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Kabel-Kurs, Teil 3: Lautsprecherkabel selbst testen
![Lothar Brandt](/im/Files/1/2/3/1/2/0/8/6/Portrat%20lbr.jpg?impolicy=avatar&resizeWidth=40)
Du glaubst niemandem etwas, wenn es um den Einfluss von Audio-Kabeln geht? Dann gibt es nur eines: Teste es für dich selbst. Hier einige Tipps, wie du einen solchen Test durchführen solltest.
Mit unserem Kabelkurs haben wir uns offenbar auf ein konfliktträchtiges Terrain begeben. Wie auch in manchem Kommentar zu Folge 2 zu lesen: «Schwachsinn», «lächerlich», «religiöser Artikel», «weggeworfenes Geld», «alles nur Einbildung» etc. Dies, obwohl ich ja gleich mehrfach auf die wichtigere und wirksamere Arbeit an der Raumakustik hingewiesen, mehrere Kabeltypen ohne Wertung vorgestellt habe. Obwohl ich mehrfach insistierte, dass es keine Ideallösung gibt und obwohl ich vor simplifizierenden, absolutierenden Werbesprüchen gewarnt habe.
Daher noch einmal die Vorbemerkung: Ich bin der Meinung, dass Klangverbesserungen innerhalb einer HiFi-Anlage zunächst mit der optimierten Lautsprecher-Aufstellung und Raumakustik beginnen sollten, bevor viel Geld in hochwertige Komponenten und Zubehör fliesst. Erst dann lohnt es sich, beispielweise über Kabel nachzudenken, welche die billigen Beipackstrippen ablösen könnten.
Dann aber führt kein Weg am Ausprobieren vorbei. Auch darauf sei nochmals ausdrücklich verwiesen: Bilde, besser: erhöre dir Deine eigene Meinung.
Selbst testen – am besten zuhause
Ich habe ja in Folge 2 mehrere unterschiedliche Typen von Lautsprecherkabeln vorgestellt (Flachband, Solid Core, Litze, verflochten, parallel), die sich in unterschiedlichen Kombinationen von (Verstärker) Endstufen und (Lautsprecher) Frequenzweichen unterschiedlich auswirken können.
![Ein Beispiel für ein Lautsprecher-Kabel in geflochtener Geometrie. Möglicherweise harmoniert diese mit Deiner Anlage am besten.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/2/Kabel%20aufgewickelt%20web.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Deswegen solltest du, so du möglicherweise etwas mehr oder gar richtig viel Geld in höherwertige Verbinder stecken willst, unbedingt einen eigenen Hörtest machen. Seriöse Händler lassen das – so Zeit- und Materialaufwand in vertretbarem Ausmass bleiben – auch in ihren Räumlichkeiten zu. Aber: Natürlich wird das wohl erst in bestimmten Preisregionen funktionieren, natürlich hat ein Händler auch ein Verkaufsinteresse (der Mensch muss schliesslich von etwas leben), natürlich dürfte nicht genau dein Equipment vor Ort sein. Natürlich ist Vorsicht geboten, wenn dir der Dealer genau ein Kabel als da alleinseligmachende anpreist. Wenn du also von grundsätzlichem Misstrauen beseelt bist gegenüber allen, die dir etwas verkaufen wollen, bleibt nur der Check zu Hause, mit der eigenen Anlage, der eigenen Musik. Aber wie geht man da vor?
Die Auswahl der Kabel
Einige Bescheidwisser unter den Kommentatoren, die sicher auf jahrelange eigene empirische Untersuchungen zurückschauen können, bestehen ja darauf, dass es eine möglichst billige Strippe (mindestens) genauso gut tut wie jedwedes «Voodoo»-Kabel. Also gehört ein möglichst preiswertes Kabel unbedingt zum Test dazu.
