Hintergrund
Warum ich in den Ferien künftig analog fotografiere
von Samuel Buchmann
Ich will meine Fotos auf Papier sehen und falle in den Kaninchenbau des Fine Art Printings. Im ersten Teil dieser Serie nehme ich zwei A2-Drucker unter die Lupe und hinterfrage kritisch, ob sich der Aufwand lohnt.
Gedruckte Fotos haben Gewicht. Sie zeigen gnadenlos jeden Fehler einer Aufnahme. Dafür bin ich stolzer auf gelungene Fotos und schaue sie öfter an. Das alles fiel mir auf, als ich letztes Jahr eine Reise lang analog fotografierte. Die Abzüge fühlten sich wichtiger an als digitale Bilderfluten auf Festplatten. Sie waren fassbar.
Der Nerd in mir war aber unzufrieden mit der Qualität der Abzüge. Feine Strukturen waren Matsch und die Bilder hatten einen Farbstich. Ähnlich geht es mir, wenn ich digitale Bilder bei Online-Anbietern drucken lasse. Sie sehen fast nie so aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Hänge ich sie im sonnigen Wohnzimmer auf, bleichen sie zudem schnell aus.
Will ich mehr Qualität und mehr Kontrolle, muss ich selber drucken – und zwar richtig. Doch lohnt sich der Aufwand? In dieser dreiteiligen Serie nehme ich dich mit in den Kaninchenbau des Fine Art Printings. Als erstes geht es um Grundlagen und Drucker.
Fine Art Printing lässt sich mit «Feiner Kunstdruck» übersetzen. Unter dem luftigen Begriff versteht man gemeinhin das Drucken in hoher Qualität mit langlebiger Tinte auf hochwertigem Papier. Ein Foto auf billigem Hochglanzpapier aus einem vierfarbigen 300-Franken-Multifunktionsgerät ist kein Fine Art Print. Marketingversprechen, die das behaupten, sind Quatsch.
Was einen guten Fine Art Print auszeichnet:
Ob es das alles braucht, hängt von der Verwendung der Prints ab: Willst du nur einen Schnappschuss aus den Ferien an den Kühlschrank heften, ist dazu keine Fine-Art-Qualität nötig. Anders sieht es aus, wenn du deine Fotos ausstellen, verkaufen oder archivieren willst. Dann ist nur das Beste gut genug und die Bilder müssen lange haltbar sein.
Die Auswahl an Fotodruckern mit Pigmenttinten ist überschaubar. Epson und Canon haben den Markt fest im Griff. Für Profis gibt es von beiden Herstellern Geräte, mit denen sich Fotos riesengross ausdrucken lassen. Der Epson SureColor SC-P9500 kann zum Beispiel 112 Zentimeter breites Papier ab Rolle bedrucken.
Für den Heimgebrauch sind solche Grossformatdrucker zu sperrig. Hier sind Geräte interessant, die noch auf einen Tisch passen. Von Epson sind das der SureColor SC-P700 und SC-P900. Von Canon der imagePROGRAF PRO-300 und PRO-1000. Die kleineren Modelle können Papiere bis A3+ bedrucken, die grösseren bis A2+. Die von Epson auch ab Rolle – bis zu einer Breite von 32,9 cm (SC-P700) oder 43,2 cm (SC-P900). Bei letzterem musst du die nötige Roll Unit separat kaufen.
Weil Fine-Art-Drucker ein Nischenprodukt sind, geht die Entwicklung langsam voran und Innovationen sind rar. Die Produktzyklen dauern viel länger als bei anderen technischen Geräten. Der Canon PRO-300 sowie Epsons aktuelle Modelle kamen 2020 auf den Markt und gelten damit als relativ neu. Der Canon PRO-1000 ist bereits acht Jahre alt, was ihn nicht automatisch schlechter macht. Er könnte aber bald einen Nachfolger erhalten.
Ich entscheide mich bei meinem Selbstversuch für einen Vergleich der beiden A2-Drucker. Den zusätzlichen Platzbedarf gegenüber den A3-Modellen finde ich vertretbar. Das grössere maximale Papierformat wiegt den Nachteil auf. Meist drucke ich zwar in A3+, das sich für Bilder im 3:2-Format gut eignet. Aber für Bilder zum Aufhängen will ich die Option A2. Hier eine Übersicht der gängigsten Papierformate von Fine-Art-Papieren:
Einen Unterschied zwischen dem Epson SC-P900 und dem Canon PRO-1000 spüre ich schon vor dem Auspacken: Canons Drucker ist ein 32 Kilogramm schweres Biest. Die Schachtel ist zudem so sperrig, dass ich sie unmöglich alleine tragen kann. Epsons Modell wiegt mit 15 Kilogramm nicht mal die Hälfte und lässt sich auch ohne Hilfe an einen anderen Ort bewegen. Trotz des gleichen Druckformats ist der SC-P900 auch viel kompakter. Das spart Platz auf dem Tisch.
