Interview mit «Z»-Erfinder: «Unsere Game-Tester nannten ihr Büro den Kerker»
«Command & Conquer» ist Kult. Das war nicht immer so. Anfangs wehte der Serie ein starker britischer Wind namens Bitmap Brothers entgegen. Das kleine Studio lieferte mit «Z» ein freches, originelles und knackiges Echtzeitstrategiespiel, das das Zeug zum Megahit hatte. Warum es bei lediglich einem Nachfolger bleiben sollte, erklärt Studiogründer Mike Montgomery.
Vor über 20 Jahren tobte die Schlacht der Echtzeitstrategiespiele. 1995 erschien das erste «Command & Conquer», welches den Weg für zahlreiche Nachfolger ebnen sollte. Nur ein Jahr später folgte jedoch ein Spiel, das das Zeug hatte, «C&C» die Krone streitig zu machen. Es bestand aus einem einzigen Buchstaben: «Z». Entwickelt wurde es vom britischen Studio Bitmap Brothers, die bereits für Klassiker wie «Speedball 2» und «GODS» verantwortlich waren. «Z» stellte Westwoods Serienauftakt in vielen Belangen in den Schatten. Warum das Spiel mit den ikonischen roten Robotern trotz Bestwertungen viel zu schnell wieder von der Bildfläche verschwand, erklärt mir der Gründer des Bitmap-Brothers-Studios, Mike Montgomery im Skype-Interview.
Was hat «Z» so speziell gemacht?
Mike Montgomery, CEO Bitmap Brothers: Es gab zwei Sachen, also eigentlich mehrere. Aber zwei Dinge stechen für mich heraus: Zum einen die Zwischensequenzen und der Humor. Sie sorgten für eine sehr amüsante Story. Das Spiel an sich war eigentlich schon sehr humorvoll. Zum anderen die Balance. Wir verbrachten Monate damit, «Z» zu balancen, damit es sowohl im Singleplayer wie auch im Multiplayer fair war.
Was kam zuerst, die Geschichte oder die Roboter-Figuren?
Einer der Gründe, warum «Z» so viel Zeit benötige, war, dass wir auf dem Amiga angefangen haben. Als der seinen Sinkflug begann, wechselten wir zum PC. Das Problem mit dem PC war, dass die CD Rom rauskam als wir das Spiel schon halbwegs fertig hatten. Also mussten wir die CD mit irgendwas füllen. Davor lief das Spiel auf zwei Disketten. Um ehrlich zu sein, würde das Spiel wohl heute noch auf zwei Disketten laufen. Zwei Jahre bevor das Spiel rauskam, mussten wir also plötzlich was mit FMV (Full Motion Video) machen. Die Story und die Roboter wurden dann um das Spiel herum entwickelt und nicht umgekehrt.
Das Design von «Z» war aussergewöhnlich. Was hat euch dazu inspiriert?
Ich habe keine Ahnung (lacht). Das hat mich noch niemand gefragt. Ich vermute, wir haben es uns einfach irgendwie ausgedacht. Mir fällt nichts ein, was uns dazu inspiriert haben könnte. Es ist schon ein Weilchen her. Ich bin schon froh, dass ich mich überhaupt noch an etwas erinnern kann (lacht).
Ein anderer essentieller Teil des Spiels war die künstliche Intelligenz. Sie war ihrer Zeit voraus.
Um ehrlich zu sein, war es ein sehr schwieriges Spiel. Wir mussten es für den US-Markt etwas zurückschrauben. Vermutlich für jeden Markt ausser England. Engländer wollten damals schwierige Spiele, aber der Rest der Welt mochte es etwas einfacher. Heutzutage sind solche Spiele sogar einfacher als einfach.
Es ist relativ simpel, eine KI zu entwickeln. Die Schwierigkeit liegt im Balancing, was wir ziemlich gut hingekriegt haben, finde ich. Damals dachten wir, dass es sinnlos ist, ein Spiel zu machen, das keine Herausforderung darstellt. Du bezahlst viel Geld, also solltest du auch viele Stunden Unterhaltung rausholen können und nicht einfach durchlaufen und nach ein paar Stunden bist du fertig.
Um in «Z» zu gewinnen, muss man schnell sein. Oft entscheiden Sekunden, ob man einen grossen Panzer bekommt oder von selbigem in die Luft gejagt wird.
Das war Absicht. Wir waren berühmt für unsere Arcade-Games und es machte Sinn, ein Arcade-Game zu entwickeln. Und Arcade-Games sind normalerweise sehr schnell. Wenn du nur eine Sekunde zögerst, bist du tot.
Hattet ihr Tester oder habt ihr das selbst gemacht?
Wir hatten ein Büro für die Tester. Sie nannten es den Kerker. Es war ein dunkles und schäbiges Büro. 20 bis 30 Tester waren wohl gleichzeitig im Büro. Es war sehr ungewöhnlich, dass die Tester am gleichen Ort arbeiteten wie wir und nicht irgendwo ausserhalb.
