Honor Magic6 Pro im Test: Gute Ideen nicht immer optimal umgesetzt
Das Honor Magic6 Pro will sich mit einer mechanischen Blende und einem neuartigem Akku von anderen Top-Smartphones abheben.
Vor dem Test des Honor Magic 6 Pro hatte ich auf kreativen Spielraum bei der Kamera gehofft, da diese über eine mechanische Blende verfügt. Doch diese bewegt sich in einem viel zu kleinen Rahmen. Und aufgrund spezieller Akkutechnologie hoffte ich ebenso auf eine deutlich verlängerte Laufzeit. Wie sich zeigt, trifft verlängert zu, allerdings nur in kleinem Umfang. Stattdessen begeistert mich das Smartphone mit einer seiner wenigen KI-Funktionen.
Schönes Design und gutes Display
Das Honor Magic6 Pro ist ein großes Smartphone und liegt trotzdem angenehm in der Hand. Mein Testgerät in «Epi Green» hat eine matte Rückseite aus weichem Kunstleder mit leichten Schraffuren. Das fühlt sich angenehm an, wobei ich noch nicht beurteilen kann, wie schnell sich das Material abnutzt. Bei der schwarzen Version nutzt Honor spiegelnder Kunststoff. Unabhängig von Farbe und Material ist das Smartphone nach IP68 wasserdicht, hat in Tests also 30 Minuten in 1,5 Meter tiefem, sauberem Süßwasser unbeschadet überstanden.
Auf der Vorderseite schaue ich auf ein 6,8 Zoll großes OLED-Display. Dieses hat mit 2800 × 1280 Pixeln eine hohe Auflösung und leuchtet mit 1800 Nits (5000 Nits im Peak) hell genug, um seinen Inhalt auch bei Sonnenschein bequem betrachten zu können. Die Bildwiederholrate von 120 Hertz entspricht dem aktuellen Standard.
Für den Schutz des Displays setzt Honor mit «NanoCrystal Shield» auf eine Eigenentwicklung. Die Abdeckung soll eine Härte von 7 auf der Mohs-Skala haben. Das entspricht Quarz. Entsprechend sollen weder Messer noch eine Stahlfeile – und damit auch keine Schlüssel – das Material ritzen können. Zusätzlich klebt ab Werk eine Schutzfolie darauf. Diese kann jedoch schnell Gebrauchsspuren aufweisen.
Gute Bilder trotz verschenkter mechanischer Blende
Das Honor Magic6 Pro wartet mit drei hochwertigen Kameras auf der Rückseite auf. Die 50-Megapixel-Hauptkamera verfügt über eine selbstjustierende Blende, die sich zwischen f/1,4 und f/2,0 bewegt. Die Ultraweitwinkelkamera hat eine feste Blende von f/2,0 und ebenfalls eine Auflösung von 50 Megapixeln. Die Telekamera kommt nominell auf erstaunliche 180 Megapixel. Ihr 2,5-facher optischer Zoom klingt dafür enttäuschend klein. Samsung bietet beim Galaxy S24 Ultra einen fünffachen optischen Zoom. Die Kameras auf der Rückseite und die 50-Megapixel-Frontkamera des Magic6 Pro nutzen alle Pixel Binning. Die Auflösung der fertigen Fotos wird zugunsten von mehr Bildinformationen verringert.
Bei der Haupkamera passt sich die Blende im Automatikmodus selbstständig an. Nur im Pro-Modus kann ich die Blende händisch anpassen. Im Vergleich zum Mate 50 fällt der Spielraum allerdings kleiner aus. Honors ehemaliger Mutterkonzern Huawei bietet immerhin f/1,4 bis f/4,0. Beim Magic6 Pro reicht es nur bis f/2.0.
