Kritik

Hitzige Gefechte in der Galaxie: «Iron Marines» verbindet Feuerkraft und Taktik

Echtzeit-Strategie, ohne vorher drei Semester Grundlagen-Gaming studiert zu haben? Ja, gibt es: Ich habe «Iron Marines» für mich entdeckt. Vor allem auch, weil bei der Schlacht um Planeten in fremden Galaxien der Humor nicht zu kurz kommt.

Für die neuesten AAA-Games fehlen mir drei Dinge: die nötige Hardware, die Zeit und das Knowhow. Deshalb stelle ich dir hier aktuelle und ältere Spiele vor, die du auch zwischendurch und auf Tablets oder Büro-Computern ausprobieren kannst.

Kürzlich habe ich «Thronefall» entdeckt. Bei diesem Spiel musst du eine Burg mit Wehranlagen errichten und nächtliche Angriffe geschickt abwehren. Ein richtig gutes Game, nur eben recht schnell zu Ende.

Auf der Suche nach etwas, was in eine ähnliche Richtung geht, habe ich im Katalog von Apple Arcade gestöbert – und bin bei «Iron Marines» fündig geworden. Das Spiel stammt von Ironhide, also den gleichen Entwicklern, die auch «Kingdom Rush», ein Tower-Defense-Spiel erschaffen haben. Mit Erscheinungsjahr 2017 ist «Iron Marines» nicht mehr ganz taufrisch, aber trotzdem nicht aus der Zeit gefallen.

Worum geht es bei «Iron Marines»

Das Echtzeit-Strategiespiel schickt mich als Kommandant auf ferne Planeten. Dort muss ich mit einer Heldenfigur und einigen kleineren Einheiten in verschiedenen Missionen Leute retten, Basen verteidigen und dabei eine stattliche Zahl von Aliens vernichten. Auf Planet Sagan-1 sind es zum Beispiel die «Fells». Sie sind trotz des Namens ganz und gar nicht flauschig, sondern gefährlich und nervig. Später kommen Roboter-artige Aliens auf mich zu.

Es gibt auch irgendeine Story. Etwas, das erklärt, warum ich im Lauf des Games auf drei Planeten insgesamt 21 Missionen zu erfüllen habe. Die Geschichte wird in Comic-Sequenzen zwischendurch nett rübergebracht. Interessiert mich aber eigentlich nicht. Ich bin hier zum Kämpfen. Apropos. Ich kämpfe nicht nur 21 Hauptmissionen, sondern habe auch noch eine ganze Reihe von Bonus-Missionen. Das reicht für viele Stunden Spielspass.

Auf drei Planeten gibt es etliche Missionen zu erfüllen.
Auf drei Planeten gibt es etliche Missionen zu erfüllen.
Quelle: Martin Jungfer
In Comic-Streifen wird mir ein wenig Hintergrund geliefert, warum ich überhaupt kämpfe.
In Comic-Streifen wird mir ein wenig Hintergrund geliefert, warum ich überhaupt kämpfe.
Quelle: Martin Jungfer

Um meine Aufträge erfolgreich abzuschliessen, wähle ich aus 14 verschiedenen Helden und Heldinnen einen oder eine aus. Das kann ich pro Mission neu entscheiden. Sie haben alle spezielle Fähigkeiten und ich kann sie durch Erfahrungspunkte stärker machen. Damit ich nicht alleine bin, kann ich verschiedene Mitkämpfer rekrutieren – von wackeren Infanteristen über Scharfschützen bis hin zu Psycho-Heilerinnen oder Flammenwerfer-Mechs. Und das ist längst nicht alles.

An meinen eigenen Squads habe ich nicht nur Freude, weil sie mit mir kämpfen. Ich mag sie auch, weil sie es mit lustigen Sprüchen quittieren, wenn ich ihnen einen Befehl erteile. Eine der Heldinnen ruft ihren Squads zum Beispiel «Listen and learn!» zu, manchmal klagt sie auch «I need a vacation!». Ein Geister-Paar, das mich mit Heil-Aura umgibt, findet: «Good idea, human!», wenn ich sie an einen anderen Ort schicke. Dazu gibt es Missionen, bei denen ich Zivilisten retten muss. Eine Laborantin kommentiert das Geschehen regelmässig mit Aussagen wie «I have a bad feeling about this.» Nicht sehr ermutigend, dafür unterhaltsam.

Wie ist das Gameplay?

«Iron Marines» findet auf einer zweidimensionalen Karte statt, die ich erkunden muss. Nach und nach stosse ich also in vormals unbekanntes Land vor. In der Regel habe ich nur drei bis sechs Einheiten zu befehligen. Ich klicke sie an und schicke sie per rechtem Mausklick auf ihre Position. Während sie sich bewegen, können sie nicht feuern. Eine sinnvolle Taktik lautet also, nie alle auf einmal in Bewegung zu bringen, damit ich nicht wehrlos bin. Ausserdem empfiehlt es sich, Squads zu gruppieren, die sowohl auf längere Distanz Feinde bekämpfen können als auch solche, die im Nahkampf bestehen.

