HMD Skyline im Test: die Rückkehr des Lumia-Designs
Beim HMD Skyline sollen sich Akku und Display leicht austauschen lassen. Optisch ist das Mittelklasse-Smartphone von den Lumia-Geräten inspiriert.
Das HMD Skyline greift optisch in die Retro-Kiste. Technologisch ist es auf der Höhe der Zeit und setzt sich mit einer einfachen Reparierbarkeit von der Masse der Smartphones ab. Die kurzen Update-Zeiträume stehen dazu allerdings im Gegensatz.
Akku, USB-C-Anschluss und Display selber austauschen
Mit dem Skyline setzt HMD die als Nokia-Hersteller begonnene Kooperation mit iFixit, die Ersatzteile und Reparaturanleitungen anbieten, fort. Im Vergleich zum Nokia G22 soll unter dem Schlagwort «Repairability 2.0» die Reparatur im privaten Rahmen noch einfacher werden.
An der Unterkante des Skyline befindet sich eine Torx-Schraube (T4). Diese drehe ich etwa ein Viertel, um die Rückseite anzuheben. Jetzt passt ein «Plektron» in den Zwischenraum und ich kann die gesamte Rückseite lösen. Nun habe ich Zugriff auf den nicht verklebten Akku und kann weitere T4-Schrauben lösen, um den USB-C-Anschluss oder das Display auszutauschen. Ganz ohne Steckverbindungen kommt das Smartphone nicht aus. Deswegen empfehle ich einen genauen Blick in die jeweiligen Reparaturanleitungen.
Die Ersatzteile soll es mindestens sieben Jahre lang über iFixit geben. Ein Display kostet zum Beispiel 95 Euro und die nötigen Werkzeuge als Set 25 Euro. Oder du holst dir gleich das Komplettpaket an Tools:
Die Rückkehr des Lumia-Designs
Bevor HMD die Nokia-Smartphones hergestellt hat, produzierte sie Microsoft mit Windows Phone als Betriebssystem. Das Projekt endete vor über zehn Jahren erfolglos, das Design der Nokia Lumia-Geräte dürfte aber vielen im Kopf geblieben sein. Vor allem die Ecken des Displays des HMD Skyline erinnern stark an das Lumia 920.
Das 6,55 Zoll große OLED-Display hat eine Auflösung von 2400 × 1080 Pixeln. Das bedeutet, die Pixeldichte liegt bei 319 ppi und ergibt damit für das menschliche Auge ein scharfes Bild. Die Bildwiederholrate fällt mit bis zu 144 Hertz hoch aus. Die maximale Helligkeit von 1000 Nits ist für die Nutzung bei Sonnenschein hoch genug.
Die abnehmbare Rückseite des HMD Skyline ist aus Kunststoff. Der Rahmen besteht komplett aus Recycling-Aluminium. Das Smartphone hat eine IP54-Zertifizierung erhalten. Das bedeutet, es ist vor Spritzwasser geschützt.
Eine Taste für deine Lieblingsaktionen
Als kleine Besonderheit hält das HMD Skyline eine zusätzliche Taste am linken Rand bereit. In den Einstellungen kannst du ihr zwei von zahlreichen Aktionen zuweisen. Sie unterscheidet zwischen doppelt drücken sowie drücken und halten. Ab Werk schaltest du so die Taschenlampe ein und spielst Musik ab. Du kannst aber auch eine App öffnen, Systemaktionen wie einen Screenshot durchführen oder die Kamera öffnen.
Für die Ein/Aus-Taste kannst du ebenfalls eine Aktion in den Einstellungen auswählen. Hier aber nur für doppeltes Drücken. Drücken und halten aktiviert ab Werk den Google Assistant. Das lässt sich einzig mit dem Ausschaltmenü mit Neustart- und Notfall-Taste austauschen .