Bei Fine-Art-Printern darfst du nicht auf «Plug and Play» hoffen. Das Einrichten dauert über eine Stunde. Bei Epson müssen zehn und bei Canon zwölf verschiedene Tintenpatronen geschüttelt und eingesetzt werden. Es folgen Software-Installationen und Initialisierungsprozesse. Immerhin erhalte ich bei beiden Herstellern detaillierte digitale Instruktionen. Die von Epson sind besser illustriert.
Nach der Installation geht die Prozedur erst richtig los. Ich fluche über die unübersichtliche Struktur der Einstellungen. Für ein korrektes Ergebnis brauche ich den richtigen Treiber, das richtige Farbprofil für mein Papier, die richtigen Photoshop-Einstellungen und die richtigen Drucker-Einstellungen. Ja, das sind alles verschiedene Dinge. Als ich vor Jahren das erste Mal druckte, war ich davon völlig überfordert. In diesem Artikel gehe ich nicht näher auf Einstellungen ein, im nächsten dafür eingehend.
Die gute Nachricht zu beiden Druckern: Mit den richtigen Einstellungen liefern sie fantastische Resultate. Ich würde sie als gleichwertig bezeichnen. In einem Blindtest könnte ich niemals erraten, welcher Print aus dem SC-P900 und welcher aus dem PRO-1000 stammt. Die Farben sehen bei beiden brillant aus und ich kann feinste Strukturen erkennen, solange das Quellmaterial gut genug ist. Es macht unheimlich Spass, zuhause Bilder in dieser Qualität zu drucken.
Auch beim Handling sind die Unterschiede klein. Hier hat Epson Fortschritte gemacht: Das Vorgängermodell SC-P800 musste beim Wechsel von mattem auf glänzendes Papier die Schwarzpatrone umschalten. Das war nervig und kostete wertvolle Tinte, weil der Schwarz-Kanal im Druckkopf jedesmal gespült wurde. Der SC-P900 hat endlich separate Kanäle für die beiden Patronen – genau wie der Canon PRO-1000. Auch beim Einzug hat Epson nachgebessert. Er positioniert das Papier nun zentral und «verschluckt» sich nicht mehr ständig, wie das beim SC-P800 der Fall war. Auch das ist ein Problem, das der Canon PRO-1000 nie hatte.
Während meines Tests holen sich die Drucker Papiere bis zu 250 g/m² zuverlässig über den oberen Einzug. Ab 300 g/m² gibt es bei beiden Aussetzer. Für so dicke Papiere empfiehlt sich der manuelle Einzug. Dieser ist beim Canon PRO-1000 deutlich benutzerfreundlicher. Ich kann einzelne Papiere in einen tieferen Einzug auf der Rückseite bis zum Anschlag reinschieben, danach übernimmt der Drucker. Beim Epson SC-P900 muss ich vorne einen Schlitten ausziehen und das Papier einfädeln. Eine fummelige Angelegenheit. Nachdem ich per Touchscreen bestätige, bringt der Drucker das Papier in die finale Position und ich muss den Schlitten wieder schliessen. Erst dann kann es losgehen. Verwendest du viel schweres Papier, wirst du dich mit der Zeit über den umständlichen Vorgang aufregen.
Bevor du jetzt losrennst und dir einen der zwei Drucker kaufst, solltest du dir über die weiteren Kosten im Klaren sein. Fine Art Printing ist teuer.
Neben dem Drucker brauchst du einen guten Monitor. Ohne kannst du Bilder nicht vernünftig beurteilen und verschwendest sinnlos Tinte und Papier. Der Bildschirm sollte den AdobeRGB-Farbraum möglichst vollständig abdecken und korrekt darstellen. Am besten eignet sich ein spezialisiertes Gerät wie der Eizo CG2700X, den ich auch für meinen Test benutze. Gute Alternativen gibt es von BenQ, Asus oder Dell.
Im Minimum solltest du deinen Monitor mit einem Kolorimeter wie dem Datacolor Spyder X Pro kalibrieren. Damit du die fertigen Prints richtig beurteilen kannst, muss auch das Licht an deinem Arbeitsplatz stimmen. Für einen wirklich farbverbindlichen Workflow gibt es teure genormte Leuchtmittel. So weit musst du nicht gehen. Schon eine Lampe mit gutem CRI-Wert ist hilfreich. Ein weiteres nützliches Zubehör sind Baumwollhandschuhe, damit du deine Prints nicht mit Fingerabdrücken ruinierst.
