Hintergrund

«Game of Thrones»: Die wahre Identität des Night King

Luca Fontana
11.4.2019

Der Night King fällt in Westeros ein. Über ihn, seine Herkunft und seine Ziele wissen wir wenig. Aber jeder fürchtet ihn. Wer steckt hinter den Blau schimmernden Augen? Eine Theorie.

Was, wenn der Night King in «Game of Thrones» gar nicht der erste Night King aus den Geschichten der Westerosi ist?

Eine Frage, die aus dem Nichts kommt und ins Nichts führen könnte. Aber spinnen wir die Frage weiter und verbinden sie mit der Prophezeiung des Prinzen, der verheissen wurde, ergibt alles einen Sinn.

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Der Night King ist Azor Ahai.

Es muss fast so sein. Die blauäugige Kreatur mit dem gezackten Kopf, die aktuell die Legionen von Untoten in die Schlacht gegen die Westerosi führt, ist gleichzeitig der grösste Held einer gesamten Religion, die ihren Jüngern den Schrecken vor dem Night King selbst lehrt. Das wird klar, wenn ein Fakt als absolut angesehen wird: Es muss immer einen Night King geben.

Wer ist der Night King?

Der Night King öffnet erstmals seine eisig blauen Augen, als er von den Children of the Forest vor zehntausend Jahren erschaffen wird. Das erfährt Bran Stark zu Beginn der sechsten Staffel «Game of Thrones». Denn die Children, kleine humanoide Waldkreaturen, die Westeros damals bevölkert haben, werden von den First Men bedroht. Zahlenmässig und technologisch unterlegen beten sie zu den Alten Göttern und flehen sie um Hilfe an.

Die Alten Götter antworten. Entweder senden sie die White Walker oder geben den Children das Wissen, die weissen Untoten zu erschaffen. Die White Walker besitzen nämlich die Fähigkeit, Tote als willenlose Wights wiederzubeleben: Für jeden Westerosi, der fällt, tritt ein Wight in die Reihen der Armee aus dem Eis. Das wäre nützlich, um die zahlenmässige Überlegenheit der First Men auszugleichen.

Kontrolle über das Heer hat einer: Der Night King. Einst ein Mensch aus Fleisch und Blut rammen die Kinder des Waldes ihm einen Dolch aus Obsidian ins Herz. Er verliert seinen eigenen Willen, seine rosige Hautfarbe und seine Stimme. Der Mensch schliesst seine Augen. Als er sie wieder öffnet, sind sie blau. Der Night King ist geboren.

Und Kontrolle – die könnte der springende Punkt sein. Nicht nur im Kriegsfall. Auch in Friedenszeiten. Denn die White Walker müssen geleitet werden, die Wights in ihrem Blutdurst kontrolliert. Immer. Was, wenn die Armeen der Toten ohne Night King nicht mit ihm sterben, sondern erst Recht über die Länder der Lebenden ziehen und die Schöpfung der Alten Götter vernichten würden?

Darum muss es immer einen Night King geben.

Die Geschichtsbücher datieren den ersten Angriff des Night Kings und seinen White Walkers auf vor etwa achttausend Jahren. Zwischen der Erschaffung des Night Kings und seinem ersten Angriff sind also zweitausend Jahre vergangen.

Zweitausend. Warum griff der Night King nicht früher an?

Die Rolle des Azor Ahai

Die Kinder müssen eine Magie eingesetzt haben, die hässlich und unpräzise ist. Vielleicht sogar schleichend korrumpierend – wie ein Fluch. Vielleicht begehen die Kinder auch einen Fehler in der Ausführung des Rituals. Anders kann es kaum gewesen sein. Denn eigentlich gelingt es den Children, einen Friedenspakt mit den First Men zu schliessen – kurz nachdem sie den Night King erschaffen haben, aber noch bevor sein eisiger Speer die Menschheit das fürchten lehrt und Blut fliessen lässt.

Damit braucht es die White Walkers nicht mehr. Vermutlich haben die Children dem Night King den Befehl erteilt, seine Armee der Untoten hoch oben in den Norden zu bringen und dort zu bleiben. Für immer.

Zweitausend Jahre lang nagt der Fluch der Children of the Forest am Night King. Irgendwann verschwindet der letzte Rest seiner Menschlichkeit, einige Jahre bevor er zum Angriff in der Long Night bläst. Vielleicht hat der Night King sogar ganz vergessen, jemals Mensch gewesen zu sein. Vom Fluch getrieben zieht er los, um ganze Königreiche zu vernichten, einen ewigen Winter mit sich bringend.

Dann kommt Azor Ahai, der legendäre Krieger, der vom Herrn des Lichts auserkoren worden ist, um die Finsternis zu bekämpfen. Ausgerüstet mit seinem brennenden Schwert Lightbringer führte er die Armeen der First Men und Children of the Forest an.

Er schafft es, den Night King und die White Walkers zurück in den Norden zu drängen, so, dass die Menschen die Mauer aus Eis erbauen können. Die Mauer wird zudem von den Children of the Forest mit Magie belegt, um die Reiche der Lebenden vor den Grauen des Nordens zu beschützen. So jedenfalls die Geschichten. Azor Ahai wird nirgendwo jemals wieder erwähnt. Er kann an Altersschwäche gestorben sein. Oder im Kampf. Oder aber es gibt einen Grund, weshalb die alten Gelehrten nichts mehr über ihn geschrieben haben:

Er könnte nicht mehr unter den Lebenden gewesen sein. Aber gefallen ist er auch nicht.

Denn wenn es stimmt, dass es immer einen Night King geben muss, dann hat dessen Tod die Invasoren aus dem Eis nicht aufgehalten, sondern entfesselt. Eine Katastrophe. Um sie aufzuhalten, braucht es einen neuen Night King. Einen Helden, der sich opfert, damit Westeros leben kann. Einer, den in seinem alten Leben nichts mehr hält.

Azor Ahai.

Um Lightbringer zu erschaffen, musste er seine Geliebte Nissa Nissa ermorden: Durch das Stossen der Klinge in ihr Herz verbanden sich Nissa Nissas Seele und das Eisen, aus dem das Schwert geschmiedet worden ist. Dadurch hat Lightbringer die Macht erhalten, den Night King zu töten. Aber jetzt, da der Nachtkönig tot ist, hat Azor Ahai nichts, das zu Hause auf ihn wartet.

Was, wenn er den Schmerz in seinem Herzen durch den Stoss eines Obsidian-Dolches der Children of the Forest lindern wollte? Die Wärme würde durch Kälte ersetzt, das Braun in seinen Augen dem eisigen Blau weichen. Vielleicht ist Azor Ahai verschwunden, weil er den Thron des Night Kings bestiegen hat. So wären die Wights und die White Walkers vor ihm auf die Knie gefallen. Unter seiner Kontrolle.

Das lässt sich weiterspinnen. Achttausend Jahre nach dem ersten Angriff der White Walker: Der Fluch oder das misslungene Ritual der Children of the Forest hätte auch Azor Ahais letzte Reste dessen, was ihn einst zum Menschen gemacht hat, aufgefressen. Azor Ahai wäre nicht länger ein Streiter des Feuers, sondern ein Soldat des Eises.

Azor Ahai wäre der neue Night King.

Dafür sprechen die Höhlenmalereien aus der siebten Staffel «Game of Thrones». Jon Snow zeigt sie der Drachenmutter Daenerys Targaryen. In einer Höhle auf Dragonstone, einer Insel vor Westeros, die hauptsächlich aus Obsidian besteht. Dort haben die Children of the Forest den Night King gezeichnet, wie er ihnen vor achttausend Jahren zum ersten Mal erschienen ist. An seiner seite die White Walkers. Was auffällt, ist, dass der Night King der Höhlenmalereien anders aussieht als derjenige, der in der Gegenwart für Tod und Schrecken sorgt. Vor allem trägt der neue Night King keinen Bart.

Der Night King damals (mit Bart)
Der Night King damals (mit Bart)
Der Night King heute
Der Night King heute

Sicher, die abweichende Darstellung könnte Zufall sein. Trotzdem. Es könnte genauso gut kein Zufall sein.

Der Prinz, der verheissen wurde

Vor etwa fünftausend Jahren wird in den Archiven der Asshai eine Prophezeiung niedergeschrieben. Sie besagt, dass wenn die Finsternis zurückkehrt, Azor Ahai als Prinz, der verheissen wurde, wiedergeboren wird. Und sein wird das Lied von Eis und Feuer sein.

Es passt.

Gesetz der Annahme, dass der Night King von einem korrumpierenden Fluch beherrscht wird, könnte es bedeuten, dass er solange über die Toten wacht, bis der Fluch seine Menschlichkeit zerfressen hat. Dann ist die Seele zwar vom Eis befreit, aber sie braucht einen neuen Körper: Azor Ahais Seele wird wiedergeboren im Prinzen, der verheissen worden ist. In der Zwischenzeit erschafft der seelenlose Night King eine Armee der Toten.

Wenn das passiert, braucht es einen neuen Night King, der die Wights und die White Walkers in Schach hält. Es muss immer einen Night King geben. Und das muss der Prinz sein, der verheissen worden ist. Er wird den aktuellen Nachtkönig besiegen und seinen Platz einnehmen. Aber wie Azor Ahai wird auch der verheissene Prinz vom Fluch korrumpiert werden. Auch seine Seele wird befreit und in einem neuen Krieger wiedergeboren werden, der ihn ablösen muss: Ein Streiter des Feuers, der sich in einen Soldaten des Eises verwandeln wird. Ein ewiger, verfluchter Kreislauf.

Das Lied von Eis und Feuer.

Es ist die Versinnbildlichung der Dualität, die trotzdem Eins ist. Plötzlich hat der Name der Romanreihe, auf die «Game of Thrones» basiert – nämlich «A Song of Ice and Fire» –, eine komplett neue Bedeutung.

Was bedeutet das für die achte Staffel?

Jon Snow mag der vielversprechendste Anwärter auf den Posten des Prinzen, der verheissen worden ist, sein. Und sei es nur wegen seiner Herkunft, die Targaryen- und Stark-Blut vereint: Eis und Feuer. Wieder die Dualität, die Eins ist. Aber damit läge es an ihm, den Night King zu besiegen und seinen Platz einzunehmen. Ein tragisches Ende für die Figur des Jon Snow.

Wenn aber gleichzeitig Daenerys Targaryen den Platz auf dem Iron Throne einnehmen würde, was für viele die beste Lösung des Konflikts in Westeros ist, wäre es das bittersüsse Ende, das irgendwie ganz gut zu «Game of Thrones» passen würde. Schliesslich war es George R. R. Martin, der Autor der Romanreihe selbst, der uns ein bittersüsses Ende für sein Lied von Eis und Feuer versprochen hat:

Zu sehen gibt’s die achte Staffel ab dem 14. April 2019 auf RTS 1. Es wird jeweils eine Folge pro Woche ausgestrahlt, immer in der Nacht von Sonntag auf Montag um 3.00 Uhr morgens. Auf Englisch, natürlich, mit französischen Untertiteln.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 

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