«Helldivers 2» ist ein apokalyptisches Action-Spektakel
Im herrlich chaotischen Koop-Shooter «Helldivers 2» ballerst du dich durch Horden von Käferaliens und Terminator-Drohnen. Die fast grössere Gefahr geht überraschenderweise vom eigenen Team aus.
Wir sind eingekesselt. Von allen Seiten strömen monströse Alienkäfer auf uns zu. Meine drei Kameraden und ich ballern, was das Zeug hält. Es regnet Granaten und Luftangriffe, als gäbe es kein Morgen. Aber die Alienflut ist nicht zu stoppen. 20 Sekunden müssen wir noch ausharren, bis das rettende Raumschiff uns aus dieser Hölle befreit. Mit einem Hechtsprung feuere ich mein letztes Magazin in die triefende Fratze eines fliegenden Monsters. Gleichzeitig höre ich die Bremstriebwerke des Raumschiffs. Aber bevor ich mich wieder aufrappeln kann, sehe ich, wie ein Schatten über mich herzieht. Ich kann nur noch die Kamera schwenken, um zuzuschauen, wie meine Spielfigur vom Raumschiff zerquetscht wird. In einem anderen Spiel würde ich jetzt frustriert die Maus hinschmeissen. In «Helldivers 2» kann ich nur herzhaft lachen. Es fasst das Spiel perfekt zusammen. Immer wenn du glaubst, du hast die Situation im Griff, fällt dir die Decke auf den Kopf.
Das erste «Helldivers» erschien 2015 genau wie Teil 2 für Playstation und PC – damals allerdings ein paar Monate verschoben. Es war das erste Spiel, das Sony für den PC veröffentlichte. Entwickelt wurden beide Spiele vom schwedischen Studio Arrowhead. «Helldivers 1» versprühte mit seiner Vogelperspektive den Vibe eines kleineren Indietitels und war durch seinen ungewöhnlichen Koop-Modus ein absoluter Hit in meiner damaligen WG. Am Spielprinzip hat sich wenig geändert. Die Kamera rückt nun näher ans Geschehen heran. Noch immer springe ich als heldenhafter Helldiver auf Planeten hinab und ballere mich durch Horden von Aliens und Maschinen. Alles im Zeichen der Freiheit für die «Super Erde». Hell Yeah! «Helldivers» ist genauso herrlich bescheuert wie Paul Verhoevens Film «Starship Troopers». Das Spiel nimmt sich keine Sekunde ernst. Die Gefechte kommentieren die Spielfiguren mit hysterischem Gekreische oder Ballergeräuschen wie ich sie selbst gerne vom Sofa aus von mir gebe.
Getestet habe ich das Spiel mit der PC-Version. «Helldivers 2» bietet Crossplay zwischen PS5 und PC.
Alleine oder mit bis zu drei weiteren Helldivers bestreite ich Missionen in grossflächigen aber geschlossenen Arealen. Die Aufgaben sind unterschiedlich, die Vorgehensweise immer die gleiche. Durchladen und alles kaputt schiessen, was nicht wie ein Stormtrooper aussieht. Mal sind es Alieneier, mal Roboterfabriken, mal Raumschiffe. Jede Mission starte ich voller Übermut und Zuversicht, nur um mich in kürzester Zeit wie ein kopfloses Huhn zu fühlen, das sich in ein Kriegsgebiet verlaufen hat. «Helldivers 2» ist im Grunde ein klassischer Third-Person-Shooter mit ein paar entscheidenden Unterschieden. Zum einen ist Friendly Fire aktiv. Das heisst, dass meine Kameradinnen und ich einander verletzen können. Und glaub mir, das passiert oft. Den Salven der Standardschusswaffen kann ich noch einigermassen gut ausweichen, weil deren Laservisiere deutlich die Schusslinie markieren. Dasselbe kann ich von den Granaten nicht behaupten, die der übereifrige Kollege mit schallendem Gelächter über eine Mauer wirft, hinter der ich eine kurze Verschnaufpause hinlege.
Das führt mich zur nächsten Besonderheit: den Versorgungsabwürfen. Durch die Eingabe einer bestimmten Abfolge von Richtungstasten (Steuerkreuz beim Controller) kann ich Taktikausrüstung bestellen. Mit dem Wurf einer leuchtenden Kugel bestimme ich anschliessend, wo sie landen soll. Auf diese Weise kann ich auch dahingeschiedene Helldivers wiederbeleben. Wenn ich nett bin, schmeisse ich die Kugel irgendwo in Sicherheit, wenn ich lustig drauf bin, auch mal mitten in die Gegner. Ein echter Helldiver landet überall.