Vorsicht: Der ebenfalls wählbare Modus «Blende» reicht zwar von f/0,95 bis f/16, arbeitet aber digital. Trotzdem ist er die bessere Option. Der Unterschied zwischen f/1,4 und f/2,0 kommt nur bei Nahaufnahmen zum Tragen und dafür ist die Brennweite der Hauptkamera wiederum zu weitwinklig. So hilft die selbstjustierende Blende vor allem bei der Regulierung der Aufnahmeparameter, spielt aber keine Rolle beim Arbeiten mit Unschärfe.
Farbwiedergabe
Die Farbwiedergabe des Honor Magic6 Pro ist gut und wirkt natürlich – wenn auch mitunter etwas blass. Vor allem bei der bunten Streetart-Wand könnten die Farben kräftiger sein. In anderen Situationen – zum Beispiel bei Sonnenschein – wirken die Farben weniger blass. Dort zeigt sich zudem, dass starke Kontraste kein Problem sind.
Ultraweitwinkelkamera
Nehme ich die Szenerie des letzten Bildes mit der Ultraweitwinkelkamera auf, bleibt die Farbwiedergabe gut. Die Detailgenauigkeit nimmt etwas ab und zu den Rändern treten die für diese Aufnahmen typischen Verzerrungen auf. Für die Betrachtung auf dem Smartphone oder Social-Media-Posts genügt die Detailgenauigkeit aber.
Telekamera
Nähere ich mich dem Kirchturm mithilfe der Telekamera, überzeugen die optische 2,5-fache und die digitale fünffache Vergrößerung mit einer hohen Detailgenauigkeit. Die etwas dunkleren Wiedergaben der Kirche bei 2,5-fach-Zoom sind den automatischen Einstellungen für diesen Bildausschnitt geschuldet.
Beim zehnfachen Zoom fallen erste Verschlechterungen in der Detailgenauigkeit auf, wenn ich die Aufnahmen am großen PC-Monitor betrachte. Auf dem Smartphone selber sehen sie gut aus. Das ändert sich aber mit zunehmender Brennweite. Ich kann zwar stufenlos bis zum 100-fachen Zoom gehen, aber bereits die Aufnahme mit 50-facher Vergrößerung macht klar, dass das Spielkram ist. Schöne Fotos mit hoher Detailgenauigkeit entstehen so nicht.
Nacht
Wird es dunkel, macht es bei Haupt- und Ultraweitwinkelkamera keinen Unterschied, ob ich der Automatik die Wahl überlasse oder selber den Nachtmodus aktiviere. Die Aufnahmen sind identisch.
Nutze ich dagegen die Telekamera, sorgt der Nachtmodus für einen deutlichen Zugewinn an Detailgenauigkeit und damit an Bildqualität. Das gilt für den optischen 2,5-fach-Zoom und auch noch für den fünffachen Digitalzoom, wie folgende Bilder zeigen.
Selfie
Wenn ich die Selfies des Magic6 Pro auf dem PC-Monitor in Originalgröße betrachte, könnte ich etwas über die Detailgenauigkeit meckern. Aber auf dem Smartphone sind die Aufnahmen wunderbar. Lasse ich die Beauty-Filter abgeschaltet, ist jedes Stirnrunzeln gut zu erkennen. Die Farbwiedergabe ist angenehm, natürlich, mit der Tendenz, etwas zu hell zu sein. Vor allem meine Jacke könnte schwärzer sein.
Jede Menge Power
Mit dem Snapdragon 8 Gen 3 und 12 Gigabyte Arbeitsspeicher ist das Honor Magic6 Pro gut ausgerüstet. Im Alltag bekommst du das Smartphone nicht an seine Leistungsgrenzen. Einzig bei Dingen wie der Videobearbeitung oder Spielen in den allerhöchsten Einstellungen könntest du dezente Unterschiede zu anderen Smartphones merken.
Unter den Smartphones mit dem Snapdragon 8 Gen 3 steht das Magic6 Pro allerdings nicht ganz oben an der Spitze. Zumindest bei den Ergebnissen der Benchmark-Tests Geekbench und PCMark Work 3.0.
