Kritik

Filmkritik: «Godzilla vs. Kong» – Monster-Gekloppe und zerstörerische Extravaganza

Luca Fontana
1.4.2021

Das ist es. Darauf hat alles gewartet. Das Monster-Duell aller Monster-Duelle. Der König der Monster gegen den König des Dschungels. Hirn aus, Popcorn rein. Let’s get ready to rumble!

Eines vorweg: In dem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur das, was aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt ist.


Godzilla gegen Kong. Zwei der berühmtesten Kino-Bulldozer der Geschichte treffen aufeinander, sieben Jahre nach dem ersten 2014er «Godzilla». Spektakel garantiert? Sowas von. Selbst dann, wenn von Chancengleichheit eigentlich keine Rede sein dürfte.

Im Klartext: Da ist Godzilla, so gut wie unzerstörbar, ausgestattet mit atomarem Atem und gross wie ein Wolkenkratzer. Dort Kong, zwar deutlich empfindungsfähiger, vielleicht sogar cleverer, aber eigentlich kleiner. Eigentlich. Seit seinem 2017er Outing in «Skull Island» ist Kong plotbedingt nämlich um siebzig Meter gewachsen. Chancengleichheit und so.

Aber, ganz ehrlich, who cares. Wer gibt schon was auf Kontinuität in einer Serie, die 1954 mit einem Judo praktizierenden Mann im 100-Kilo-Gummikostüm angefangen hat?

  • Hintergrund

    And cut! Godzilla hat einen eigenen Kampfstil erfunden und einen schwarzen Gürtel in Judo

    von Dominik Bärlocher

Eben. Stattdessen soll es einfach krachen. Dinge kaputt gehen. Ganze Städte, vielleicht. Und das alles möglichst kreativ und ohne allzu viel ablenkendes Blabla, das sowas wie – soll ich’s aussprechen? Ich sprech’s aus – Plot vorgaukeln soll.

Ob «Godzilla vs. Kong» liefert?

Ein bisschen Plot muss sein

Skull Island. Kong ist riesig. Zu riesig für die kleine Insel, findet Monarch-Mitarbeiterin Ilene Andrews (Rebecca Hall), die zusammen mit dem adoptierten, stummen Ureinwohner-Mädchen Jia (Kaylee Hottle) Verhaltensforschung bei Kong betreibt. Ihn freizulassen kommt dennoch nicht in Frage: Kong ist ein Alpha-Titan. Genauso wie Godzilla, der seit dem letzten Teil wohl quer durch die Weltgeschichte gedümpelt ist. Ein Krieg zwischen den beiden wäre unvermeidlich – genauso wie der darauffolgende, kaum bezifferbare Kollateralschaden.

Indes greift Godzilla, der einstige Held der Menschheit und König der Monster, eine Einrichtung des amerikanischen Tech- und Robotik-Unternehmens Apex Industries an und hinterlässt dabei eine wüste Schneise der Zerstörung. Apex ist klar: Dem muss Paroli geboten werden.

Apex’ Lösung: Eine mysteriöse Energiequelle im Mittelpunkt der Erde. Sie könnte die Menschheit wieder zur vorherrschenden Spezies auf der Erde machen. Zur Quelle soll sie Kong selbst führen. Denn: Der Mittelpunkt der Erde ist hohl und der Ort, wo sämtliche Titanen erst hergekommen sind. Damit liessen sich zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen: Kong kriegt eine neue Zuflucht – und die Menschheit ihre Waffe gegen Godzilla.

Ein Regisseur, der sein Handwerk versteht

Eines ist «Godzilla vs. Kong»-Regisseur Adam Wingard zu jeder Sekunde bewusst: Das ist nicht die Art von Film, bei der allzu viel nachgedacht werden soll.

Wingard, der zuletzt «Death Note» für Netflix inszeniert hat, scheint diesbezüglich gar ein Statement setzen zu wollen: «Who‘s the idiot who came up with that idea?» oder «An energy source in the centre of the world? That‘s even nuts for you» sind Dinge, die zwar die Charaktere im Film sagen, die aber genauso gut Zitate verzweifelter Storywriter oder kopfschüttelnder Studiobosse sein könnten.

Ein «Was zum...» ist sogar mir das eine oder mal rausgerutscht.

Godzilla greift wahllos Menschen an – und niemand weiss, warum.
Godzilla greift wahllos Menschen an – und niemand weiss, warum.
Quelle: © 2021 LEGENDARY AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED. GODZILLA TM & © TOHO CO., LTD.

Egal. Darauf kommt’s auch gar nicht an. Und so Intelligenz-beleidigend wie «Pacific Rim 2: Uprising» ist «Godzilla vs. Kong» gottseidank nie. Wir erinnern uns: Ein 13-jähriges Mädchen baut dort in ihrer Garage aus herumliegenden Trümmern einen Roboter – einen Jaeger. Im ersten «Pacific Rim» haben dafür noch ganze Nationen zusammenspannen müssen, weil der Bau eines Jaegers für ein einzelnes Land schlicht zu episch ist – geschweige denn für ein minderjähriges Mädchen in ihrer kleinen Garage.

Langjährige Godzilla-Veteranen ahnen bereits, worauf dieser Vergleich hinausläuft.

In «Godzilla vs. Kong» ist der Plot stattdessen dazu da, um Monster und Charaktere von Punkt A nach Punkt B zu bekommen. Das ist okay. Mehr erwarte ich gar nicht. Mehr will ich gar nicht.

Kong etwa wird auf einem Flugzeugträger angekettet. Dieser sollihn in die Antarktis befördern, wo sich der Eingang zu einem komplexen, unterirdischen Tunnelsystem befindet, durch den sich Titanen deutlich schneller als überirdisch bewegen können und der gleichzeitig der Zugang zur hohlen… ah, lassen wir’s. Es hört sich auch in Textform furchtbar hirnverbrannt an.

Das geht ans Herz.
Das geht ans Herz.
Quelle: © 2021 LEGENDARY AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED. GODZILLA TM & © TOHO CO., LTD.

Der Punkt ist: Aus filmischer Perspektive beschert uns Regisseur Wingard immer wieder fantastische Schauplätze für Godzillas und Kongs epische Schlägereien. Auf dem Wasser. Unter Wasser. In einer Jules-Verne-artigen, unterirdischen Welt. In schillernden Metropolen. Nice.

Dazu kommt, dass Wingard genau weiss, wie er den Schlagabtausch zwischen seinen Monstern aufzubauen und zu inszenieren hat. Runde Eins, zum Beispiel. Kaum ist Kong von seinem verborgenen, geschützten Skull Island wegverfrachtet, nimmt Godzilla die Witterung auf. «Das können Titanen», die saloppe, aber befriedigende Erklärung.

Wissenschaft, Mann!

Tatsächlich inszeniert Wingard aber ein Wettrennen gegen die Zeit: Erreicht Kong die Antarktis, bevor Godzilla ihn aufspürt? Oder kommt’s vorher zum Krieg, den alle zu verhindern versuchen? Godzilla versteht keinen Spass, imfall.

Round One: Fight!
Round One: Fight!
Quelle: © 2021 LEGENDARY AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED. GODZILLA TM & © TOHO CO., LTD.

Clever, Wingard, wirklich clever.

Action-Tohuwabohu zur goldenen Stunde

Dann ist da aber noch die Kameraarbeit von Ben Seresin, unter anderem verantwortlich für das zumindest optisch ansprechende «World War Z». Es geht wohl auch auf seine Kappe, dass die ganze Städte zerstörende Action hauptsächlich zur goldenen Stunde stattfindet. In der Fotografie wird so die Zeitspanne kurz nach dem Sonnenaufgang oder kurz vor dem Sonnenuntergang bezeichnet. «Godzilla vs. Kong», dem Film, steht das unfassbar gut.

So kracht und rummst es während den 113 Minuten Laufzeit auf beinahe hypnotisch schöne Art und Weise. Die Gewalt kommt dabei angemessen wuchtig rüber. Schliesslich prügeln da mehrere zehntausend Tonnen aufeinander ein. Wenn die Gesetze der Physik wenigstens ein bisschen greifen – und das tun sie in «Godzilla vs. Kong» – dann bewegt sich so viel Masse nicht ganz so schnell und gelenkig wie Jackie Chan zu seinen besten Stunden.

Der berüchtigte, atomare Atem Godzillas
Der berüchtigte, atomare Atem Godzillas
Quelle: © 2021 LEGENDARY AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED. GODZILLA TM & © TOHO CO., LTD.

Darum vermittelt die Behäbigkeit, mit der Godzilla zum Schlag ausholt, pure Kraft. Die schweren und langsamen Schritte, mit denen das Echsen-Vieh auf Kong zustapft, vermitteln Realität und reissen mit. Regisseur und Kameramann haben verstanden, wie ein entsprechend langsamer, ruhiger Schnitt viel besser zu dieser rohen Gewalt passt als das viel zu schnell geschnittene «Pacific Rim 2: Uprising».

Ein paar wenige Ausnahmen gibt’s trotzdem. In einer Szene etwa holt Kong gar Parcours mässig zum Schlag aus, in dem er seitwärts an einem Hochhaus entlangrennt und sich dann daran abstösst, um mehr Wucht in seine Schläge zu bekommen. Das sieht im ersten Moment etwas zu computeranimiert aus. Aber im Grunde ist Kong ein viel zu grosser Affe. Etwas mehr Wendigkeit als Godzilla steht ihm da durchaus zu.

Aber: Immer wieder der gleiche Fehler

Wo «Godzilla vs. Kong» in puncto Bombast und Prämisse absolut abliefert, erlaubt sich der Film den gleichen Fehler, den seine beiden Vorgänger – «Godzilla» und «Godzilla: King of the Monsters» – erlaubt haben: Menschen.

Nicht, dass der Film keine Menschen verträgt. Im Gegenteil: Ihre Perspektive erzeugt eine gewisse Skalierung – sie lässt uns das schiere Ausmass eines Kampfes der Titanen überhaupt erst spüren. Und der Plot um Ilene und Jia, die dank Zeichensprache gar mit Kong kommunizieren können, ist sogar richtig gut und gibt dem Film etwas emotionale Tiefe, die ich nicht habe kommen sehen.

Das ist der Menschen-Plot, der tatsächlich funktioniert.
Das ist der Menschen-Plot, der tatsächlich funktioniert.
Quelle: © 2021 LEGENDARY AND WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. ALL RIGHTS RESERVED. GODZILLA TM & © TOHO CO., LTD.

Aber dann ist da noch der langweilige, viel zu Klischee-verseuchte Plot um die junge, unerschrockene Madison Russell (Millie Bobby Brown), die zusammen mit einem unlustigen Verschwörungstheoretiker (Brian Tyree Henry) und einem trotteligen, übergewichtigen Möchtegern-Hacker (Julian Dennison) in die geheime Zentrale von Apex Industries einbrechen will, weil «wenn wir’s nicht tun, dann tut’s niemand».

Ehrlich, hätte es diesen Kinder-riechen-den-Braten-vor-den-Erwachsenen-Plot wirklich gebraucht? Nö. Jede Sekunde, die wir mit diesen Charakteren verbringen, macht den Film schlechter.

Fazit: Kann man so machen

Was bleibt, ist ein Popcorn-Film, der sich dessen bestens bewusst ist und keinen Hehl daraus macht. Gut so. Wo «Godzilla vs. Kong» draufsteht, wollen wir «Godzilla vs. Kong», und das so bombastisch wie nur irgendwie möglich.

Ja, da gibt’s Menschen im Film. Die teilen sich zwei Plot-Stränge: Der eine ist sogar richtig gut und hätte für den Film mehr als genügt. Der andere, der um «Stranger Things»-Darstellerin Millie Bobby Brown, der ist dafür richtig mies. Schade. Zu gross der Drang, ihren Namen aufs Filmplakat zu setzen – egal wie.

Den Film kann ich trotzdem nur empfehlen. Schliesslich macht er zumindest eines verdammt richtig: Das Duell der Könige endet mit einem klaren Sieger.


«Godzilla vs. Kong» läuft seit dem 24. März dort im Kino, wo Kinos geöffnet haben, und seit dem 31. März auf HBO Max. Ein offizieller Schweizer oder Deutscher Kinostart ist noch nicht bekannt.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 

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