Produkttest

Joule Performance Raid Alcantara Review: Flauschig, mit Rennwagen-Charme und Krümelfalle

Martin Jud
9.12.2020

Gaming Chairs unterscheiden sich nur im Detail. Bei den Dimensionen, der Sitzfläche oder beim Material. Mal ist da Kunstleder, mal Echtleder und mal ist da kaum noch Leder – weil zu alt. Und ganz selten gibt es auch einen Gaming Chair mit Alcantara.

Auch wenn sich Gaming Chairs äusserlich ob dem gegebenen Racing Look kaum unterscheiden, kann sich Joule Performance mit dem Raid Alcantara etwas von der Masse abheben. Denn nebst PU-Leder ist auch Alcantara mit von der Partie. Ein Velourskunstleder mit samtiger Oberfläche, das an Wildleder erinnert. Es ist bei der Sitzfläche und an der Rückenlehne zu finden. Was der in schwarz gehaltene Stuhl mit – je nach Lichteinfall – knallig roten Ziernähten im Wabenstil sonst noch bietet, zeigt die Sitzprobe aufs Exempel.

Das Modell Raid Alcantara gibt es auch mit blauen Ziernähten.

Die Spezifikationen:

  • Max. Belastbarkeit: 150 kg
  • Materialien: PU-Leder, Alcantara, Metall, Kaltschaum, Plastik
  • Dimensionen (Länge, Breite, Höhe, Gewicht): 57 × 72 × 130 cm, 31 kg
  • Sitzfläche (Breite, Tiefe): 39 × 49 cm
  • Rückenlehne (Breite, Höhe): 57 x 86
  • Neigungswinkel Rückenlehne: 150°
  • Wippfunktion: Stufenlos einstellbar, kann arretiert werden
  • Minimale Sitzhöhe: 48 cm
  • Maximale Sitzhöhe: 57 cm
  • Grösse Armlehnenauflage: 26,5 × 10 cm
  • Armlehnen-Verstellbarkeit: 4D
  • Kissen: Nacken- und Lendenwirbelkissen

Zusammenbau und Material-Check

Dieser Stuhl schafft es, mich etwas in Rage zu versetzen. Ich will ihn gerne alleine zusammenbauen, was bei Gaming Chairs normalerweise vom Öffnen der Kartonschachtel bis zum Sitzen auf dem Teil um die 15 bis 20 Minuten dauert. Beim Stuhl von Joule Performance will das nicht klappen. Ich kriege ihn nicht alleine fertiggestellt. Das Problem: Versuche ich die Rückenlehne an den Sitz zu schrauben, sind die Löcher der Lehne zum Metall des Sitzes nicht bündig. Also sie sind es, sobald ich nachhelfe und das Polster, das an den Sitz grenzt, mit Gewicht von oben auf die Lehne zusammendrücke. Nur habe ich so keine freie Hand.

Ich ärgere mich und warte, bis mir ein netter Mensch hilft, die Schrauben reinzudrehen. Zu zweit klappte es in kurzer Zeit. Der anfängliche Frust wandelt sich schnell in Freude. Der Stuhl schaut gut aus. Ich mag Schwarz. Besonders, wenn das Schwarz mit dezentem Rot geschmückt daherkommt. Weiter beruhigt mich, dass ich scheinbar alleine mit obigem Problem dastehe. Kundenreklamationen zu einem ähnlichen Problem existieren bisher nicht. Und der Stuhl verkauft sich gut. Tja, ich habe wohl ein seltenes Montagsmodell, das aber zusammengebaut keine Nachteile hat und am Dienstag bereits Spass bringt.

Bevor es nun ans Probesitzen und – dank 150-Grad-Rückenlehne – auch Probeliegen geht, checke ich erstmal das Material.

Fusskreuz aus Metall und klassische Bürostuhlrollen.
Fusskreuz aus Metall und klassische Bürostuhlrollen.

Die Rollen am Raid Alcantara sind klassisch für Bürostühle. Es gibt aber auch Gaming Chairs, beispielsweise von Corsair, die mit «Rollerskates-Rollen» daherkommen. Der Unterschied: Mit dem Joule Performance Raid Alcantara benötige ich etwas mehr Kraft mit den Beinen, will ich damit rumrollen. Der Corsair rollt schneller los und dient besser fürs Bürostuhlrennen.

Das Fusskreuz ist aus Metall und sollte ein Leben lang halten. Was vom Stuhl an sich natürlich, wie bei fast allen Stühlen, nicht behauptet werden kann. Irgendwann ist jedes Polster durch. Wie lange das dauert, und ob Alcantara länger als Leder oder Kunstleder hält, weiss ich nicht. Falls ein Leder-Kenner oder -Fetischist unter den Lesern die Antwort weiss, bin ich gerne offen für anregende Kommentare.

Ziernähte, teils in Wabenform, geben einen coolen Look.
Ziernähte, teils in Wabenform, geben einen coolen Look.