Die leicht besseren Ergebnisse des Galaxy S24 Ultra sind dadurch zu erklären, dass Samsung eine eigene Version des Snapdragon 8 Gen 3 erhält. Bei ihr ist der Hochleistungsrechenkern etwas höher getaktet. Beim Gaming-Smartphone von Redmagic dürfte die Software noch besser darauf optimiert sein, das Maximum an Leistung herauszuholen. Zu wenig Rechenkraft musst du beim Honor Magic6 Pro aber nicht fürchten.
Eigene Dienste und noch wenig KI
Honor versieht Android 14 beim Magic6 Pro mit seiner Benutzeroberfläche MagicOS 8.0. Neben einigen optischen Anpassungen, bringt diese vor allem mehrere Dienste von Honor auf die Geräte. Dazu gehören mit dem «Honor App Market» ein weiterer App-Store, ein Spiele-Center und die «My Honor»-App, die Services des Herstellers bündelt. Über «Honor Connect» könnte ich mich mit meiner Honor-ID auf verschiedenen Geräten anmelden und zum Beispiel geräteübergreifend Anrufe und Benachrichtigungen sehen oder die Smartphone-Kamera als Webcam nutzen. Die sechs vorinstallierten Apps von Drittanbietern lassen sich mit wenig Aufwand löschen.
Im «Assistent»-Menü der Einstellungen bündelt Honor die Künstliche Intelligenz (KI) des Smartphones. Im Vergleich zu Samsung oder Google ist die Übersicht der Dienste noch klein und nicht besonders beeindruckend, aber im Einzelfall durchaus praktisch.
Die AI-Vorschläge packen Apps, die mich interessieren könnten, in einen Ordner auf der Startseite. Bei mir löst das aber keine Begeisterung aus. Praktischer, aber nicht neu sind die folgenden zwei Funktionen: Magischer Text kopiert Texte aus Bildern. Mit Magic Portal kann ich Texte, Bilder oder Screenshots an den rechten Rand des Displays ziehen und in eine der dort hinterlegten Apps kopieren.
Smart Sensing bündelt vier Funktionen, bei denen das Smartphone darauf achtet, ob ich seinen Bildschirm betrachte. So bleibt er länger eingeschaltet oder die Klingeltonlautstärke reduziert sich, wenn mein Smartphone meinen Blick registriert. Zudem wird das Always-on-Display erst eingeschaltet, wenn ich es betrachte. Am besten gefällt mir aber, dass sich die Bildschirmausrichtung an meinem Gesicht orientiert. Endlich keine Hochformat-Apps, die ins Querformat wechseln, weil ich gerade gemütlich herumliege. Einer der Gründe, warum ich die automatische Ausrichtung bei anderen Smartphones in der Regel deaktiviere. Alles sinnvolle und hilfreiche Einstellungen, aber weit von den KI-Funktionen entfernt, die andere derzeit anbieten.
Honor verspricht, das Magic6 Pro bis 2028 mit Android-Updates zu versorgen. Sicherheitsaktualisierungen soll es ein Jahr länger geben.
Neuartiger Akku mit langer Laufzeit
Honor verbaut im Magic6 Pro einen Silizium-Carbon-Akku. Diesen hat das Unternehmen beim MWC 2023 erstmals vorgeführt und knapp ein Jahr später bereits die zweite Generation in einem Seriengerät verbaut. Die Leistungsdichte der Batterie soll 12,8 Prozent höher sein als bei herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus bei etwas kompakterer Bauweise. Vor allem bei niedrigen Ladeständen soll sich die Laufzeit gegenüber den derzeit üblichen Li-Ion-Akkus verlängern.
