Das HP Elite x3 ist ganz klar ein Phone für Businessmen.
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Gross, grösser, HP Elite x3

Beim HP Elite x3 ist alles gross. Die Schachtel, das Handy, die Möglichkeiten, der Preis und die Versprechen des Computerherstellers Hewlett Packard. Die Frage ist und bleibt aber: Taugt das gigantische Ding etwas?

Als ich das HP Elite x3 zum ersten Mal gesehen habe, musste ich lachen. Nicht, weil ich das Handy selbst schon gesehen hatte, sondern weil die Verpackung beinahe schon komisch überdimensioniert ist. Die Schachtel ist etwa 25cm mal 55cm gross. Ja, die Kiste ist über einen halben Meter lang. Im Vergleich mit der Verpackung des HTC 10 wird der Comedy-Effekt erst richtig sichtbar.

Der Grössenunterschied ist von blossem Auge gut erkennbar, oder?
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    von Dominik Bärlocher

Das HP Elite x3 ist zwar nicht ganz so gigantisch wie die Verpackung. Mit einer Bilddiagonale von 5.96 Zoll, also 15.15cm, ist es vergleichsweise riesig. Ich frage mich, ob das Ding in die Hosentasche einer handelsüblichen Jeans passt. Ja, gerade noch so. Aber irgendwie mache ich mir Sorgen, dass das Gerät in Mitleidenschaft gezogen wird, wenn ich mich hinsetze. Darum lassen wir das mal lieber. Es ist gut möglich, dass es problemlos möglich ist, sich hinzusetzen, ohne das Handy kaputt zu machen, aber bei einem Testgerät will ich kein unnötiges Risiko eingehen. Gehen mit dem Handy in der Hosentasche ist auch unbequem.

Die Kiste auf meinem Tisch zieht Aufmerksamkeit auf sich und eine Mitarbeiterin, sie ist kaum grösser als 1.60m, krallt sich das nicht gerade eben kompakte Handy. «Also, halten kann ich das Teil schon, aber gut in der Hand liegt es nicht», sagt sie. Ich hingegen, 1.80m gross und männlich, habe damit kein Problem. Es liegt also nahe, dass das HP Elite x3 mit Männerhänden im Hinterkopf gebaut wurde. Dennoch, die Frage mit dem Hosensack der Jeans beschäftigt mich. Wenn Männer das HP Elite x3 nicht in den Jeans herumtragen können und Frauen oder Donald Trump aufgrund kleinerer Hände das Gerät nicht in eine Handtasche packen werden, für wen ist es dann gemacht?

App erklärt alles

Das HP Elite x3 selbst fühlt sich edel an, trotz Rückenplatte aus gummierter Oberfläche. Es liegt ruhig und schwer in der Hand, macht ordentlich was her. Mit einem Quad-Core-Prozessor vom Typ Snapdragon 820 und 4GB RAM geht das Aufstarten zügig. Auf dem Gerät läuft Windows 10, was sowohl das grösste Feature wie auch die grösste Schwäche des Geräts ist. Denn auf dem riesigen Display könnte unter Android oder iOS ein wunderschönes Hintergrundbild dargestellt werden, denn die satten Farben und die Auflösung von 2560x1440 Pixeln aus dem Adreno 530 Grafikchip sind wirklich sehenswert.

Windows 10 setzt in der mobilen Ansicht aber auf Live Tiles, wie wir sie schon vom Desktop her gewohnt sind. Diese nehmen natürlich einen Grossteil des Bildschirms ein und überziehen ihn mit einer blauen Fläche, die jede Farbnuance verschwinden lässt. Auch wenn die Live Tiles schnell und zuverlässig News und anderes anzeigen, irgendwie fehlt bei Windows 10 auf dem Phone einfach der Wow-Effekt.

Beim Scrollen fällt mir aber eine App auf, die standardmässig installiert ist. Wir sind uns das ja mittlerweile von allen anderen Handys schon gewohnt, aber beim HP Elite x3 fällt eine App aus dem Rahmen. Sie heisst Salesforce.

