Gut gepolstert: Wie kuschelweiche Kissen unser Zuhause erobern
Geht es nur mir so oder sind Kissen der neueste, sexy Trend im Produktdesign? Die weichen Puffer sind ein spannendes Gestaltungselement und punkten auch ausserhalb des Schlafzimmers mit ihren Eigenschaften.
An der vergangenen Mailänder Design Week (MDW) bin ich auf mehrere Möbel und Wohnaccessoires gestossen, die von Kissen inspiriert zu sein scheinen. Kurz darauf habe ich auch in unserem Sortiment einige Designstücke im Polster-Look entdeckt. Haben wir es hier mit einem Mikrotrend zu tun?
Um das zu beantworten, sehen wir uns meine Mailand-Trouvaillen an. Sie stammen von unterschiedlichen Ausstellungen etablierter sowie junger Brands. Da wäre zum Beispiel die Kollektion «Undertone» von Pieces of Jade. Sie besteht aus Stoffskulpturen, die an antike Keramikvasen erinnern und das Gravieren von Steininschriften mit einer traditionellen Stepptechnik simulieren.
Pieces of Jade ist eine noch junge, experimentelle Lifestyle-Marke aus Taiwan und wurde von der Textilkünstlerin und Designforscherin Jialing Lee gegründet. «Als ich anfing, weiche Skulpturen zu machen, sagten die Leute: ‹Das ist so heilsam.›», schreibt Lee in einem Insta-Post. «Ich möchte Menschen in diesen unschuldigen, kindlichen Zustand zurückversetzen, den du fühlst, wenn du ein Kuscheltier umarmst, das dir ein vertrauter Mensch geschenkt hat.»
Spiegel, Lampen und Liegen in Kissen-Optik
Faye Toogood, eine britische Designerin und aktueller Shooting-Star der Interiorwelt, scheint ebenfalls ein Faible für Weiches zu haben. Sie hat in diesem Jahr eine ganze Reihe gut gepolsterter Stücke präsentiert, die sie für unterschiedliche renommierte Marken entworfen hat. Darunter die «Cosmic»-Kollektion für Tacchini, zu welcher der Spiegel «Stellar» gehört. Sein Glas ist in einen bauschigen, taktilen Rahmen eingebettet.
Das «Solar»-Sofa aus derselben Kollektion besteht aus einem gesteppten Stapel von drei zerknautschten Kissen. Dieser absichtlich zerknitterte Stoff stellt laut Produktbeschrieb eine «frische Interpretation von Tacchinis ikonischer Polsterung» dar.
Und damit nicht genug: Über dem «Solar»-Sofa schweben nicht etwa Daunenkissen, sondern die gesteppten Pendelleuchten «Lunar» mit zerknüllten, papierartigen Abdeckungen. Ihre Wattierung im Inneren streut das Licht besonders sanft.
Für das italienische Möbelunternehmen Poltrona Frau hat Faye Toogood eine Produktreihe namens «Squash» entwickelt, die aus Stühlen, Tischen und Wohnaccessoires besteht. Der «Squash»-Stuhl besticht durch üppige, ballonartige Formen aus, die aus einem geschwungenen Rahmen hervorgehen. Und der «Squash»-Hocker quetscht ein Kuschelkissen zwischen zwei lackierte Holzblöcke, die farblich auf das Polster abgestimmt sind.
Was Faye Toogood im Interiordesign ist, stellt Simon Porte Jacquemus in der Mode dar. Der französische Designer und Gründer der Marke Jacquemus gibt in Sachen Trends den Takt an und wurde dieses Jahr ein zweites Mal gebeten, die Special Re-edition des «Locus Solus Sun Lounger» von Exteta aus dem Jahr 1964 neu zu gestalten. Und rate mal, was seinen Entwurf aufschüttelt aufwertet? Ein Kissen. Als funktionales und dekoratives Element brilliert es im Nackenrollen-Stil mit Knitter-Optik.
Organische Formen und taktile Oberflächen
Von Exteta bis Tacchini haben all diese Kissen-inspirierten Stücke etwas gemeinsam: Sie konzentrieren sich keineswegs nur auf ein visuelles Motiv, sondern widmen sich auch dem Tastsinn. Dieser Mikrokosmos könnte Teil eines grösseren Trends sein. Seit geraumer Zeit sehnen wir uns nach runden, oft experimentellen Formen im Interieur.
Für diesen Fall rücke ich eine Auswahl einiger Einrichtungsgegenstände ins Rampenlicht, die Gestaltungselemente von Kissen übernehmen oder diese als Schmuckelement nutzen. Die Objekte sollten sich – bis auf die knittrige Keramikvase – genauso komfortabel und weich anfühlen, wie sie aussehen.
Wie ein Cheerleader befeuere ich gutes Design und bringe dir alles näher, was mit Möbeln und Inneneinrichtung zu tun hat. Regelmässig kuratierte ich einfache und doch raffinierte Interior-Entdeckungen, berichte über Trends und interviewe kreative Köpfe zu ihrer Arbeit.