Der Akku des Magic6 Pro hat mit 5600 mAh eine etwas höhere Kapazität als das durchschnittliche Top-Smartphone. Der Akkutest von PCMark Work 3.0 ermittelt bei voller Displayhelligkeit eine Laufzeit von 8:44 Stunden. Das ist gut, aber es geht noch besser. Das Xiaomi 14 Ultra erreicht im gleichen Test 8:58 Stunden und das Galaxy S24 Ultra sogar 10:58 Stunden – beide mit 600 mAh weniger und dunkleren Displays. Dieser Test kann den angeblichen Vorteil des neuen Silizium-Carbon-Akkus aber gar nicht beurteilen. Er entlädt die Batterie nur bis zu einem Ladestand von 20 Prozent – und erst ab da soll die neue Technologie ja von Vorteil sein.
Deswegen lade ich das Magic6 Pro und das Xiaomi 14 Ultra jeweils bis 20 Prozent auf. Anschließend starte ich mit maximaler Displayhelligkeit ein langes Youtube-Video. Beim Xiaomi wird der Bildschirm nach 3:23 Stunden dunkel. Beim Honor kann ich 52 Minuten länger schauen, also 4:15 Stunden. Dabei zieht sich das letzte Prozent so wie die letzte Minute bei einer Waschmaschine – nur dass dies beim Smartphone deutlich positiver ist. 60 Sekunden vor Abschaltung weist das Smartphone auf diese hin.
Damit holt das Honor Magic6 Pro mit seinem neuartigen Akku nicht nur die 14 Minuten aus dem anderen Akkutest gegen das Xiaomi 14 Ultra auf, sondern hält insgesamt über eine halbe Stunde länger durch.
Aufgrund der unterschiedlichen Akkukapazität lässt sich das nicht direkt vergleichen. Zwar holt das Magic6 Pro aus den letzten 20 Prozent ein Viertel mehr Laufzeit heraus – und das mit einem nur 12 Prozent größeren Akku und 800 Nits hellerem Display. Das klingt super, ist in der Realität aber weniger als eine Stunde mehr. Es verschafft dem Smartphone nicht die von vielen erhoffte Laufzeit von zwei oder sogar noch mehr Tagen. Und das Galaxy S24 Ultra steht mit einem kleineren Akku immer noch besser da.
Beim Laden nimmt das Gerät bis zu 80 Watt entgegen. Damit ist es in der Theorie in weniger als 30 Minuten geladen. Nur etwas langsamer wird es beim drahtlosen Laden mit bis zu 66 Watt. Beides funktioniert nur mit der Schnellladetechnologie «SuperCharge», die Honor und Huawei verwenden. Da allerdings kein Netzteil im Lieferumfang enthalten, ist die Ladezeit stark vom verwendeten Netzteil abhängig. Beim drahtlosen Laden musst du beachten, dass nur wenige Ladepads so viel Power liefern. Der neue und am weitesten verbreitete Standard Qi2 überträgt maximal 15 Watt.
Fazit
Top-Smartphone ohne das gewisse Etwas
Das Honor Magic6 Pro reiht sich erfolgreich bei den Top-Smartphones ein. Dafür sorgt vor allem die Ausstattung, die es mit den anderen Spitzengeräten gemein hat: viel Leistung, schickes und helles Display, ein gutes Kamerasystem und eine lange Akkulaufzeit.
Mir fehlt allerdings das gewisse Etwas, um sich aus der Masse hervorzuheben. Die Smart-Sensing-Funktionen finde ich zwar hilfreich, aber sie alleine genügen nicht – vor allem nicht im Vergleich zu den KI-Diensten, die andere Hersteller bereits bieten. Die mechanische Blende ist zudem kein Spielzeug, das beim Fotografieren große Auswirkungen hat. Die angepriesenen Vorteile der neuen Akkutechnologie lassen sich nachvollziehen, aber die Verbesserungen in der Realität sind geringer als erhofft.
Pro
- Gute Telekamera
- Helles OLED-Display
- Smart-Sensing-Funktionen
Contra
- KI-Angebot ausbaufähig
- Mechanische Blende der Kamera mit wenig Effekt
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus.