Hintergrund

Ein Teleskop bringt mir die Sterne und meine Tochter näher

Aus einem Geburtstagsgeschenk hat sich ein unerwartetes Vater-Tochter-Hobby entwickelt.

Bisher beschränkte sich mein Weltraumwissen primär auf Infos zweiter Hand. Diese Hand gehört meiner siebenjährigen Tochter. Von klein auf war sie fasziniert von Planeten, Astronauten und Raketen. In jedes Freundschaftsbuch schreibt sie als Traumberuf Astronomin hinein. Darum war auch schnell klar, dass sich ihr Wunsch nach einem Teleskop zum Geburtstag nicht so schnell verflüchtigen würde.

Da ich tatsächlich noch nie durch ein Teleskop geschaut, geschweige eines besessen habe, musste ich mich erst schlaumachen. Und es kam, wie es kommen musste. Ich tauchte in kürzester Zeit in die unendlichen Weiten unzähliger Astronomie-Foren ein, las Testberichte über Okulare, lernte, was Brennweite bei einem Teleskop bedeutet und welcher Filter sich am besten für den Mond eignet. Je näher ich einem passenden Modell für meine Tochter kam, desto offensichtlicher wurde es, dass ich mir auch eins kaufen würde.

Für meine Tochter entschied ich mich schliesslich für das Celestron Starsense Explorer 114AZ. Ein einfach zu bedienendes Teleskop, das sich mit der dazugehörigen App perfekt für die ersten Himmelsbeobachtungen eignen sollte.

Ein gutes Einsteigerteleskop.
Ein gutes Einsteigerteleskop.

Mir selbst kaufte ich ein gebrauchtes Celestron Starsense Explorer Dobson 10", das ich zu einem guten Preis von einem freundlichen Senioren-Pärchen erstanden habe. Ihnen war das 25 Kilogramm schwere Gerät zu unbeweglich, um es ständig hin und her zu schleppen. Das Teleskop ist mit einer Länge von 130 Zentimetern tatsächlich riesig. Fast so riesig wie die Freude meiner Tochter, als sie zum Geburtstag ihr heiss ersehntes Geschenk erhielt. Allzu schwer war es hinter dem Geschenkpapier wohl nicht zu erraten.

Was könnte es nur sein?
Was könnte es nur sein?

Grosse Augen und strenge Schrauben

Sternengucken ist sehr wetterabhängig. Zu unserem Glück war es am Geburtstag und die darauffolgende Woche praktisch wolkenlos. Also schleppten wir, respektive ich, unsere Teleskope die nächsten Abende in unseren Garten. Dort haben wir relativ freie Sicht auf den Sternenhimmel.

Das kleinere Celestron kann auch meine Tochter problemlos herumtragen.
Das kleinere Celestron kann auch meine Tochter problemlos herumtragen.

Ursprünglich stand das Teleskop in ihrem Zimmer. Die mit Fingerabdrücken übersäten Fensterscheiben sind dem ohnehin lichtverschmutzten Himmel nicht sonderlich zuträglich. Ausserdem befindet es sich dann in Griffweite ihres manchmal etwas ungestümen jüngeren Bruders. So wohnt es mittlerweile zusammen mit meinem Teleskop in der Garage.

Zum perfekten Wetter in der Geburtstagswoche war obendrauf auch noch Vollmond. Er ist das mit Abstand dankbarste Objekt, um mit einem Teleskop bestaunt zu werden – sowohl mit dem günstigen der Tochter als auch mit meiner Raketenabschussrampe.

Zu viel darf man von einem günstigen Teleskop nicht erwarten, aber der Mond ist auch damit beeindruckend.
Zu viel darf man von einem günstigen Teleskop nicht erwarten, aber der Mond ist auch damit beeindruckend.