Hat dir der Händler, wo du Deinen Verstärker und/oder Deine Lautsprecher gekauft hast, ja möglicherweise ein preislich adäquates Kabel empfohlen, dann bitte ihn doch, dir genau das für ein Wochenende einmal auszuleihen. Oder du bist aufgrund eines Tests in einer Fachzeitschrift neugierig geworden auf ein bestimmtes, eventuell recht teures Kabel, was du dazu ausleihen kannst. Nein, die Redaktoren, die solche Kabel loben, sind nicht alle bestechlich, für die meisten meiner (Ex-)Kollegen kann ich die Hand ins Feuer legen. Aber möglicherweise führten sie den Test in einer Konfiguration durch, die so gar nicht Deiner entspricht. Deshalb versuche, vielleicht auch erst in einem zweiten Test, ein anders aufgebautes Kabel auch zu erhalten.
![Ein Superkabel aus der Schweiz ist das crTECH Soundway LS40 MKII. Möglicherweise macht es Sinn, es sich mal als Benchmark auszuleihen.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/3/LS%20Kabel%20superteuer%20cr%20tech%20ls40.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Warum erst in einem zweiten Test? Weil drei Probanden für – noch – unerfahrene Hörtester erst einmal völlig ausreichen. Billigstrippe, vom Händler empfohlenes Kabel, Traumkabel: Das genügt erst mal.
Vorbereitung und Auswahl der Musik
Klar hast du Deine Lautsprecher erst einmal möglichst gut aufgestellt. Du suchst dir drei bis vier Lieblings-Musikstücke aus, die dir auch nach mehrmaligem Hören – das kommt in so einem Vergleich automatisch – nicht auf den Wecker gehen. Gleich mal Spassbremse Nummer eins: die wenigsten aktuellen, erfolgreichen Pop-Stücke eignen sich für so einen Hörvergleich. Die sind nämlich meist im Studio in der Dynamik übermässig zusammengepresst (Fachausdruck: komprimiert) und klangtechnisch massiv behandelt. Kennst du den Begriff «Schweinebox»? So bezeichnen Studio-Profis Abhörlautsprecher, mit denen sie ihre Produktionen prüfen, ob sie auch noch über den letzten WiFi-Quäker oder Autoradio-Lautsprecher «gut» tönen. Aber auch da wollen wir keine Religion draus machen: Wer nur mit Adele, Drake oder Maroon 5 seine HiFi-Anlage hört, bitte. Wäre ja noch schöner, musikalische Vorschriften zu machen.
Wer sich nicht gleich bevormundet fühlt, dem seien die audiophilen Tipps beispielsweise aus den HiFi-Redaktionen empfohlen. Die kann man sich inzwischen oft sogar in hoher digitaler Auflösung (HiRes) von einschlägigen Diensten streamen. Die stereoplay oder die AUDIO haben zuweilen auf ihren Deckblättern so genannte Covermount CDs mit gut klingenden Titeln. Möglichweise hast du ja inzwischen auch (wieder) einen Plattenspieler. Natürlich muss pro Titel die Quelle für jedes Kabel immer die gleiche sein. Innerhalb des Tests kann man die selbstverständlich wechseln.
Ich empfehle mindestens vier verschiedene Stilrichtungen: «leise» Singer/Songwriter Musik mit charakteristischen Stimmen; dynamischer, also zwischen sehr leise und laut wechselnder Jazz in nicht allzu grosser Besetzung, sinfonische Musik mit viel Dynamik und Rauminformation, knackiger Rock mit ordentlich Dampf. In der Reihenfolge. Aber auch das ist kein Dogma, wichtiger ist, dass dir die Musik gefällt und du sie gerne hörst.
Hier einige Beispiele aus unterschiedlichen Richtungen, die ich empfehlen kann.
