
Kritik
«A Minecraft Movie»: nicht mein Film, aber vielleicht ja eurer
von Luca Fontana
Ich guckte «Highlander II» statt «Highlander I». Eine ganz schlechte Idee. Das Original schaute ich dann auch noch. Das ging sogar ohne Alkohol.
In meinen Schottlandferien diesen Sommer wollte ich eines abends eine Bildungslücke schliessen und mir den Film «Highlander» ansehen. Schliesslich spielt der ja in den schottischen Highlands. Allerdings guckte ich dann «Highlander II», weil dieser verfügbar war und der andere nicht. Ich dachte, das sei mehr oder weniger egal – so wie es egal ist, ob man «Die nackte Kanone» oder «Die nackte Kanone 2½» schaut. Ist es aber nicht. Das Sequel ist eigenartig, um es vorsichtig auszudrücken.
Wir befinden uns im Jahr 2024 und die Erde liegt seit 25 Jahren unter einem künstlichen UV-Schutzschild. Den brauchte es Ende der Neunzigerjahre wegen des Ozonlochs. Ob es ihn immer noch braucht, daran haben einige Erdbewohner Zweifel. Der Highlander hat damals mitgeholfen, diesen Schutzschild zu bauen, darum soll er jetzt gefälligst helfen, dies zu klären. Wobei er gar kein schottischer Highlander ist, sondern ein Ausserirdischer. Was den Film aber keineswegs daran hindert, immer mal wieder schottische Dudelsackfolklore einzustreuen. Zuerst ist der Highlander alt und sterblich. Kurz bevor er tatsächlich stirbt, soll er von ausserirdischen Bösewichten getötet werden. Dann aber wird er wieder jung und unsterblich. Zwischendurch taucht Sean Connery als unsterblicher Ausserirdischer auf und stirbt. Am Ende wird der unnötige Schutzschild aufgehoben und alles ist gut.
Ergibt nicht allzu viel Sinn? Fand ich auch. Nach etwa zehn Minuten guckte ich nicht mehr richtig hin, sondern konzentrierte mich darauf, möglichst schnell möglichst viel Bier zu trinken und mit einer Freundin per Messenger über den Film zu lästern. Was meinem Verständnis für die weitere Handlung nicht zuträglich war.
Es lag aber nicht nur an meiner fehlenden Aufmerksamkeit, dass ich nichts kapierte. Filmkritiker Roger Ebert: «Highlander II ist der unverständlichste Film, den ich seit langer Zeit gesehen habe – ein Film, der fast schon herausragend schlecht ist. Wo immer sich Science-Fiction-Fans in den nächsten Jahrzehnten und Generationen treffen werden, wird man sich an diesen Film als einen der Tiefpunkte des Genres erinnern.»
Selbst Regisseur Russell Mulcahy fand den Film scheisse. Und zwar so sehr, dass er seinen Namen aus dem Abspann entfernen lassen wollte und die Premiere nach 15 Minuten verliess. Denn die Investoren hatten sich in die Produktion eingemischt und ein Feld der Verwüstung angerichtet. Auch Hauptdarsteller Christopher Lambert war, gelinde gesagt, not amused.
Ich komme also nicht darum herum, das Original doch noch zu schauen.
Der Anfang des Films kommt mir genauso unverständlich vor wie bei «Highlander II». Ein wirrer Wechsel von Szenen, die schon für sich alleine keinen Sinn ergeben. In einer unterirdischen Garage passieren überirdische Dinge, ein Bösewicht mit Sonnenbrille macht Flickflacks, bevor er enthauptet wird, Autos starten von selbst. Dann schottisches Mittelalter, ein paar Schotten haben den Krieg gewonnen – um wenig später in den Krieg zu ziehen. Christopher Lamberts schauspielerische Leistung als McLeod beschränkt sich zu Beginn darauf, dass er böse dreinschaut. Er guckt böse beim Wrestlingkampf, in der Tiefgarage, auf dem Polizeirevier.
Ich befürchte das Schlimmste.