Spassiger als die Truppenversorgung sind offensive Taktikausrüstungen, von denen ich im Laufe meiner Karriere neue freischalten kann. Da gibt es Maschinengewehre, Granatwerfer, Geschütztürme, bis hin zu Orbitalkanonen, die ganze Landstriche in einen Feuerteppich verwandeln. Beim Abwurf der 500-Kg-Adler-Bombe muss ich fast meine Sonnenbrille aufsetzen, so gleissend hell ist die Feuersbrunst. Und weil ich in meinen Koop-Sessions meist mit Fremden und ohne Voice Chat spiele, passiert es regelmässig, dass ich plötzlich durch die Luft katapultiert werde, weil neben mir unerwartet Bomben herunterprasseln. Zum Glück dauert es nicht lange, bis mich das Team wieder in den Kampf schicken kann.
Auch ohne unfreiwillige atomare Zerstörung fliegen in «Helldivers 2» die Fetzen. Da sprengt ein gezielter Granatenwurf eine ganze Radarstation in ihre Einzelteile. Dort verwandeln mechanische Todesschwadronen mit ihren roten Lasern einen von Nebel durchzogenen Dschungel in eine Disco. Und neben mir röhrt ein Geschützturm, als wäre er ein Flammenwerfer. «Helldivers 2» ist visuell wie audiotechnisch eine Wucht. Die verschiedenen Knarren donnern aus den Lautsprechern und Angriffe mit den Orbitalkanonen klingen so wuchtig, dass ich mich an Maus und Tastatur festkrallen möchte. Grafisch braucht sich das Spiel auch hinter keinem Triple-A-Titel zu verstecken. Die Level sind vielleicht nicht die abwechslungsreichsten, bieten aber stimmige Schauplätze, um Tod und Zerstörung die Demokratie zu verbreiten.
Liveservice, aber richtig
«Helldivers 2» ist ein Liveservice-Game, genau wie das kürzlich erschienene «Suicide Squad: Kill the Justice League». Das heisst, dass über die kommenden Monate und Jahre neue Inhalte wie Missionen, Ausrüstung und kosmetische Items ihren Weg ins Spiel finden. Während «Suicide Squad» stolze 70 Franken/Euro kostet, repetitive Missionen bietet und in unter 10 Stunden durchgespielt werden kann, bietet «Helldivers 2» für 40 Franken/Euro einiges mehr an Unterhaltung. Und die Liveservice-Aspekte werden dir dabei auch nicht allzu fest aufs Auge gedrückt.
Im Spiel gibt es vier Währungen. Medaillen, Proben und Slips können ausschliesslich in Missionen verdient werden. Mit den letzten beiden schalte ich permanente Upgrades frei, wie mehr Magazine oder einen verringerten Cooldown von Orbitalwaffen. Proben können oft in Nebenmissionen gesammelt werden, sie werden aber beim Sterben fallen gelassen. Medaillen gibt es für erfolgreiche Missionen. Damit kann ich im Season Pass Kriegsanleihen freischalten. Das sind neue Waffen, Banner, Skins etc. Hier gibt es auch eine zweite Kategorie namens Premium-Kriegsanleihen. Sowas wie in anderen Spielen der kostenpflichtige Season Pass. Für einen einmaligen Betrag von 1000 Über-Credits (rund 10 Franken/Euro) wird dieser freigeschaltet. Alternativ kannst du die teurere Spezial-Edition von «Helldivers 2» kaufen. Die Über-Credits sind die einzige Währung, die auch für Echtgeld gekauft werden kann. Mit ihr kann ich ebenfalls kosmetische Dinge freischalten, wie neue Anzüge.
Zwar ist es mir lieber, wenn ein Spiel, für das ich Geld bezahle, keine kostenpflichtigen Inhalte enthält. «Helldivers 2» macht bisher aber einen fairen Eindruck und der Fortschritt wirkt nicht künstlich in die Länge gezogen.
Fazit: Hell Yeah!
In «Helldivers 2» eskaliert jede Mission in nervenaufreibende Massenschlachten, die ich und mein Team regelmässig nur um Haaresbreite überleben. Das Waffenarsenal ist angenehm umfangreich und bietet viel Freiheit für Zerstörung. Und für die Freiheit kämpfen die Helldivers schliesslich. Für die Demokratie der Super Erde!
«Helldivers 2» ist in erster Linie ein Koop-Spiel. Alleine machst du dir das Leben unnötig schwer und du verpasst es, von missglückten Luftangriffen deiner Freunde in Fetzen gerissen zu werden. Ohne Friendly Fire wäre das Spiel nur halb so lustig. Dennoch ist Taktik durchaus wichtig, aber nicht so stark, dass zwingend Voice Chat benutzt werden muss. Helldivers sind ohnehin wortkarg. Und wenn sie was zu sagen haben, dann meistens: «Bababababammmmmm».
Ich hätte nicht gedacht, dass sich, ausser mir und meinen Freunden, noch jemand an das erste «Helldivers» erinnert. Umso mehr freut es mich, dass wir überraschend einen Nachfolger erhalten haben, der erst noch richtig knallt.
«Helldivers 2» ist verfügbar für PC und PS5. Das Spiel wurde mir von Sony zur Verfügung gestellt. Getestet wurde die PC-Version.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.