Richtig ins Geld geht die Tinte. Ein Satz Patronen kostet bei Epson 400 Franken für insgesamt 500 Milliliter. Bei Canon sind es 600 Franken für 960 Milliliter. Wie viele Fotos du damit drucken kannst, hängt ab von Grösse, Papier und Druckqualität. Für ein Bild im Format A3+ verbrauchst du laut Tests durchschnittlich Tinte im Wert von rund 2 Franken. Druckst du nur wenige Bilder aufs Mal, geht zudem viel Tinte für die Reinigung drauf.
Und dann wäre da noch das Papier. Günstige Varianten von Epson und Canon schlagen mit 1 Franken pro Stück A3+ zu Buche. Sie sind für kurzlebige Drucke völlig in Ordnung. Doch säurefreie Fine-Art-Papiere wie ein Hahnemühle Photo Rag kosten das Vierfache – und sind ihren Preis wert, wenn ein Print besonders gut aussehen und lange halten soll.
Ein weiterer Kostenfaktor: Ausschuss. Nicht jeder Print sitzt auf Anhieb. In Anfällen von geistiger Umnachtung habe ich schon falsche Farbprofile ausgewählt oder auf einem A3-Papier ein A4-Bild gedruckt. Und selbst nach der Beurteilung des Fotos auf einem farbtreuen Monitor kann ein Print mal zu dunkel wirken oder mir anderweitig nicht gefallen. Ich schätze die Gesamtkosten pro gelungenem Print für mich wie folgt ein:
Auch den Platzbedarf gilt es zu bedenken. Alleine der Drucker braucht einen halben Bürotisch. Nicht zu unterschätzen ist die Länge der Auszüge vorne und hinten. Der leichtere Epson SC-P900 lässt sich immerhin kompakt zusammenklappen und verstauen, falls du ihn nur selten benutzt. Beim Drucken willst du auf dem Tisch auch Platz für eine offene Schachtel Papier haben, da du schwere Medien am besten Stück für Stück einlegst.
Fertige Prints musst du irgendwo auslegen können. Das braucht besonders viel Raum, wenn du mehrere Bilder nebeneinander betrachten willst. Zum Beispiel, weil sie Teil einer Serie sind. Am besten eignet sich ein Ort mit viel Tageslicht. Etwa ein Esstisch am Fenster. Prints fürs Archiv gehören sauber sortiert in Boxen. Auch die stapeln sich mit der Zeit – und gehören nicht in einen feuchten Keller. Die Tinten und Papiere fühlen sich am wohlsten bei konstanten Temperaturen um die 20 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von rund 40 Prozent.
Wie du siehst, bedeutet es einen beträchtlichen Aufwand, Bilder selber in hoher Qualität zu drucken. Finanziell gesehen macht das nur Sinn, wenn du es regelmässig tust. Andernfalls rechnen sich die Anschaffungskosten kaum und du verschwendest viel Tinte für die Reinigung des Druckkopfs. Für ein paar Fine Art Prints im Jahr bringst du deine Fotos lieber zu einer professionellen Druckerei. Der Nachteil am Gang zum Profi: Er stellt jedes Mal eine Hürde dar und du gibst einen Teil der Kontrolle ab.
Als Hobbyfotograf betrachte ich die Frage eher philosophisch: Macht Fine Art Printing so viel Spass, dass es sich lohnt? Meine persönliche Antwort habe ich noch nicht gefunden. Die Freude über gelungene Prints ist zwar gross. Ich weiss jedoch nicht so recht, was ich damit anstellen soll. Aufhängen? Ja, aber irgendwann sind die Wände voll. Verschenken? Ja, aber nur, wenn die Person etwas damit anfangen kann. Archivieren? Ja, aber nur, wenn sie später überhaupt jemand anschaut.
Dem Spass am grossformatigen Drucken gegenüber steht neben den Kosten der hohe Platzbedarf. Ein Gerät wie der Canon PRO-1000 wäre mir eindeutig zu gross und zu schwer. Der Epson SC-P900 lässt sich eher verkraften. Ob er durch seine leichtere Bauweise fehleranfällig ist, kann ich nach der kurzen Testzeit nicht sagen. Negativ aufgefallen ist mir nichts. Auch bei der Druckqualität erkenne ich keine Unterschiede. Sie ist mit beiden Druckern exzellent. Epsons kleinere Tintentanks scheinen mir als Gelegenheitsdrucker sinnvoller und ich brauche nur zehn statt zwölf wie bei Canon. Für mich gewinnt der SC-P900 deshalb den Vergleich.
Im nächsten Teil der Serie bringe ich dir das Thema näher, welches wohl die meisten Hobbyisten abschreckt: Druckeinstellungen und Farbmanagement.
Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.