Hier besteht meine Kampfgruppe aus einem Helden, einem Paar Heilerinnen und einem Raufbold-Mech.
Hier besteht meine Kampfgruppe aus einem Helden, einem Paar Heilerinnen und einem Raufbold-Mech.
Quelle: Martin Jungfer

Praktisch ist, dass ich während der Mission jederzeit Squads verändern kann. Erfordert der Kampf Marines mit hoher Feuerkraft, wandle ich die ursprünglich ausgehobenen Scharfschützen per Klick um. Hier gibt es eine lustige Animation: Für kurze Zeit stehen die Marines in weisser Unterwäsche da, bevor die neue Uniform und Ausrüstung kommt.

Marines in der Transformationsphase.
Marines in der Transformationsphase.
Quelle: Martin Jungfer

Jede Einheit hat einen bestimmten Radius, in dem sie Feinde automatisch angreift. Zusätzlich kann ich einzelne Gegner spezifisch markieren, damit sie diesen zuerst zerstören. Meistens ist das aber nicht nötig, was die Steuerung im Kampfgeschehen vereinfacht. Meine Aufgabe ist es eher, die Einheiten beim Vorrücken in einer Erfolg versprechenden Formation zu halten. Das geht mit Maus und Tastatur übrigens etwas besser als auf dem iPad, wo mein Finger manchmal die falsche Einheit aktiviert oder sie den einen Zentimeter zu nahe an den Feind navigiert.

Liegen meine Squads nicht unter Feuer, regenerieren sie sich nach kurzer Zeit. Wird eine Einheit aber vollständig zerstört, muss ich mich um Nachschub kümmern. Die Basis hat eine Art Kaserne, wo ich wählen kann, was ich brauche. Jede Einheit kostet Etherwatt, das automatisch regelmässig gefördert wird. Ich muss mich nicht um den Bau von Raffinerien oder Erzminen kümmern. Nur Abwehrtürme muss ich bauen und aufrüsten, um meine Basis vor der Zerstörung zu bewahren.

Bei erfolgreichen Missionen werde ich mit Forschungspunkten oder Goldstücken belohnt. Diese kann ich zum einen in Weiterentwicklungen meiner Waffen investieren, zum anderen kann ich mir dafür besonders wirksame Waffen kaufen. Da gibt es selbst replizierende Minenfelder oder Extra-Ladungen Etherwatt.

Auf dem Forschungspfad kann ich Verbesserungen für meine Waffen und Türme erreichen
Auf dem Forschungspfad kann ich Verbesserungen für meine Waffen und Türme erreichen
Quelle: Martin Jungfer

Solltest du einmal nicht weiterkommen oder bist an Tipps interessiert – bei «Pocketgamer» gibt es hier eine gute Liste.

Wie sind Grafik und Sound?

Ich finde, dass man «Iron Marines» sein fast schon biblisches Alter von fast sechs Jahren nicht anmerkt. Hier geht es auch nicht ums letzte Detail in der Grafik. Mir gefällt der individuelle Stil der Comicfiguren sowie der Planeten – er ist zeitlos. Erinnert der eine an einen verwilderten Mars, ist der nächste im Industrial-Chic gehalten, Säure-Seen inklusive. Das ist stimmungsvoll. Und wenn ich nicht so sehr aufs Kampfgeschehen achten müsste, würde ich wohl noch mehr liebevolle Details finden, wie den Endgegner, der kurz vor seiner Vernichtung die Roboter-Augen verdreht.

Der Endgegner findet, es sei nicht genug Platz in der Galaxie für zwei Super-Roboter. Finde ich auch.
Der Endgegner findet, es sei nicht genug Platz in der Galaxie für zwei Super-Roboter. Finde ich auch.
Quelle: Martin Jungfer

Während eines Kampfes feuern meine Marines und ihre Helfer eigentlich permanent aus allen Rohren. Diese Soundeffekte vermischen sich mit den Kommentaren der Squads und einer gelungenen Hintergrundmusik, die nie nervt und doch Spannung vermittelt.

Fazit

Ich habe die «Iron Marines» spät entdeckt, dafür sind sie mir richtig ans Herz gewachsen. Das leicht verständliche Gameplay und die herausfordernden Missionen sind perfekt, um gelegentlich etwas spielerische Ablenkung zu bekommen. Obwohl viel Munition verbraucht wird, ist auch taktisches Geschick gefordert, um nicht schon in der leichtesten Schwierigkeitsstufe alle Squads zu verlieren und zu scheitern. Mit vielen verschiedenen Heldinnen und Helden, Dutzenden von unterschiedlichen Gefahren und vielen Upgrade-Möglichkeiten ist es zudem abwechslungsreich.

Hier attackieren Alien-Schnecken mit Morgenstern-Zungen einen meiner Abwehrtürme.
Hier attackieren Alien-Schnecken mit Morgenstern-Zungen einen meiner Abwehrtürme.
Quelle: Martin Jungfer

«Iron Marines» ist im Katalog von Apple Arcade enthalten, alternativ kannst du es über Steam für Windows oder MacOS für um die zehn Franken oder Euro kaufen. Ich habe das Spiel auf einem iPad Air sowie auf einem Mac Mini M1 mit getestet.

Titelfoto: Screenshot Martin Jungfer”

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Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 

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