Genug Power, wenn auch etwas langsamer als erwartet
HMD baut den Mittelklasse-Chipsatz Snapdragon 7s Gen 2 in das Skyline ein. Der hat genug Power für den Alltag. Das Smartphone hat zudem 5G, Wi-Fi 6E und Bluetooth 5.2. Der Prozessor verfügt über acht Rechenkerne und ähnelt von den höher getakteten Effizienzkernen her dem Snapdragon 7 Gen 1.
In Benchmark-Tests ist das Skyline mit dem Xiaomi Redmi Note 13 Pro 5G gleichauf – mit einem Ausreißer im Office-Benchmark von PC Mark Work 3.0 – ein Test, der die Bewältigung alltäglicher Aufgaben bewerten soll. Beide Smartphones mit dem Snapdragon 7s Gen 2 schneiden im Vergleich zum nominell älteren Snapdragon 7 Gen 1 im HTC U23 Pro etwas schlechter ab. Das günstigere Nothing Phone (2a) steckt mit dem Dimensity 7200 Pro aber alle drei anderen Smartphones in die Tasche – zumindest bei Geekbench.
Mein Testgerät verfügt über acht Gigabyte Arbeitsspeicher – genau wie das ebenfalls gestestete Redmi Note 13 Pro 5G von Xiaomi. In der Schweiz verkauft HMD das Skyline aber nur mit zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher. Sprich, die Testergebnisse sollten besser ausfallen. Apropos Schweiz: Dort gibt es bei uns 1 von 100 Nokia 3210 als Zugabe zum Skyline.
Mit den zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher verfügt das Skyline immer über 256 Gigabyte Speicherplatz. Bei acht Gigabyte Arbeitsspeicher sind es je nach Angebot 128 oder 256 Gigabyte. Unabhängig von der Speichergröße kannst du ihn immer mit einer microSD-Karte erweitern.
Das erste Smartphone mit Qi2
Das Skyline von HMD ist das erste Smartphone mit dem neuen drahtlosen Ladestandard Qi2. Dieser überträgt bis zu 15 Watt – mit dem bisher üblichen Qi1 sind nur 7,5 Watt möglich. Mir fehlt allerdings ein passendes Ladegerät, um das bewerten zu können. Für Kollege Lorenz Keller könnte nun allerdings die Zeit beginnen, in der Qi2 kein Reinfall mehr ist.
Ich lade das Skyline über das mitgelieferte USB-C-Kabel mit bis zu 33 Watt. Da dauert eine komplette Ladung zwar bis zu 1,5 Stunden, aber von 20 auf 80 Prozent komme ich in 30 Minuten. Ein Netzteil legt HMD nicht bei, unterstützt werden aber weit verbreitete Schnellladestandards, so dass die meisten Netzteile die volle Power beim Laden liefern können.
Der Akku des HMD Skyline fällt mit 4600 mAh etwas kleiner als üblich aus. Im Durchschnitt liegen aktuelle Smartphones derzeit etwa bei einer Kapazität von 5000 mAh. Der Batterietest von PC Mark Work 3.0 ermittelt – bei voller Displayhelligkeit – eine Akkulaufzeit von 8:34 Stunden. Damit schneidet es sogar vier Minuten besser ab, als das bereits erwähnte Redmi Note 13 Pro 5G, dessen Akku über zehn Prozent mehr Kapazität bietet. Jenseits dieses Direktvergleichs bewegt sich das Skyline damit in einem durchschnittlichen Bereich für die Akkulaufzeit von Smartphones.
Brauchbare Kameras können auch eine Enttäuschung sein
HMD stattet das Skyline mit drei Kameras auf der Rückseite aus. Dabei verfügt die Hauptkamera über einen 108-Megapixel-Sensor (Samsung Isocell HM6). Eine 50-Megapixel-Tele- und eine 13-Megapixel-Ultraweitwinkelkamera ergänzen sie. Auf der Vorderseite kommt noch eine 50-Megapixel-Kamera für Selfies dazu.