In der Demoversion von «Z» fluchten die Roboter wie Kesselflicker. Das finale Spiel war jedoch jugendfrei. Gab es zwei Versionen oder was war der Grund für diese Änderung?
Diese Demo war eigentlich nur für die Presse vorgesehen und nicht für den öffentlichen Release. Es war ein Marketing-Gag, um die Aufmerksamkeit der Presse zu erhalten. Es ging nicht darum, grob zu sein, es sollte lustig sein. Es war vermutlich auch etwas britischer Humor.
Das Sound Design war ein weiterer integraler Teil des Spiels. Die Musik variierte in der Intensität je nachdem, was gerade passierte. Ihr nanntet es Conditional Music.
Ja, das war ein Albtraum (lacht). Es war meine Idee. Ich ging zu unserem Musiker und sagte ihm: Schreib Musik mit zwei Schlägen pro Takt. Ich weiss es nicht mehr genau. Aber die verschiedenen Tracks mussten miteinander übereinstimmen. Wir wollten acht Variationen, aber wir landeten bei vier, weil mehr einfach unmöglich war. Die Musik wurde von der CD gestreamt und so konntest du vier Tracks gleichzeitig abspielen und einfach hin und herwechseln.
Was waren die Auslöser für den Wechsel der Musik?
Die meisten Auslöser hingen damit zusammen, wie viele Gefechte gerade stattfanden. Es gab noch andere, aber das ist der einzige, an den ich mich erinnern kann.
«Command & Conquer» erschien ein Jahr vor «Z». Habt ihr euch davon inspirieren lassen?
Die Entwicklung von «Z» begann vier Jahre vor Release. Mitten drin verliess uns unser Lead Programmer und wechselte zu «Command & Conquer». «C&C» hat also vermutlich mehr Einflüsse von «Z» als umgekehrt. Das war auch ein Grund, warum das Spiel sich verzögerte. Komischerweise wurden beide Spiele von Virgin herausgegeben. Es ist sehr gut möglich, dass Virgin mitgeholfen hat, «Z» zu verzögern, um möglichst viele Exemplare von «C&C» verkaufen zu können.
Wie stark habt ihr diese Konkurrenz gespürt? Schliesslich waren «Z» und «C&C» damals die beiden grössten Real-Time-Strategy-Games
Es gab da noch «Starcraft», aber ja, das waren sicherlich die drei grössten damals. Dass «C&C» im Vergleich zu «Z» zahlreiche Nachfolger generierte, hat mit Geld zu tun. Bitmap Brothers war eine private Firma, die sich durch «Z» finanzierte. Wir hatten nie die finanziellen Mittel, dass wir uns mit «C&C» hätten anlegen können. Da stand schliesslich ein grosser Publisher mit einem deutlich grösseren Portemonnaie dahinter. Es ist ein ungleicher Kampf, als Individuum gegen eine grosse Firma anzutreten.
Hat sich durch die vielen neuen Distributionsmöglichkeiten, die es heute gibt, nichts verändert?
Es läuft immer aufs Geld hinaus. EA, Square Enix und andere grosse Publisher haben Budgets in Millionen-, wenn nicht gar in Milliarden-Höhe. Ein Indie-Studio kann dagegen vielleicht ein paar Tausender für’s Marketing springen lassen. Es ist schwierig als Indie Geld zu machen, aber du kannst immerhin etwas verdienen. Es ist ein harter Markt. Wenn du dir keine TV-Werbung leisten kannst, bist du nicht massentauglich.
Kürzlich ist das Remaster von «GODS» erschienen, einem weiteren Bitmap-Brothers-Klassiker. Wie warst du dort involviert?
Primär teste ich das Spiel und bringe Änderungsvorschläge. Ich lasse das Team arbeiten und halte ein Auge drauf, dass es dem Original treu bleibt.
Wird es mal ein neues «Z» geben?
Nein, dafür habe ich kein Geld (lacht).
Immerhin gab es die Mobile-Versionen.
Ja, aber die waren praktisch identisch zum Original. Vielleicht mach ich es selbst, wenn ich in Rente gehe.
Du könntest eine Kickstarter-Kampagne starten.
Das Problem ist auch, dass du Zeit und Geld brauchst und ich hab beides nicht.
Aber würdest du gerne eine Fortsetzung machen?
Nun ja, nach «Z» gab es «Z: Steel Soldiers» und «World War II: Frontline Command», beides Echtzeitstrategiespiele. Es ist eines meiner Lieblingsgenres. Jetzt machen wir nur noch Auftragsarbeiten. Es würde mir wirklich Spass machen, noch einmal die Chance zu haben, ein RTS Game zu entwickeln.
Das ganze Interview gibt es auch in Audioform.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.