Hintergrund

Fünf Mal Noctua und ein Mal zurück: Nach langer Fehlersuche wieder zu vernünftigen 3D-Drucken

Kevin Hofer
18.8.2020

Nachdem ich bei meinem 3D-Drucker Creality CR-10S Pro alle Lüfter ausgewechselt habe, funktioniert er nicht mehr wie gewünscht. Es beginnt eine Odyssee mit Fehlersuchen, die mit wichtigen Erkenntnissen zum Druckverhalten von PLA und einer Lehre in Axial- vs. Radiallüftern endet.

Vor einiger Zeit habe ich bei meinem CR-10S Pro alle fünf Stock-Lüfter gegen Noctua-Lüfter getauscht. Das Ergebnis: wunderbar leise 42 dB Schall im Vergleich zu den 55 dB vor dem Umbau.

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Bereits kurze Zeit nach dem Umbau macht sich jedoch Frust breit: Einige meiner PLA-3D-Drucke wollen einfach nicht mehr so, wie ich will. Nach langer Fehlersuche entdecke ich das Problem endlich: Es ist der Filament-Lüfter. Eigentlich kenne ich ja die Regel: «Wenn etwas nicht mehr funktioniert wie zuvor, mach das, was du zuletzt geändert hast, wieder rückgängig.» Damit hätte ich mir viel Zeit sparen können. Doch ich bin zu ehrgeizig.

Die Fehlersuche beginnt

Nach dem Umbau des CR-10S Pro drucke ich einige Wochen ausschliesslich mit PETG. Dieses Filament verhält sich anders als PLA. Es sind höhere Druck-Temperaturen nötig, dafür braucht es weniger Kühlung. Mit diesem Material funktioniert das Drucken optimal, weshalb ich nicht merke, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dann will ich mich an meinen PLA-Vergleichstest machen.

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Dabei stosse ich auf ein unvorhergesehenes Problem: Bei Überhängen verformt sich das PLA, es verbiegt sich an den Rändern gegen oben. Im Gegensatz zum Warping, wie ich es kenne, zieht es sich durch den ganzen Druck, aber nur bei Überhängen.

Die Verwerfungen sind beim Schwanz gut zu erkennen.
Die Verwerfungen sind beim Schwanz gut zu erkennen.

Wie ich herausfinde, hängt das Phänomen mit der Kühlung zusammen. Es tritt auf, wenn das PLA, das extrudiert wird, nicht schnell genug gekühlt wird, bereits aufgetragenes PLA jedoch zu stark. Die bereits aufgetragenen Schichten ziehen sich bei der Kühlung zusammen. Dadurch wird das Material, das gerade extrudiert wird, verformt, weil es nicht schnell genug auskühlt.

Wie kann es in meinem Fall dazu kommen? Das hängt mit dem Lüfter zusammen, den ich gewechselt habe. Beim Noctua NF-A4x10 PMW handelt es sich um einen Axiallüfter. Zuvor war ein Radiallüfter als Filamentkühler montiert. Axiallüfter befördern zwar relativ grosse Luftmengen mit minimalem Aufwand, sie verwirbeln diese aber, wenn sie sie auf der anderen Seite abgeben und erzeugen weniger statischen Druck als Radiallüfter. Radiallüfter hingegen können den Luftstrom besser steuern und erzeugen dadurch mehr statischen Druck. Zwei Eigenschaften, die bei einem Filament-Kühler zentral sind. Dafür erzeugen die Radiallüfter mehr Schall, weshalb ich den Lüfter gewechselt habe.

Axial- vs. Radiallüfter
Axial- vs. Radiallüfter

Der Übeltäter ist ausgemacht, aber ich habe keine Einsicht

Eigentlich weiss ich jetzt, was das Problem verursacht. Ich will es aber nicht wahrhaben. Schliesslich arbeitet mein Drucker mit den neuen Lüftern beinahe flüsterleise. Den grössten Lärm hat der Filamentlüfter erzeugt, den will ich definitiv nicht mehr zurücktauschen. Zu schön ist es, wenn mir der 3D-Drucker nicht mehr ständig das Gefühl gibt, neben dem Flughafen zu arbeiten.

Ich versuche es anders. Vielleicht liegt es ja an meiner Lüfterhalterung, dass der Noctua nicht effizient genug kühlt? Die habe ich beim Umbau des Druckers auch neu erstellt. Ich versuche diverse Designs, die ich auf Thingiverse und Co. finde. Leider taugt keines was.

Ich versuche es mit alternativen Slicer-Einstellungen, wie das etwa Youtuber Chad Hellebuyck empfiehlt.

Chad empfiehlt, die Druckdauer einer Schicht auf ein Minimum festzulegen. So habe das Filament genügend Zeit abzukühlen, bevor die nächste Schicht aufgetragen wird. Das bringt jedoch wenig. Meine PLA-Drucke verformen sich bei den Überhängen immer noch und das Drucken von kleinen Modellen dauert so unverhältnismässig länger. Dank den Tipps von Chad ist es zwar etwas besser, aber gut ist anders.

Die Verwerfungen rechts sind etwas weniger gross als links.
Die Verwerfungen rechts sind etwas weniger gross als links.

Zuletzt besorge ich mir einen etwas höheren Noctua-Lüfter, den Noctua NF-A4x20 PWM. Der erzeugt wegen seinem dickeren Chassis etwas mehr statischen Druck. Aber auch das bringt nichts: Meine PLA-Drucke verformen sich noch immer.

Fünf Mal Noctua und einmal zurück

Nach Wochen des Tüftelns und Verdrängens sehe ich endlich der Wahrheit ins Auge: Ich bestelle mir einen neuen Stock-Radiallüfter für meinen CR-10S Pro. Siehe da: Das PLA verformt sich nicht mehr. Den Lüfter kann ich sogar auf nur 80 Prozent seiner Leistung betreiben, ohne dass sich das Material kringelt. Mit 47 dB ist mein Drucker jetzt zwar lauter, aber immerhin funktioniert er wieder.

User anxodia hat mich bei meinem Artikel, den ich über den Lüfter-Umbau geschrieben habe, darauf hingewiesen, dass andere Probleme mit dem Noctua-Lüfter haben:

Damals habe ich verneint. Dafür entschuldige ich mich. Funktion geht in diesem Fall über Komfort – oder anders formuliert: Radial geht hier über axial.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.

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