Und gestaunt haben wir – mit Betonung auf wir. Nicht nur meine Tochter machte grosse Augen, als sie zum ersten Mal durch ihr Teleskop schaute. Es ist unbeschreiblich, die Krater auf dem Mond mit eigenen Augen zu sehen. Zum ersten Mal seit Langem spürte ich diese ungebremste Faszination für den Weltraum. Die gleiche Faszination, die meine Tochter dazu verleitet, sich alle Kleidungsstücke, Spielsachen und Rücksäcke mit Weltraum-Thema auszusuchen.

Die Benutzung des Teleskops ist grundsätzlich relativ einfach. Schutzkappe weg, Rotpunktvisier auf das gewünschte Ziel richten und danach durchs Okular das Objekt bewundern. Für eine Erstklässlerin gibt es dennoch ein paar Hürden. Zum Lösen der Stellschraube für das Feinjustieren braucht man relativ viel Kraft. Das Teleskop wiederum wird durch die kleine Grösse sehr schnell unabsichtlich bewegt. Darum richte ich es bis auf Weiteres für meine Tochter ein.

Um das Teleskop zu justieren, muss eine Schraube gelöst werden. Für gewisse Kinderhände ist der Kraftaufwand zu gross.
Um das Teleskop zu justieren, muss eine Schraube gelöst werden. Für gewisse Kinderhände ist der Kraftaufwand zu gross.

Die Starsense-App, die dazugehört, kann hingegen jedes Kind bedienen. Ich klemme ein Smartphone in die Halterung, richte es kurz aus und schon zeigt die App an, wo das Teleskop gerade hinschaut. Danach kann meine Tochter einfach ein Objekt auf der Sternenkarte anklicken und die App zeigt mit Pfeilen, wohin das Teleskop bewegt werden muss. Oft schauen wir auch einfach in den Nachthimmel und suchen uns so ein Ziel aus.

Die Starsense-App ist perfekt, damit auch Anfänger schnell Beobachtungsobjekte finden.
Die Starsense-App ist perfekt, damit auch Anfänger schnell Beobachtungsobjekte finden.

Die Nacht gehört uns

Dass meine Tochter spätabends noch nach draussen darf – ohne Bruder oder Mama – trägt natürlich zur Aufregung bei. Ihr bisheriges Highlight ist der Besuch der Sternwarte in Winterthur. Die war an dem Abend zwar heillos überlaufen und der Blick auf Jupiter und Mars gar nicht so berauschend. Für sie war es dennoch ein grosses Abenteuer und sicherlich nicht das Letzte. Wir schmieden bereits Pläne für den Besuch des Sternenparks Gantrisch – dem einzigen Dark-Sky-Ort der Schweiz. Also einem Ort, der frei von Lichtverschmutzung ist.

Mit rotem Licht verengen sich die Pupillen weniger als mit grellem, weissen Licht.
Mit rotem Licht verengen sich die Pupillen weniger als mit grellem, weissen Licht.

Für meine Tochter und mich sind die Teleskope eine doppelte Bereicherung. Wir bewundern damit nicht nur den Nachthimmel, sie begeistern uns beide gleichermassen. Mit ihrem jüngeren Bruder teile ich die Passion für Games, Brettspiele und Playmobil – Dinge eben, die ich schon als Kind geliebt habe. Lange habe ich nach ähnlichen Gemeinsamkeiten mit meiner Tochter gesucht. Darum freut es mich umso mehr, dass wir mit der Beobachtung des Nachthimmels endlich ein gemeinsames Hobby gefunden haben.

Schade ist nur, dass es mit der Sommerzeit später dunkel wird. Das ist toll, um länger draussen zu bleiben, aber schlecht für eine siebenjährige Sternenguckerin, die um neun Uhr schlafen sollte. Aber bald sind ja Frühlingsferien. Dann können wir auch gleich die neuen Okulare ausprobieren, die ich bestellt habe. Natürlich weil beide das wollten und nicht weil sich der Papa mal wieder nicht zurückhalten konnte…

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 

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