![Carrie Newcomer: The Slender Thread. Schöne Singer/Songwriterplatte, gibt es als Super Audio CD (läuft auch in CD-Spielern), Doppel-LP und HiRes Stream.](/im/Files/1/5/6/0/8/8/3/8/carrie%20newcomer%20the%20slender%20thread%20quadrat.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
![Tord Gustavsen Trio: The Other Side. Jazz Klaviertrio. Kein Studienrat-Jazz, sondern schöne, melancholische Melodien. Superbe Aufnahme des Münchener Edel-Labels ECM. Auch auf LP.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/5/Tord%20Gustavsen%20Trio%20the%20other%20side.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
![The Beatles: Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Schon die alte LP klang superb, die neue Abmischung (auch als HiRes) macht den Pop-Klassiker noch interessanter. Jede Menge coole Soundeffekte.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/6/Beatles-Sergeant-Pepper.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
![Gustav Mahler: Sinfonie Nr.2; London Symphony Orchestra, Georg Solti. Superbe Aufnahme eines rieisigen Sinfonieorchesters (im letzten Satz mit Chor) aus dem vordigitalen Zeitalter. Die Kontrabässe zu Beginn des ersten Satzes können Hörer und Anlage das Fürchten lehren.](/im/Files/1/5/6/0/4/6/3/5/mahler%20sin2%20solti%20web.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
![Deep Purple: In Rock. Hardrock-Klassiker von 1970. Ein Hammer. Tolle Dynamik schon bei frühen LP-Pressungen. Es gibt ein gutes Hochbit-Remaster. Neue LP-Ausgaben taugen nichts.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/8/Deep%20Purple%20in%20Rock.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
![Al Di Meola: World Sinfonia. Der Supergitarrist mit grandioser Weltmusik-Formation. Jede Menge Klänge zu entdecken.](/im/Files/1/5/6/0/4/0/9/6/al-di-meola-world-sinfonia-20120806083622.jpeg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Stelle den Verstärker und möglichst auch die Lautsprecher so auf, dass du immer sehr schnell an die rückwärtigen Anschlüsse kommst. Am praktischsten für schnelles Umstöpseln sind natürlich Bananenstecker (siehe Folge 2), für Kabelschuhe oder lose Enden muss man eben eine flotte Schraubroutine entwickeln. Lege die Kabel so aus, dass du immer rasch durchwechseln kannst. Unser Klanggedächtnis ist kurz, die Beispiele sollten schnellstmöglich hintereinander abspielen.
Und, Spassbremse Nummer zwei: Vor und während des Tests keinen Alkohol. Das berühmte «Bierchen» oder das noch berühmtere «gute Glas Wein» sind zwar dem Musikgenuss durchaus zuträglich. Aber das kritische Hören, fürs Vergleichen unerlässlich, dämpfen sie. Ist leider physiologische Realität. Deshalb: für hinterher aufsparen.
Schritt 3: Durchführung
Mach den Check erst einmal allein. Die soziale Komponente («Wie, du hörst da nix?» oder «Das hört doch kein Schwein!») ist nicht zu vernachlässigen. Das von einem Kommentator in Spiel gebrachte «New Toy Syndrome» können wir, weil ja noch nichts gekauft, erst mal noch ausschliessen. Aber wer auch hier auf Nummer sicher gehen will, hole sich einen «neutralen Gehilfen» mit in die Stube, der mit nichtssagendem Pokerface die Kabel durchwechselt. Übrigens: Der Autor hat die Erfahrung gemacht, dass Ladies meist besser hören als die Herren, die das HiFi-Hobby ja meist aktiv betreiben. Nicht unbedingt besser im Sinne von ‚besser mit HiFi-Vokabular beschreiben können’. Aber besser im Sinne von schnellem Urteilen «gefällt mir besser» oder «gefällt mir nicht so».
Aber auch das nur am Rande, Beziehungskrisen wollen wir natürlich keine heraufbeschwören. Aber es kann nichts schaden, die Dame des Hauses auch mal ein Ohr mit reinhalten zu lassen.
Stelle die Lautstärke nach Möglichkeit über Zimmerlautstärke, aber deutlich unter Dampfhammer ein. Zu laute Pegel ermüden unser Gehör und seine Unterscheidungsfähigkeit rasch.
Da wir hier ja nicht unterschiedliche Lautsprecher oder Verstärker miteinander vergleichen, sondern Kabel, sind wir bei einem massgeblichen Kriterium aus dem Schneider: gleiche Abhörlautstärke. Wir neigen immer dazu, die lautere Komponente als die «bessere» wahrzunehmen. Sollte sich bei den Lautsprecherkabeln eines als «lauter» als die anderen herausstellen, hat es womöglich die grösseren Reserven, womöglich stellt es sich auf Dauer aber als lästiger heraus.
