«Foundation» ist ein wunderbar chaotisches und kreatives Aufbau-Game
Der Städtebausimulator «Foundation» des Indie-Game-Entwicklers Polymorph Games ist jetzt fertig. Das Spiel ist eine Augenweide und macht wahnsinnig Spaß, weil jede Siedlung anders aussieht.
Während meine Dorfbewohner emsig über die von ihnen selbst ausgetrampelten Wege wuseln, sinniere ich darüber, wie ich meine Klosterbauten am schönsten in die Landschaft integriere. Danach schaue ich meinen Soldaten beim Training an Übungspuppen zu und schicke sie anschließend auf eine gefährliche Mission im Nachbarland. Mit etwas Glück bringen mir die Überlebenden wertvolle Kriegsbeute mit – im besten Fall befinden sich darunter Baupläne für einzigartige Monumente.
«Foundation» bietet den organischsten und kreativsten Stadtaufbau, den ich jemals gespielt habe. Gameplay-technisch liegt das Spiel irgendwo im Dunstkreis von «Die Siedler», «Cities: Skylines» und dem Indie-Game «Ostriv». Das Game verließ am 31. Januar 2025 nach genau sechs Jahren seine Early-Access-Phase und ist mit einem großen Patch im Full Release erschienen.
Es handelt sich um einen mittelalterlich angehauchten Städtebausimulator, bei dem der Fokus auf dem «Wuselfaktor» und der Kreativität beim Aufbau der Siedlung liegt. Die comichafte Grafik unterstreicht das entspannte, friedliche Gameplay. Kämpfe und erschlagene Soldaten oder gar niedergemetzelte Bürger gibt es nicht – und das, obwohl ich ein Militärlager aufbaue, Soldaten trainiere, Befestigungen hochziehe und Milizen auf Patrouille durch die Stadt schicke. Dazu später mehr.
Mit dem Full Release kommen viele Änderungen
Ich spiele «Foundation» seit Beginn des Early Access und habe in dieser Zeit fast jährlich wieder einen neuen Spielstand angefangen. Mit dem 1.0-Patch hat das kanadische Entwicklerstudio Polymorph Games die Optik des Spiels nochmal stark verändert.
Sollte dir «Foundation» bereits vertraut gewesen sein, wirst du das Spiel jetzt vermutlich kaum wiedererkennen: Alle Gebäude und die ganze visuelle Erscheinung des Spiels wurden überarbeitet. Es gibt neue Animationen, neue Modelle und diverse Änderungen an den Mechaniken. Alle Änderungen kannst du in den Patch Notes detailliert nachlesen.
In meinem Test zeige ich dir auch Screenshots meiner Städte aus der Early-Access-Zeit, um dir Einblicke in das Late Game zu bieten.
Kontrolliertes Chaos in den Wohnvierteln
In «Foundation» starte ich wie bei vielen anderen Stadtaufbauspielen auf einer grünen Wiese. Zu Beginn stehen mir zehn Dorfbewohner zur Verfügung. Es sind Leibeigene, denen es reicht, ein Dach über dem Kopf und etwas zu beißen zu haben. Ich kann sie später zu anspruchsvollen Bürgern aufleveln.
Zunächst errichte ich eine Bauhütte, der ich drei Arbeiter zuweise. Sobald es irgendwo etwas zu bauen gibt, laufen die drei los, holen die benötigten Ressourcen aus dem Lager und begeben sich zur Baustelle. Zum Beispiel zu einem Holzfällerlager, das ich im Wald platziere und nach seiner Fertigstellung für einen stetigen Nachschub an Bauholz zuständig ist. Ein Raster für die Ausrichtung von Gebäuden oder Straßen gibt es nicht. Produktionsgebäude platziere ich vollkommen frei.
Bei den Wohnhäusern haben meine Dorfbewohner das Sagen: Mit einem grünen Pinsel zeichne ich ein, wo Wohnhäuser entstehen dürfen. Die Platzierung übernehmen die Leutchen dann selbst, wenn sie Bedarf nach neuen Häusern haben. Du kennst das Prinzip vielleicht aus Spielen wie «Sim City» oder «Cities: Skylines».
Der große Unterschied ist, dass die Häuser in «Foundation» mehr oder weniger chaotisch entstehen. Rechte Winkel sind hier eher ein Versehen. Die KI platziert die Grundstücke passgenau in die eingezeichneten Zonen ein, sodass keine ungenutzten Bereiche in den Ecken des Wohnviertels bleiben. Dadurch gleicht kein Grundstück dem nächsten.
Die KI lässt zwischen den Grundstücken Freiräume für mögliche Straßen. Das ist an Zäunen an den Grundstücksgrenzen zu erkennen. Doch anstatt dieses Angebot zu nutzen und so ein logisches Wegenetz zu etablieren, laufen meine Bürger lieber die kürzeren Strecken direkt durch fremde Gärten. Das macht die Zäune irgendwie obsolet und ich hoffe, dass daran noch etwas justiert wird. «Foundation» ist auf jeden Fall ein Traum für Spielerinnen wie mich, die ihre Städte möglichst schief und organisch wachsen sehen wollen.
Neue Bürger erhalte ich, wenn die Zufriedenheit im Dorf hoch ist. Dann kommen Reisende vorbei, die um Aufnahme bitten. Das freut mich, weitere Arbeitskräfte sind schließlich immer willkommen.
Straßen entstehen dort, wo sie gebraucht werden
Der zweite Unterschied zu den meisten anderen Stadtbausimulatoren ist der Straßenbau. In «Foundation» baue nicht ich die Straßen, sondern sie entstehen nach und nach dort, wo meine fleißigen Bienchen herumlaufen. Gehen sie immer die gleichen Strecken, formt sich am Boden ein Weg. Und umgekehrt: Wird er nicht mehr genutzt – zum Beispiel, weil ich das Haus am Ende des Weges abreiße –, verschwindet er langsam wieder. Neue Wege in die Erde zu trampeln, wo es vorteilhaft erscheint, liegt in der Natur des Menschen – ich liebe diesen Realismus.
Wenn mir die Straßeneskapaden doch nicht gefallen – zum Beispiel, weil ich möchte, dass die Siedler einen Umweg durch meinen selbstgebauten Park laufen –, helfe ich indirekt nach. Auf die gleiche Weise, wie ich Wohnzonen auf die Karte male, ziehe ich rote Verbotszonen. Die dürfen meine Bürger nicht betreten. Ungeliebte Straßen sperre ich damit und zwinge die Leute dazu, sich andere Wege zu suchen.
Das Umlenken der Bürger durch Verbotszonen funktionierte im Early Access sehr gut. Aber jetzt umgehen die kleinen Schlawiner gern meine Sperren und laufen trotzdem durch Bereiche, die ich von Wegen freihalten möchte. Zum Beispiel mitten über Felder: Natürlich sollen die Bauern die Felder bewirtschaften können, aber Hinz und Kunz will ich nicht über den Acker latschen sehen.
An der Wegfindung darf Polymorph gern noch arbeiten. Nicht schlecht gestaunt habe ich auch über einen Weg, der zu meiner Stadt hin führt. Er verläuft fast vollständig stur geradeaus – ganz egal, dass da eine fast senkrecht abfallende Felsnase im Weg ist.
Der «Wuselfaktor»
Wer «Die Siedler» kennt, kennt auch den Wuselfaktor: Es macht Spaß, den emsigen Dorfbewohnern bei ihrer Arbeit zuzuschauen und sich über das Leben auf den Straßen zu freuen. In «Foundation» haben alle Berufsgruppen ihre spezifische Kleidung und Werkzeuge und sie alle arbeiten sichtbar außerhalb ihrer Häuser, selbst der Bäcker und der Schneider. Auch Schafe und Rinder kann ich halten. Dann bereichern das Bimmeln ihrer Halsglocken sowie ihr Mähen und Muhen die handwerkliche Soundkulisse aus Klopfen, Hämmern und Schleifen. Seit dem Full Release höre ich auch endlich ein geschäftiges Geraune, wenn ich nah ins Dorf zoome. Die bis dahin stillen Dorfbewohner fand ich immer etwas unheimlich.
In ihrer Freizeit versorgen sich meine Bewohnerinnen mit Gütern vom Markt. Der Markt wird modular aufgebaut: Jedes Produkt erfordert einen eigenen Stand. Vor wenigen Jahren wanderte das Geld für jeden einzelnen Kauf noch mit einem erfreulichen Klimpern in mein Goldsäckel. Mittlerweile erhalten die Bürger alle Waren gratis und werden stattdessen besteuert.
Bei modularen Bauwerken werde ich richtig kreativ
Im Verlauf des Spiels schalte ich Baupläne für spezielle Gebäude frei, zum Beispiel das Gutshaus, Kirchen, das Kloster, das Militärfort oder auch große Zierbrunnen. Diese Gebäude sind wie der Markt modular und bestehen aus mehreren Gebäudeteilen, die teilweise auch unterschiedliche Funktionen haben.
Eine Kirche etwa benötigt mindestens ein Hauptgebäude, einen Glockenturm und eine Tür. Ich kann aber auch mehrere Türme bauen und mit diversen Anbauten vergrößere ich den verfügbaren Platz für meine Gemeinde. Die Kirche ist wichtig, weil meine Dorfbewohner ein Bedürfnis nach Glauben haben. Erst, wenn alle Bedürfnisse befriedigt sind, kann ich sie in eine höhere Bürgerklasse befördern.
Die unterschiedlichen Gebäudeteile lassen sich frei platzieren, sodass meine Kirchen ganz anders aussehen als deine. Neu ist im Full Release, dass auch einfache Produktionsgebäude wie das Holzfällerlager erweitert und dadurch leistungsfähiger werden können.
Auch das Gutshaus, das als Verwaltungsgebäude dient, wächst immer weiter. Eine Kämmerei gibt dem Steuereintreiber einen Arbeitsplatz. Mit Anbauten für eine größere Schatzkammer kann ich mehr Gold horten. In einem Extra-Türmchen schaffe ich Platz für den Vogt. Diesem übertrage ich Aufgaben und schicke ihn beispielsweise auf die Suche nach Erzen.
Soldaten und Mönche: ganz spezielle Dorfbewohner
Ganz neu gibt es seit dem Full Release Patrouillen und Wachtürme. Auch die bisher vorhandenen Palisaden haben jetzt einen sinnvollen Zweck: Damit die Stadt wachsen und gedeihen kann, müssen sich meine Bürger sicher fühlen. Das bedeutet: Sie verlangen nach Befestigungen wie Palisaden oder Wachtürme sowie nach Patrouillen, die kontrollieren, ob die Straßen sicher sind.
Darüber hinaus gibt es auch das Militär. Durch den Bau einer Burg und Feldzüge meiner kleinen Armee sammle ich Rufpunkte beim König, mit denen ich neue Gebäude und Vorteile freischalte. Ich habe das in der Full-Release-Version noch nicht gesehen und schildere meine Erfahrungen aus dem Early Access. Sobald ich den Wehrturm als Grundlage für ein späteres Fort errichtet habe, fange ich an, Soldaten zu rekrutieren. Spendiere ich ihnen eine Waffe und Übungspuppen, fangen sie mit dem Training an.
In «Foundation» gibt es zwar Soldaten, aber keine Schlachten. Ich kann meine Truppen nur auf Missionen «im Ausland» schicken. Der Erfolg und auch die mögliche Beute einer solchen kriegerischen Mission hängt von der Anzahl meiner Soldaten und deren Trainingsstand ab.
Nach dem Zuweisen einer Mission sammeln sich die Truppen und marschieren dann im Gänsemarsch zum Kartenrand. Kehren sie ein paar Tage später siegreich zurück, bringen sie meistens Geld, einige Ressourcen und zwischendurch einen Bauplan für Monumente mit. Zum Beispiel neue Kirchenstile oder großartige Springbrunnen, die sogar besondere Effekte haben können. Manche Soldaten werden im Krieg verletzt und müssen geheilt werden. Andere kehren gar nicht wieder.
Mönche haben im Gegensatz zu den Soldaten einen ungefährlichen Job. Sie produzieren – die entsprechenden Klostermodule vorausgesetzt – verschiedene Produkte, die ich ohne ein Kloster nicht herstellen könnte. Ich kann den Mönchen (oder Nonnen) beispielsweise einen Weinberg, einen Kräutergarten und Bienenstöcke spendieren.
Wirtschaft ja, aber nicht Excel-Tabellen-genau
«Foundation» legt, anders als etwa die «Anno»-Spiele, nicht so viel Wert auf Lieferkettenoptimierung. Es gibt keine Produktionsdiagramme und ich engagiere neue Handwerker nach dem Pi-mal-Daumen-Prinzip und nicht nach dem berechneten Bedarf. Das gefällt mir gut.
Manchmal gibt es aber auch zu wenige informative Overlays. Ich kann zum Beispiel nicht sehen, wie weit die Abdeckung eines Marktes reicht. So baue ich einen weiteren Markt auch nur dann, wenn ich das Gefühl habe, dass der alte zu schnell ausverkauft ist. Das gleiche beim Kämmerer, der meine Steuern einzieht. Ein Tipp des Spiels im Lademenü sagt, dass sich mehrere Kämmerer bei größeren Orten lohnen. Aber wann genau, erfahre ich nicht.
Ich finde das aber in Ordnung. Genaue Info-Overlays würden dazu führen, dass ich meine Gebäude wie in «Anno» immer in den effizientesten Abständen platziere. Und genau das möchte ich nicht in meiner kleinen, organisch gewachsenen und teilweise ineffizienten Siedlung.
«Foundation» ist seit dem 31. Januar 2025 auf Steam für den PC erhältlich.
Fazit
Eins der schönsten Wuselspiele überhaupt
«Foundation» war für mich Liebe auf den ersten Blick. Mir hat das Spiel auch im ungeschliffenen frühen Early Access gefallen und über die Jahre hat sich viel getan. Es ist eines der liebevollsten Wuselspiele, die es im Moment gibt und bietet durch die zahlreichen modularen Gebäude viel mehr Raum für Kreativität als andere Aufbau-Games.
Als ich das erste Mal die Full-Release-Version anschaute, war mein erster Gedanke: «Wie haben die es geschafft, das Spiel noch besser zu machen?». Nicht nur die allgemeine Optik wurde noch schöner, es wurden auch Details verbessert und angepasst.
An ein paar störenden Details werden die Entwickler sicherlich noch nachbessern. Dazu gehören der Hang zur Weg-Abkürzung meiner Bürger und fehlende Benachrichtigungen bei wichtigen Ereignissen wie Neuankömmlingen in meiner Stadt. Beides hat im Early Access besser funktioniert.
Pro
- entspanntes Gameplay
- «Wuselfaktor» und hübsche Grafik
- Kreatives Bauen ist möglich
- Organischer Stadtbau
Contra
- Fehlende Benachrichtigung bei Ereignissen
- Die Wegfindung ist zu scharf auf Abkürzungen eingestellt
Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.