Von der Ultraweitwinkelkamera abgesehen, nutzt HMD sogenanntes «Pixel Binning». Dadurch werden mehrere nebeneinander liegende Pixel zu einem zusammengerechnet. So soll sich die Lichtempfindlichkeit und am Ende die Bildqualität erhöhen. Zudem sind die Bilddateien am Ende kleiner, als wenn sie wirklich mit 50 oder 108 Megapixel aufgenommen werden.
Viel Gelb
Das HMD Skyline mischt erkennbar viel Gelb ins Bild. Nach meinem Geschmack zu viel. Apple macht das zwar auch gerne, ist dabei aber etwas dezenter. Die Detailgenauigkeit ist für die Ansicht auf dem Smartphone und die Social-Media-Nutzung ausreichend. Die Schwächen fallen erst bei der Betrachtung in der 100-Prozent-Ansicht auf.
Hole ich die Sonne mit ins Bild, kommt das Skyline gut mit Kontrasten zurecht. Die Farben wirken aber etwas abgestumpft. Der Himmel war blauer und das Gras grüner.
Gute Ultraweitwinkel- und mittelmäßige Telekamera
Die Ultraweitwinkelkamera bietet eine bessere Farbwiedergabe als die Hauptkamera. Das satte Blau am Himmel und den grünen Rasen finde ich nicht übertrieben, sondern nah an der Realität. Mit ihrer Auflösung kann die Ultraweitwinkelkamera zwar nicht auf Pixel Binning zurückgreifen, bietet aber eine ähnlich gute Detailgenauigkeit wie die Hauptkamera.
HMD ist voll des Lobes für die Telekamera, die einen dreifachen optischen und einen vierfachen verlustfreien Zoom bieten soll. Möglich wird das unter anderem durch eine Technologie namens «AI Capture Fusion». Dabei soll die Hauptkamera helfen, den Zoom-Bildern weitere Details hinzuzufügen. Das klappt aber noch nicht so wie versprochen.
Zwei- und dreifacher Zoom sehen auf dem Smartphone selbst und sogar auf einem 27-Zoll-Monitor gut aus. Das ist aber maximal eine Ansicht von 43 Prozent. Schaut man sich die Aufnahmen in voller Größe an, sind viele Artefakte und kaum Details zu erkennen. Das wird schlimmer, je weiter das Motiv entfernt ist – und gerade das will man ja besser sehen.
Der vierfache Zoom ist mit schweren Qualitätsverlusten behaftet und vermittelt einen Eindruck, wie die anderen Aufnahmen in der 100-Prozent-Ansicht aussehen. Schön ist das nicht. Damit erübrigt sich auch die Nutzung des bis zu einer 20-fachen Vergrößerung angebotenen Digitalzooms.
Fast perfekte Porträts
Der Porträtmodus liefert gute Bilder ab. Im Detail gibt es Kritik. Farbwiedergabe, Detailgenauigkeit und Unschärfe passen im Großen und Ganzen. Sogar mein Arm im Vordergrund wird unscharf gemacht. Allerdings wirkt mir mein Bart zu «kantig». Zudem sind an meiner Glatze und vor allem bei der Brille noch Schwächen bei der Unterscheidung zwischen Person und Hintergrund zu erkennen.
Gemälde bei Nacht
Bei Dunkelheit zaubert das Skyline mit etwas Restlicht und seinem Nachtmodus schöne Aufnahmen. Gegenüber der Automatik sind diese besser ausgeleuchtet und weisen eine höhere Detailgenauigkeit auf. Von einer natürlichen Darstellung sind sie allerdings weit entfernt. Ich habe vielmehr das Gefühl, auf ein Ölgemälde zu blicken.
Brauchbare Selfies
Obwohl ich alle Beauty-Filter ausgeschaltet habe, wirkt mein Gesicht auf den Selfies weichgezeichnet. Oder sind es Mängel bei der Detailgenauigkeit? Die sollte der 50-Megapixel-Sensor eigentlich nicht zeigen. Bei der Farbwiedergabe fällt mir vor allem das ausgeblichene Schwarz vom T-Shirt negativ auf.