Doch im grossen Unterschied zu «Highlander II» lösen sich die Unklarheiten im Verlauf des Films auf. Die meisten jedenfalls. Warum schwabbelnde 80er-Jahre-Wrestler in hautengen roten Höschen unseren Herrn Bösegucker an eine mittelalterliche Schlacht erinnern, wird für immer sein Geheimnis bleiben. Aber das sind Details.
Nach und nach klären sich die Rätsel. Ich erkenne mehr Zusammenhänge zwischen den mittelalterlichen Szenen und der Gegenwart. Ich erfahre, dass McLeod unsterblich ist und sehe, dass er zwischendurch auch mal nett guckt – etwa, als er unsterblich verliebt ist. Ich schaue zu, wie er von Ramirez, einem älteren Unsterblichen, im Schwertkampf unterrichtet und in die Besonderheiten seiner Existenz eingeführt wird.
Zu diesen Besonderheiten gehört, dass auch Unsterbliche sterben können. Am Ende kann es nur einen geben und darum bringen sich alle um, bis nur noch einer übrig bleibt. Warum hilft McLeod denn diesem Ramirez, wenn am Ende alle Feinde sind? Auch das wird irgendwann erklärt: Es gilt zu verhindern, dass der böse Unsterbliche Kurgan am Ende übrig bleibt und den Hauptpreis gewinnt. Dann würde die Welt zur Hölle fahren.
Parallel dazu findet in der Gegenwart eine Art Krimi statt. Die brachialen Kampfszenen und Enthauptungen bleiben nicht unbemerkt, zumal sie seltsamerweise mitten in der Grossstadt abgehalten werden. Ohne die geschichtsinteressierte Forensikerin Brenda wäre die Polizei aufgeschmissen. Ihre Ermittlungen sind in erster Linie spannend und machen den Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit reizvoll.
Brenda rettet McLeod am Ende sogar das Leben. Sie ist eine willkommene Abwechslung in diesem ansonsten durch und durch patriarchalischen Film. Nur Männer gehören zu den Auserwählten, die am Kampf um die Weltherrschaft teilnehmen können. Ist doch klar! Ebenso selbstverständlich ist das Prinzip «The Winner takes it all» – alle bekämpfen sich gegenseitig, bis nur noch einer übrig bleibt, und der sahnt dann den Hauptpreis ab. Monopol und Alleinherrschaft sind hier keine Probleme, sondern eine naturgegebene Tatsache. Wenn man diesen Film geniessen will, sollte man besser nicht zu lange darüber nachdenken.
McLeod erhält die Möglichkeit zu sterben – und damit die Möglichkeit, zu lieben. Denn die Unsterblichkeit verhindert, dass er sich binden kann. Etwas zugespitzt gesagt: Der Tod führt zum Happy End.
Und natürlich zum Familienglück. Dass die Unsterblichen keine Kinder haben können, ergibt Sinn. Würden sich die Unsterblichen vermehren, gäbe es irgendwann viel zu viele von ihnen. Jeder Quadratzentimeter des Planeten wäre bevölkert. Wir müssen sterben, um künftigen Generationen Platz zu machen. Wir müssen sterben, damit andere nach uns jung sein können.
Der Film, der so unverständlich und scheinbar sinnlos beginnt, wird am Ende sehr sinnhaft. Er schafft es sogar, mich mit dem Tod auszusöhnen. Das ist eine erstaunliche Leistung und hinterlässt ein befriedigendes, tröstliches Gefühl.
«Highlander II» dagegen wird noch unverständlicher, nachdem ich «Highlander I» gesehen habe. Was hat Ramirez in diesem Sequel zu suchen? Der ist ja in Teil eins gestorben. Ausserdem hat er in Teil zwei gar keine Funktion. Alles, was er tut, ist ein bisschen herumstolzieren und noch einmal möglichst spektakulär sterben. Warum? Wahrscheinlich, weil er es kann.
Schade, kann es nicht nur einen «Highlander»-Film geben.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.