

Material-Check: Logitech MX Mechanical Mini auseinandergenommen
Logitech will mit der MX Mechanical Mini den Spagat zwischen flachen Kaugummitastaturen und mechanischen Keyboards machen. Ich schaue mir das Teil als Enthusiast an, ohne darauf zu tippen.
Derzeit darf ich keine Tastaturen testen. Ich habe mir selbst auferlegt, einen Monat lang auf einer sogenannten Split-Ortho-Tastatur zu schreiben. Just in der Zeitspanne trifft die Logitech MX Mechanical Mini bei mir ein. Statt eines wochenlangen Tests mit Tippen nehme ich die Verarbeitungsqualität und den Aufbau der Tastatur an einem Nachmittag unter die Lupe.
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Ein Blick auf die Äusserlichkeiten
Die MX Mechanical Mini ist eine flache Tastatur. Sie hat sogenannte Low Profile Switches und Keycaps verbaut. Auch das Gehäuse der Tastatur ist für eine mechanische Tastatur flach. Die exponierten Switches stecken auf einer Deckplatte aus Aluminium. Der Rest des Gehäuses ist aus Kunststoff, ich vermute ABS. Insgesamt ist die Verarbeitung solide. Ich kann die Tastatur nur mit viel Kraftaufwand minimal verbiegen, das geht bei der Konkurrenz von Apple viel leichter.

Interessanterweise gibt die Tastatur beim Drücken auf die Tasten nach. Nicht so extrem wie die Keychron Q1, die auf ein flexibles Tippgefühl ausgelegt ist, aber dennoch beachtlich im Vergleich zu sonstigen Fertigtastaturen. Die Ursache dafür finde ich nach kurzer Suche: Die gummierten Füsse der Tastatur sind der Grund.

Was mir gleich beim ersten Anfassen auffällt: Die Keycaps sind wahre Fingerabdruckmagneten. Sie fühlen sich sehr glatt an. Wären sie etwas rauer, hätte ich etwas mehr Grip und Fingerabdrücke wären nicht so leicht zu sehen. Auch sonst überzeugen mich die Keycaps aus ABS-Kunststoff nicht. Sie sind mit nur einem Millimeter dünnwandig und wenn ich sie entferne, habe ich Angst, sie zu zerbrechen.
Die primären Tastenfunktionen sind transparent und lassen die Hintergrundbeleuchtung durch. Die sekundären Tastenfunktionen oder jene für Mac sind jedoch nur aufgedruckt. Ich finde die Keycaps überladen.
Die taktilen Schalter haben für Low Profile Switches ziemlich viel Spiel in alle Richtungen. Wenn ich an einem Keycap rumfummele, bewegt sich dieser ordentlich. Der Tastenhub ist bei Low Profile Switches kleiner als bei herkömmlichen mechanischen Schaltern. Er beträgt rund drei Millimeter. Üblich sind bei den meisten Switches in Fertigtastaturen vier Millimeter. Die Switches fühlen und hören sich beim Drücken kratzig an.

Die Stabilisatoren sind jene Dinger, welche die langen Tasten wie Backspace, Enter und Leertaste vom Wackeln abhalten. Die Dinger können ganz schön klappern. Beim Drücken der Backspace- und Enter-Taste bin ich positiv überrascht: Sie klappern nicht so stark wie bei anderen Tastaturen. Ein Blick unter die Tastenkappen zeigt: Logitech hat sie geschmiert. Interessanterweise ging die Schmiere bei der Leertaste – notabene der meist betätigten Taste eines Keyboards – vergessen.

Die verbauten Stabilisatoren sind Plate Mount. Das heisst, sie sind mit einem Klickmechanismus an der Deckplatte befestigt. Ich könnte sie einfach entfernen und modden, damit sie nicht so klappern. Zumindest die Backspace- und Enter-Taste. Bei der Leertaste müsste ich jedoch zusätzlich den Switch der Leertaste entlöten, da dieser über dem Draht des Stabilisators liegt.
Der Klang der Tastatur ist insgesamt unbefriedigend. Sie klingt zwar mechanisch, aber kein Vergleich zu meinen privaten Tastaturen: Es klappert, rattert, kratz und scheppert beim Tippen. Die MX Mechanical Mini klingt für mich wie eine schlechte Guggenmusik – also nervig und schlecht. Eine gut klingende Tastatur ist für mich ASMR. Wenn ich auf so einer tippe, ist Arbeiten für mich ein Vergnügen.
Ein Blick auf die Innereien
So weit, so oberflächlich. Ich will wissen, wie es im Inneren der Tastatur aussieht. Damit ich sie aufschrauben kann, muss ich erst einige Keycaps entfernen und die darunter befindlichen Schrauben lösen.

Hier zeigt sich, dass die Tastatur nicht zum Öffnen gedacht ist: Das Kabel zur Verbindung des Akkus mit der Tochterplatine ist derart kurz, dass ich die beiden Hälften nicht genug trennen kann, um es zu erreichen. Mit einer Pinzette gelingt es mir schliesslich, es herausziehen. Sobald dieses weg ist, habe ich freie Sicht auf den Unterteil. Im Unterteil ist übrigens auch der Akku platziert.


Die Tochterplatine ist über ein Flachbandkabel mit der Platine verbunden. Auf ihr liegen weiter der USB-C-Anschluss sowie das Bluetooth-Element. Zudem sichert sie die Platine gegen elektrostatische Entladungen.
Nun sehe ich zwar die Tochterplatine, aber die Platine an sich ist noch unter einem weiteren Stück Kunststoff versteckt. Die MX Mechanical Mini setzt sich aus drei äusseren Teilen zusammen und nicht nur zwei. Ich löse den mittleren Teil, der den äusseren Rahmen bildet.

Nun habe ich alle drei Gehäuseteile vor mir liegen. Selbstverständlich könnte ich jetzt noch die Switches entlöten und so die Deckplatte von der Platine trennen. Das ist mir dann für einen Blick aber doch zu viel Aufwand. Wie ich feststelle, sind Unter- und Oberteil sehr dünnwandig. Ich kann sie ohne grossen Kraftaufwand verbiegen.

Interessant an der Konstruktion ist, dass sich Logitech für einen Aufbau aus drei äusseren Teilen entschieden hat. Ich gehe davon aus, dass das günstiger ist, als den Gehäuseunterteil aus einem Stück zu fertigen. Sind Unter- und Mittelteil getrennt, wirken sie jedoch sehr billig. Ich kann sie leicht deformieren. Gut ist hingegen, dass sich Logitech für eine Tochterplatine entschieden hat. Viele Defekte an der Platine können so verhindert werden.
Weg damit
Du kannst es dir vielleicht denken: Als Tastaturenthusiast will ich nicht länger als für einen Test auf der MX Mechanical Mini tippen. Dieses Mal habe ich aus dem Eingangs erwähnten Grund sogar darauf verzichtet zu tippen. Mein Urteil zu allem, was ich ohne Zehnfingersystem testen konnte: Keycaps, Switches, Stabilisatoren sowie der Klang sind mir schlicht zu schlecht. Zudem finde ich das Kunststoffgehäuse nicht schön und es ist auf den zweiten Blick billig verarbeitet.
Das ist aber alles Geschmacksache – ich bin ein verwöhnter Tastatur-Nerd. Die meisten Fertigtastaturen tun es für mich schlicht nicht mehr. Deshalb gebe ich das Teil jetzt an den Chef meines Chefs Martin Jungfer weiter. Der ist Flachler – er mag flache Tastaturen – und will es mal mit einer mechanischen versuchen.
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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.