Salesforce ist eine Firma, die Software as a Service anbietet. Salesforce ist in den Teppichetagen unserer Welt weit verbreitet. Und da wird klar, für wen dieses Handy gemacht ist. Menschen in Anzugjacken. Denn das gigantische Phablet, wie das in der Fachsprache so neudeutsch genannt wird, passt ziemlich genau in die Innentasche eine Sakkos. Mit dieser Erkenntnis ergibt auch das Zubehör des Gerätes Sinn.

Das Zubehör

In so einer gigantischen Kiste muss viel Zubehör stecken, denkst du jetzt? Leider nein, denn die Schachtel ist gefühlte drei Viertel leer. Gerade bei Verpackungen finde ich ja, dass weniger mehr ist.

Alles, was in der riesigen Kiste drin ist

Das HP Elite x3 wird mit folgendem Zubehör ausgeliefert:

  • USB-C Kabel
  • Transformer
  • Stromkabel
  • Adapter für Steckdose
  • Drei Muscheln für Docking Station
  • Docking Station
  • Merkwürdiges Kabel mit USB-C-Anschluss
  • In-Ear Kopfhörer
  • Ohrpassstücke

Das ist alles. Und dafür haben wir eine Kiste, die grösser ist als manch ein Kleinwagen? Seien wir doch mal ehrlich, HP, ihr habt euch da in etwas reingesteigert mit dem Klumpen, oder? Ich meine, euer Gerät ist stark, sehr stark sogar. Da müsst ihr nicht denselben Effekt heraufbeschwören, den schon SUVs in Vororten haben?

Bei Verpackungen ist nicht nur aus ökologischen Gründen weniger mehr, sondern weil beim Smartphone um den Inhalt geht. Es muss durch seine Systemleistung auffallen und mit seinem Handling in Erinnerung bleiben.

Das Biest im Fast-Taschenformat

Es ist ja nicht so, dass sich das HP Elite x3 irgendwie verstecken müsste. Es braucht die schwerfällig wirkende Kiste, die wohl nur unter dem Sofa versteckt werden kann, gar nicht. Denn die Entwickler haben den Platz im Gerät gut genutzt und eine respektable Systemleistung verbaut. Auch wenn die Zahlen nicht ganz auf Top-Niveau mithalten können, das HP Elite x3 reagiert. Auf alles. Es reagiert schnell, flüssig und alles wirkt mühelos. Die Schwere, die das Gerätedesign und die Kiste vermuten lassen, ist in der Bedienung nicht zu finden.

HP Elite x3 Inkl. Desk Dock & 1MORE 1M301 Headset (64 GB, Black, 5.96", Dual SIM, 16 Mpx, 4G)
Smartphone

HP Elite x3 Inkl. Desk Dock & 1MORE 1M301 Headset

64 GB, Black, 5.96", Dual SIM, 16 Mpx, 4G

Schwerfällig wird die Bedienung erst, wenn es darum geht, Systemeinstellungen zu ändern. In bester Windows-Manier verlangt das Handy bei gewissen Einstellungen – der Grösse der Tiles und Schriftart zum Beispiel – einen Neustart. Nein, HP Elite x3, den kannst du nicht haben. Weil wer startet schon sein Handy neu, es sei denn, es stürzt ab? Das erinnert stark an Windows 95. Damals mussten wir auch in allen möglichen und unmöglichen Situationen einen Neustart durchführen.

Die Kamera mit ihren 16 Megapixeln kann sich sehen lassen, auch wenn sie manchmal etwas verwirrt ist, wo denn nun der Fokus des Bildes sein soll. Nein, Kamera, Lampen sind nicht so spannend. Der Praktikant im Vordergrund ist wesentlich spannender. Bei etwas besserem Licht ist es aber sehr einfach, eindrucksvolle Bilder zu schiessen. So eindrucksvoll Schnappschüsse mit dem Handy halt werden. Weil sonst kommt bestimmt einer von euch daher und mault, dass er oder sie bessere Bilder mit einer neuen Canon oder Nikon DSLR schiessen kann. Glaube ich gerne, aber wir reden hier von einer Kamera in einem Handy von der grösse einer Flip-Flop-Sandale und nicht von einer ausgewachsenen Fotokamera.