Die Frontkamera bietet ebenfalls einen Porträtmodus. Farblich und in Sachen Detailgenauigkeit gilt die gleiche Kritik wie bei herkömmlichen Selfies. Dafür erkennt die Software hier aber meine Brille korrekt und stellt sie komplett scharf dar.
Die Frontkamera ist für gute Bilder auf viel Licht angewiesen.
Detox Modus und kurze Update-Zeiträume
HMD liefert das Skyline ab Werk mit Android 14 aus. Optisch bietet die Benutzeroberfläche monochrome App-Symbole auf der Startseite. Allerdings nicht für jede App und in der Übersicht sind sie bunt wie immer. Vier Werbe-Apps sind zudem vorinstalliert, lassen sich aber mit wenig Aufwand entfernen.
Eine Funktion, die HMD für das Skyline anpreist, ist auf meinem Testgerät noch nicht vorhanden: der Detox-Modus. Ich habe ihn aber schon gesehen. Der Smartphone-Hersteller will Menschen helfen, ihre Geräte bewusster und weniger zu benutzen. Dabei soll dieser Modus helfen. Ich lege Apps fest, die bei aktivem Detox Modus komplett verschwinden und mir auch keine Benachrichtigungen schicken. Ich kann auch Kontakte festlegen, die mich in der Zeit nicht erreichen können – und umgekehrt.
Vor der Aktivierung des Detox Modus wähle ich noch aus, wie lange er mich einschränken soll. Eine Deaktivierung ist während dieser Zeit nicht vorgesehen. Im Notfall lässt sich der Detox-Modus aber durch einen Neustart des Smartphones beenden.
HMD will das Skyline mit zwei großen Betriebssystem-Updates versorgen und drei Jahre lang Sicherheitsaktualisierungen liefern. Das steht ein wenig im Widerspruch zu den deutlich länger angebotenen Ersatzteilen. Ohne Updates wird das Smartphone zwar nicht direkt unbenutzbar, aber je länger keine Sicherheitslücken geschlossen werden, desto unsicherer wird die Nutzung. HMD sagt, die meisten Leute würden sowieso nur planen, ihr Gerät zwei bis drei Jahre zu nutzen und längere Updates würden die Kosten erhöhen.
Fazit
Nicht perfekt, dafür leicht zu reparieren
Das HMD Skyline gefällt mir als Mittelklasse-Smartphone viel besser als die Einsteiger-Smartphones von HMD. Für den Preis bekommst du viel Smartphone, aber die Konkurrenz baut zum Leidwesen von HMD teilweise bessere Geräte. Diese lassen sich allerdings nicht so leicht reparieren.
Optisch setzt das Skyline mit den Anleihen bei den Lumia-Geräten Akzente, die es von anderen Smartphones abhebt. Das Display ist gut, die Leistung mehr als alltagstauglich und die Akkulaufzeit brauchbarer Durchschnitt. Herausragend ist die leichte Reparierbarkeit des Smartphones.
Das Kamerasetup liefert ordentliche Fotos. Es zeigt aber bei Dunkelheit und Teleaufnahmen sowie dem Blick auf die Details, dass teurere Smartphones besser sind. Bei allem Verständnis sorgen die kurzen Update-Zeiträume zudem für eine Enttäuschung. Ich würde in diesem Preisbereich eher auf das Pixel 8 oder 8a von Google schielen. Falls die Reparierbarkeit das wichtigste Kriterium ist, würde ich etwas mehr Geld in das Fairphone 5 investieren.
Pro
- leichte Reparierbarkeit
- Lumia-Design
- erstes Smartphone mit Qi2
Contra
- kurze Update-Zeiträume
- Telekamera enttäuscht
- Kamera bei Dunkelheit mit Schwächen
Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus.