Kritik

Filmkritik: «Terminator: Dark Fate» – endlich eine vernünftige Fortsetzung

Luca Fontana
23.10.2019

Kaum aus dem Kino, bin ich mir sicher: «Terminator: Dark Fate» wird seine Fans glücklich machen. Denn der sechste Teil der Reihe, inszeniert als solider Actionkracher, ignoriert nicht nur alle Fortsetzungen seit Teil 2, sondern bringt auch endlich Linda Hamilton als Sarah Connor zurück – und die rockt.

Eines vorweg: In der Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur das, was aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt ist.

Mehr als zwei Jahrzehnte sind vergangen, seit Sarah Connor (Linda Hamilton) und ihr Sohn, John (Edward Furlong), den Judgement Day verhindert, die Zukunft verändert und das Schicksal der Menschheit neu geschrieben haben. Für den vermeintlichen Frieden bezahlen sie einen hohen Preis.

Aber in der neuen Gegenwart muss sich die junge Dani Ramos (Natalia Reyes), ein scheinbarer Niemand der Arbeiterklasse Mexikos, vor einem aus der Zukunft auftauchenden Terminator der Rev-9-Klasse (Diego Luna) retten: Wenn sie getötet wird, stirbt die Menschheit. Das weiss sie, weil Grace (Mackenzie Davis), ein Nanobot-verbesserter Supersoldat, der ebenfalls aus der Zukunft stammt, ihr helfend zur Seite steht.

Als die Situation ausweglos erscheint, taucht aus dem Nichts eine alte Bekannte mit offener Rechnung auf: Sarah Connor.

Skynet ist nicht mehr, die Apokalypse droht trotzdem

Eines muss ich den Machern von «Terminator: Dark Fate» lassen: Sie sind clever. Nein, sie erfinden Terminator nicht neu. In keinster Weise. Eigentlich wiederholen sie gar dieselbe Story von Teil eins bis sechs minus Teil vier. Das dürfte eigentlich gar nicht gut gehen. Aber «Dark Fate» funktioniert. Er ist sogar der erste «Terminator» seit dem legendär guten zweiten Teil aus dem Jahr 1991, «Judgement Day», der einer Terminator-Fortsetzung würdig ist – für mich die grösste Überraschung.

Ja, Arnold Schwarzenegger ist auch wieder dabei. Er ist aber nicht der Grund, warum «Dark Fate» funktioniert.
Ja, Arnold Schwarzenegger ist auch wieder dabei. Er ist aber nicht der Grund, warum «Dark Fate» funktioniert.
Quelle: Paramount Pictures

Wegweisend für «Dark Fates» Gelingen ist, dass der Film direkt ans Ende von Teil 2 ansetzt – wortwörtlich. Damit ignoriert er die späteren Fortsetzungen und entledigt sich all jenes schädlichen Ballasts, den sie mit sich gebracht hätten. Inklusive einer total verkorksten Zeitlinie beyond repair. Das ist – wie schon gesagt – clever.

Und wenn ich von cleveren Machern rede, dann meine ich James Cameron, dem Schöpfer und Regisseur der ersten beiden Terminator-Filmen anno 1984 und 1991. Er wollte nämlich nur dann zum erst dritten Terminator-Film seiner Karriere zurückkehren, wenn er mit den anderen verhunzten Fortsetzungen, von denen er die Finger gelassen hatte, tabula rasa machen dürfe. Nicht als Regisseur, aber als Produzent und Storyberater. Und das tut dem Film saumässig gut. Gerade im Vergleich mit «Genisys».

James Cameron kehrt für «Terminator: Dark Fate» zum Franchise zurück – zum erst dritten Mal.
James Cameron kehrt für «Terminator: Dark Fate» zum Franchise zurück – zum erst dritten Mal.
Quelle: flickr.com

Zusammen mit den Drehbuchautoren David S. Goyer, Justin Rhodes und Billy Ray gibt Cameron eine simple Story vor, die packt. Denn sie braucht nicht lange, um klar zu machen, worum’s geht, wie hoch die Einsätze sind und worauf’s hinausläuft – etwas, das Camerons Filme alle gemeinsam haben. Regisseur Tim Miller, bekannt durch «Deadpool», unterstreicht das mit einer geradlinigen Regie, die trotz der einfach gestrickten Handlung seinen Charakteren die nötige Tiefe gibt, um sie in der bombastischen Action nicht zur Randnotiz verkommen zu lassen.

Das ist etwas, das ich an «Dark Fate» ungemein zu schätzen weiss.

Ein Actionkracher durch und durch – trotz R-Rating

Fans des ersten Terminator-Films müssen jetzt stark sein: Nein, «Dark Fate» ist trotz seinem R-Rating – einer Altersfreigabe in den USA, die unter anderem für die Darstellung intensiver Gewalt vergeben wird – kein Horrorfilm im Science-Fiction-Gewand, sondern ein solider Actionkracher. Ist der vielgelobte «Judgement Day» aber auch. «Dark Fate» befindet sich in guter Gesellschaft.

Action ist ein gutes Stichwort. Es kracht gewaltig in «Terminator: Dark Fate». Das ist meistens gut umgesetzt. Allerdings übertreibt es der Film etwas mit dem Einsatz von Computereffekten. Für meinen Geschmack hätte da etwas mehr handgemachte Action à la «Mission Impossible 6» besser zum «grim and gritty»-Look des Films gepasst – um Camerons Worte an der San Diego Comic Con vergangenen Sommer zu zitieren.

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    von Luca Fontana

Denn wenn die Maschinen gegeneinander kämpfen, dann fühlt sich das oft wie der Neo-gegen-Agent-Smith-Kampf aus «Matrix: Reloaded» an.

Ich meine: Wo sich etwa 180 Kilo schwere Roboter bekämpfen, da will ich das schiere Gewicht in jedem Schritt, Schlag und Sturz fühlen. Tue ich in «Dark Fate» aber nicht. Stattdessen bekämpfen sich Terminatoren wie federleichte Ninjas, die feierlich von A nach B springen und dabei wildeste Martial-Arts-Choreos abfeuern.

Auf dem Bild versammelt sich fast eine halbe Tonne – in der Action wirken sie wie Fliegengewichte
Auf dem Bild versammelt sich fast eine halbe Tonne – in der Action wirken sie wie Fliegengewichte
Quelle: Paramount Pictures

Wenn die Figuren gerade nicht computeranimiert sind, dann gefällt die Action. Mackenzie Davis als Grace etwa. Sie überrascht mit einer wuchtigen, aber zu Herzen gehenden Performance als Supersoldatin und hinterlässt tatsächlich einen bleibenden Eindruck. Vielleicht die beste Ergänzung neben Linda Hamilton. Dazu später mehr.

Immerhin: Kameramann Ken Seng, der schon bei «Deadpool» mit Regisseur Tim Miller zusammengearbeitet hat, tut gut daran, das Geschehen mit ruhiger Hand einzufangen. Passé sind die Zeiten, als jeder Actionfilm die Wackelkamera zelebrierte, nur, weil sie in den «Bourne»-Filmen so gut funktioniert hatte. Ich hasste sie. Gott, ich hasste sie wirklich. Zum Glück hat «John Wick» im Jahr 2014 eine Gegenbewegung ausgelöst, die Action wieder sichtbar macht und die bis heute anhält.

Sarah Connor, der Kern der «neuen» Terminator-Trilogie

Das grösste Kapital von «Terminator: Dark Fate» ist aber Linda Hamilton. Sie gibt Sarah Connor, als ob keine 18 Jahre zwischen «Judgement Day», ihrem letzten Auftritt, und «Dark Fate» vergangen wären. Die strahlt eine derart gewaltige Leinwandpräsenz aus, dass sie selbst jene Arnold Schwarzeneggers locker in den Schatten stellt.

Linda Hamilton ist wohl «Dark Fates» grösster Triumph.
Linda Hamilton ist wohl «Dark Fates» grösster Triumph.
Quelle: Paramount Pictures

Linda Hamilton als Sarah Connor ist das, was «Dark Fate» allen Fortsetzungen seit «Judgement Day» wirklich voraus hat. Das wird mir beim Schreiben dieser Zeilen umso bewusster, wenn ich die drei Filme, bei denen James Cameron mitgewirkt hat, isoliert betrachte. «Terminator» ist zwar der Name des Franchises, aber genauso gut könnten wir von der «Sarah Connor»-Trilogie reden. Und plötzlich fällt’s mir wie Schuppen von den Augen:

«Terminator» ist Sarah Connors Geschichte. War es immer schon. Schon seit dem ersten Teil aus dem Jahre 1984.

Jetzt, da ich das erkannt habe, ist mir auch klar, weshalb keine einzige Fortsetzung seit «Judgement Day» hat funktionieren können. Ja sogar von Vornherein zum Scheitern verurteilt war. Denn ohne Linda Hamiltons Sarah Connor fehlte der emotionale Kern der Reise, die im ersten «Terminator» begonnen hatte. Alles, was danach kam, waren keine echte Fortsetzungen, sondern bestenfalls Spin-Offs.

Mackenzie Davis, die Überraschung des Films, hinterlässt tatsächlich einen bleibenden Eindruck.
Mackenzie Davis, die Überraschung des Films, hinterlässt tatsächlich einen bleibenden Eindruck.
Quelle: Paramount Pictures

Schau dir «Rise of the Machines» an, eine Schwarzenegger-Show, die niemanden überzeugt. Oder «Salvation», das sich an John Connor aus der Zukunft versucht, ihn mit Charakterdarsteller Christian Bale vermenschlicht und scheitert, weil Zukunfts-Connor nur als glorifizierter Über-Gott funktionieren kann. Über den Clusterfuck «Genisys», der mehr auf die Nostalgie-Karte setzt als darauf, ein guter Film zu sein, brauchen wir gar nicht erst zu reden.

Wer also die Idee hatte, Linda Hamilton anzurufen und sie zu einer Rückkehr zu bewegen, dem gebührt der Titel desjenigen, der das Terminator-Franchise endlich wieder auf Kurs gebracht hat. Es würde mich nicht wundern, wenn das James Cameron gewesen ist.

Fazit: Grossartige Fortsetzung, trotz Vorhersehbarkeit

Wollte ich streng sein, dann würde ich dem Film seine Vorhersehbarkeit und der zu dick aufgetragene Einsatz von Computereffekten zum Vorwurf machen.

Ich will aber nicht streng sein. Zu packend ist die Story trotz alledem, zu solid die Inszenierung der Action – und zu überwiegend die Wirkung Linda Hamiltons. Die schafft es doch tatsächlich, dass Arnold Schwarzeneggers Rückkehr als T-800 zur Randnotiz verkommt, auch in dieser Review. Das soll ihr mal einer nachmachen.

Also: Wenn’s so weitergeht, dann darf «Terminator: Dark Fate» auf keinen Fall der letzte Teil der Reihe sein. Nur sollte im nächsten Film tatsächlich mal was Neues anstehen als zum x-ten Mal die Weltrettung, weil ein aus der Zukunft stammender Terminator mal wieder jemanden töten will.

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