Das Alcantara, von Joule Performance mit «hochwertiges italienisches Alcantara» beworben, fühlt sich gut an. Auch wenn Alcantara immer gleich hochwertig oder italienisch ist, da eine italienische Firma seit 1974 weltweit alleine eine Lizenz zum Herstellen des japanischen Mikrofaserstoffes hat. Alcantara fühlt sich, wie bereits erwähnt, etwas wie Wildleder an. Oder wie «flauschiges Leder». Nur: Wenn ich es nicht gerade mit den Fingern befummle, dann fühle ich dank Kleidung nicht, ob hinter dem Rücken beziehungsweise unter Po und Oberschenkeln nun PU- oder Kunstleder, anderes Leder oder wie hier Alcantara ist.

Das schwarze PU-Leder abseits der Alcantara-Stellen, also das mit Polyurethan beschichtete Leder, fühlt sich wie gutes Kunstleder an. Zwar nicht ganz so ledrig, wie sich beispielsweise das Kunstleder beim Modell Hero von Noblechairs anfühlt, aber dennoch ledrig genug, um nicht ganz sicher zu sein, um welches Material es sich handelt.

Nacken- und Lendenwirbelkissen
Nacken- und Lendenwirbelkissen

Mit gleichem Leder bezogen kommen Lendenwirbel- und Nackenkissen daher. Das Nackenkissen empfinde ich als angenehm. Es ist eher prall befüllt. Normalerweise verzichte ich bei jedem Gaming Chair auf Kissen. Jedoch ist dieses Nackenkissen ein ganz besonderes, das als erstes die gesamte Testdauer am Stuhl bleibt. In der Lendengegend jedoch fühle ich mich auch auf diesem Stuhl ohne Kissen wohl.

Die Armlehne kann in vier Dimensionen verstellt werden.
Die Armlehne kann in vier Dimensionen verstellt werden.

Zuletzt im Materialcheck: die Armlehne. Sie schaut eigentlich gleich aus, wie bei allen Gaming Chairs, die ich kenne. Und sie kann, wie die meisten, in vier Dimensionen verstellt werden – also hoch/runter, links/rechts, vor/zurück oder schwenken. Natürlich und auch leider ist sie aus Plastik. Dennoch fühlt sich die 26,5 × 10 cm grosse Auflage angenehm gummiert an.

Das sagt die Sitzprobe aufs Exempel

Reinsinken. Augen schliessen. Fühlen. Gasdruckfeder betätigen. Runterfahren. Aufstehen. Die Wippfunktion mittels Drehknauf auf die minimale Härte einstellen. Erneut reinsinken. Lehnen-Winkel tunen. Kissen hinter die Lende schieben. Lendenwirbelkissen wieder entfernen. Nackenkissen zurechtschieben. Und jetzt – jetzt ist es perfekt.

Die Rückenlehne lässt sich beim Raid Alcantara um 150 Grad nach hinten neigen. Möchtest du dennoch mit dem Oberkörper in der Waagerechten liegen, geht das gemeinsam mit der Wippfunktion, die auch arretiert werden kann.

Zwei Hebel und ein Drehknauf für Höhe sowie Arretierung und Stärke der Wippfunktion.
Zwei Hebel und ein Drehknauf für Höhe sowie Arretierung und Stärke der Wippfunktion.

Ich liege bequem. Und sitze ich, ist auch das voll in Ordnung: Es sitzt sich minimal weicher als auf einem Noblechairs Hero oder einem Corsair T1 von 2018. Nutze ich kein Lendenwirbelkissen, ist der Sitz mit meinen 181 Zentimetern da zu Ende, wo auch meine Oberschenkel enden. Mit niedrigster Stuhlhöhe kommen meine Füsse, trage ich nur Socken, gerade so auf den Boden. Passt.

Eine optisch hübsche Krümelfalle. Davon gibt es zwei.
Eine optisch hübsche Krümelfalle. Davon gibt es zwei.

Was ich etwas eigenartig finde, ist, dass sich neben der Sitzfläche beidseitig eine Krümelfalle befindet. Die beiden Furchen bieten sich allerdings auch, um das Smartphone aufzubewahren. Zwar passe ich, mit eher schlaksigem Körperbau, bestens auf die Sitzflächenbreite von 39 Zentimetern, doch wäre es für andere Sitzbegeisterte bestimmt gut, hier auf die Furchen zu verzichten und mehr Sitzfläche zu bieten.

Nach gut zwei Wochen des Probesitzens fühle ich mich weiter wohl im Stuhl. Rückenschmerzen sind nicht da, habe ich aber auch sonst nicht. Vergleiche ich mit anderen Gaming Chairs, sitze ich aber dennoch lieber im oben erwähnten T1 von Corsair. Allerdings nur, weil der schmaler geschnitten ist und damit besser zu meinem Körper passt.

Fazit: Krümelfalle müsste nicht sein, Alcantara gefällt, Stuhl kann empfohlen werden

Eigentlich brauche ich nichts weiter zu schreiben. Der Fazit-Titel sagt bereits genau, wie mein Urteil ist.

Der Gaming Chair Raid Alcantara von Joule Performance ist ein bequemer Gamer-Thron. Er performt gut. Jedoch würde ich darauf achten, nicht zu viele Gipfeli oder sonstiges Gebäck darin zu futtern. Oder Cheddar Cheese Popcorn. Und für Menschen unter 180 Zentimeter sei angemerkt, dass die Füsse allenfalls in der Luft baumeln könnten.

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