Wo das HP Elite x3 punktet, ist der Akku. Hinter einem 5.96”-Zoll-Display hat es eine Menge Platz. Dieser wird auch für einen 4150mAh-Akku genutzt, der mit Ausnahme der Testphase, während der ich intensiv am Telefon rumgedrückt habe, von Freitagnachmittag bis Dienstagabend etwa 60% des Akkus gefressen hat. Dank Fast Charging ist das Elite x3 innerhalb weniger Stunden wieder voll geladen. Ich bin beeindruckt.

Das Dock der Zukunft

Das HP Elite x3 wird mit einer Docking Station geliefert. Das ist an und für sich schon etwas erstaunlich, werden die meisten Handys nur mit einem Ladekabel und vielleicht noch einem Paar mehr oder weniger anständigen Kopfhörern geliefert. Beim Auspacken fällt auf: Die Docking Station ist schwer, sehr schwer.

Das liegt daran, dass die Docking Station über eine Reihe an Steckern an der Rückseite verfügt:

  • Stromadapter
  • RJ45 Netzwerkadapter
  • Display Port
  • 2 USB 2.0
  • 1 USB-C

Das HP Elite x3 kann durch diese Stecker und entsprechende Peripherie – also eine beliebige Maus und eine beliebige Tastatur – zu einem voll funktionsfähigen PC umgerüstet werden. Die Idee ist zwar nicht neu, aber immer noch praktisch und wahrscheinlich zukunftsweisend. Denn wenn wir schon Geräte mit der Leistung eines PCs oder Laptops in unseren Hosen- oder halt Anzugtaschen herumtragen, warum sollten wir diese auch nicht nutzen können?

Die Sorge mit dem Mut der Mächtigen

Wer die persönliche Sicherheit gross schreibt, der muss mit dem Kauf des HP Elite x3 Mut beweisen. Denn aus der Kiste hat das Gerät weder einen PIN-Code noch sonst eine Sperrfunktion aktiviert. Diese zu finden, kostet erstaunlich viel Mühe. Das HP Elite x3 hat zwar einen Iris-Scanner, der dein Auge anschaut und sich entsperrt, wenn es dich erkennt, wie auch einen Fingerabdruck-Scanner auf der Rückseite, doch ab Werk ist das Handy für die ganz Bequemen eingestellt.

Die kürzeste Dauer für die Bildschirmsperre ist auf 30 Sekunden gesetzt. Das ist zwar in Meetings ganz praktisch, wenn du schnell etwas erzählen musst, dann dein Handy zu Illustrationszwecken hervornehmen und deine PowerPoint-Präsentation fernsteuern willst. Aber im Alltag ist das komplett unpraktisch. Wenn du in der Bar dein Handy auf den Tisch legst – so wie das halt heutzutage Sitte ist – und den Tisch verlässt, dann hat ein Angreifer eine halbe Minute Zeit, bis er Zugriff auf dein Handy vergessen kann.

Merke: Auf dem HP Elite x3 werden wohl sensitive Geschäftsdaten aufbewahrt werden, da dies der Zweck des Geräts ist. Es ist zweifelsohne für Menschen, die wohl Entscheidungsgewalt haben, ausgelegt. Die Kombination aus langem Time-Out, Stakeholders und oftmals damit einhergehendem Gefühl der Unantastbarkeit und sensitiven Geschäftsdaten bereitet mir etwas Sorge.

Fazit

Das HP Elite x3 ist ein Monster. Es ist gross, teuer und leistet viel. Für Teppichetagen ist es ein sehr attraktives Gerät, da es als voll funktionsfähiger PC verwendet werden kann, Dual-SIM unterstützt und es scheint unmöglich, den Akku leer zu kriegen.

  • Hintergrund

    Mach deine eigenen Kacheln in Windows 10

    von Dominik Bärlocher

Vor der Benutzung müssen Stakeholder und Menschen mit grosser Verantwortung aber zwingend die Sicherheitsfeatures des Telefons kritisch hinterfragen. Sie werden kritische und wichtige Daten auf diesem Telefon herumtragen und die Standardeinstellungen sind unter Umständen zu schwach, um der Compliance im Unternehmen genüge zu tun.

Titelbild: Das HP Elite x3 ist ganz klar ein Phone für Businessmen.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.

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