wird dank der Remake-Behandlung noch besser.
Das fängt bei der schlicht genialen optischen und akustischen Präsentation an. Der HD-2D-Stil sah noch nie so gut aus. Es zieht sich weiter bei den vielen Quality of Life Features in den Menüs und dem Kampfsystem. Die wenigen Story-Erweiterungen sind sinnvoll und verfälschen den Geist des Originals nicht.
Kritisieren kann ich nur Details. Mit ihren 36 Jahren wirkt die Geschichte – und vor allem ihre Erzählweise – altbacken. Die Charaktere bleiben bis zum Ende blass. Aber das war schon beim Original so und gehört zum Retro-Charme. Bei den Quality of Life Features hätte ich mir vor allem noch die Möglichkeit gewünscht, die zufälligen Kämpfe ganz abzuschalten.
Pro
Contra
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.