Konzentriere dich beim Zuhören und Vergleichen auf wenige, aber für dich nachvollziehbare Details: Sind kleine Lautstärke-Unterschiede im Gesang gut wahrzunehmen oder klingt die Stimme immer gleich laut? Kann man ein Schlagzeugbecken gut ausschwingen hören oder versinkt es im «Matsch»? Zupft der Mensch am Bass die Saiten immer mit der gleichen Intensität? Wie gut kannst du die ersten und zweiten Geigen, die Solo-Oboe, die Harfe oder die Posaunen im Sinfonieorchester orten? Wieviel Raum-Information wird übertragen? Wirkt der Hall künstlich oder organisch mit dem Klang? Gibt es beim Gitarrensolo einen Lautstärkesprung? Klingt jeder Snaredrumschlag gleich? Das waren jetzt nur Beispiele, aber eine klare Marschrichtung für den Hörtest kann helfen.
Stolpersteine kennen und umgehen
Doch auf dem Weg gibt es Fallen, die du umgehen solltest. Unser Gehirn mit dem äusserst leistungsfähigen Hörzentrum neigt dazu, das aktuelle Beispiel als «besser» zu empfinden als das vorhergehende. Deshalb immer mal wieder die Reihenfolgen tauschen. Wenn ein Kabel sich als das «beste» im Test herauskristallisiert, bitte immer auch die anderen noch danach hören. Eine Liste der Kriterien mit jeweils einer Skala von Doppel-Minus (für deutlich schlechter als anderes Kabel), Minus (etwa schlechter) über Null (genauso gut), Plus (etwas besser) bis Doppel-Plus (deutlich besser) kann helfen, kann dir aber auch unnötigen Stress verursachen. Wenn du keinen Unterschied hörst, hörst du keinen. Punkt. Das ist kein Makel!
Für mich ist eines der wichtigsten Kriterien beim Vergleichen die Langzeit-Tauglichkeit. Die ist natürlich bei einem Checkup mit kurzen Schnipseln nur bedingt herauszufinden. Was sich beim ersten Hören als «mehr Höhen» positiv zeigt, kann auf Dauer etwas nerven. Was zunächst als «angenehme Homogenität» wahrgenommen wird, kann auf Dauer langweilen. Was erst einmal als «runder» Klang empfunden wird, kann auf Dauer Brillanz und Details kosten. Deshalb: Auch mal längere Passagen hören, vor allem, wenn sich ein teurer Kandidat als Favorit herausstellt.
Wenn du dir des eigenen Urteils immer noch nicht sicher bist, dann können auch Kumpels mit dem gleichen Hobby mitmischen. Das kann ein grosser Spass werden, aber bitte unterschätze nicht die Kraft der Suggestion. Der Autor hat schon zu oft erlebt, wie allein die blosse Ankündigung einer Klangänderung diese im Publikum auch «wahr» werden liess. Selbst wenn das Equipment jedes Mal das gleiche war.
![Für den schnellen Kabelwechsel zum Hörvergleich taugen die so genannten Bananenstecker am besten.](/im/Files/1/5/6/0/3/4/9/1/stecker%20banane%202%20web.jpg?impolicy=resize&resizeWidth=430)
Fazit
Wenn der Hörtest-Parcours mit einem für sich klaren Ergebnis abgeschlossen wird, dann ist alles gut. Möglicherweise war es ja tatsächlich so, dass auch die Billigstrippe voll und ganz überzeugte, beziehungsweise die teureren auch nicht eindeutig besser tönten. Dann hast du Geld gespart. Möglicherweise aber hat dir ein doch nicht so günstiges Kabel mehr Spass und Freude bereitet als die anderen. Dann kannst du mit bestem Gewissen «dein» Kabel kaufen. Egal, ob andere das als schwachsinnig oder eingebildet bezeichnen. Nur Deine Meinung, Deine eigene Wahrnehmung zählt.
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Ich tummle mich seit über 30 Jahren als Journalist in der Audio-Branche. Dort bin ich berüchtigt als begeisterter Musikliebhaber, hoffnungsloser Analog-Fan und sehr kritischer Lautsprecher-Beurteiler. Was wohl mit kläglichen Versuchen zusammenhängt, Geige und Schlagzeug besser als nur amateurhaft zu spielen. Eine Zeitlang lebte und arbeitete ich der Schweiz, meinem erklärten Lieblingsland. Dorthin kehre ich immer wieder gerne zurück.