Produkttest

Menstruieren mit Garmin: Was kann der neue Perioden-Tracker?

Livia Gamper
12.7.2019
Bilder: David Lee

Ich menstruiere beruflich. Nach Fitbits Perioden-Tracking nehme ich mir jenes von Garmin vor. Ob das was taugt oder doch nur Publicity ist, erfährst du hier.

Apps fürs Menstruations-Tracking gibt’s wie Sand in der Sahara. Smartwatches, die auch die Periode tracken, sind aber noch immer Mangelware. Und das, obwohl der Perioden-Zyklus so viel mit der Gesundheit und der Leistung einer Frau zu tun hat.

Fitbit hat vor etwa einem Jahr mit einem Update einen Periodenüberwacher in seine Smartwatch-App integriert. Die Funktion ist aber meiner Meinung nach mehr ein Gimmick. Wichtige Eigenschaften, wie beispielsweise ein Zusammenhang mit meinen restlichen Gesundheitsdaten, fehlen mir bei Fitbit.

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Nach Fitbit versucht sich nun Garmin am Perioden-Tracking. Der amerikanische Hersteller hat vor zwei Monaten ebenfalls mit einem Update das Perioden-Tracking in die Garmin Connect App integriert. Garmin verwendet dafür das total unkomplizierte Wort Menstruationszyklus-Tracker. Ich teste die Funktion während zwei Zyklen mit einer Vivoactive-3-Uhr.

Das Tracking, das für wirklich alle Frauen ist

Fitbit nennt ihr Perioden-Tracking «Gesundheit für Frauen». In meinem Test von Fitbits Tracking habe ich mich darüber aufgeregt, dass Fitbits Gesundheit für Frauen gar nicht für alle Frauen ist. Denn ältere Frauen, welche zum Beispiel in der Menopause sind, können Fitbits Gesundheits-Funktion nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen, da sie keine Periode eintragen können, und somit die Funktion gar nicht aktiviert werden kann.

Garmin löst das besser. Auch wenn du als Frau keine Periode hast, kannst du bei Garmin deine körperlichen und emotionalen Symptome aufzeichnen.

Auch ohne Periode kannst du Garmins Menstruationszyklus-Tracker benutzen.

Tracken einfach gemacht – aber nicht auf der Uhr?

In der Smartphone App von Garmin kannst du das Widget für das Periodentracking ganz einfach hinzufügen und mit einer Berührung deine Periode eintragen. Die App rechnet dir dann, wie alle anderen Perioden-Apps, deinen Zyklus aus. Du musst einfach deine Zykluslänge kennen, sonst ist die Berechnung falsch.

Leider ist es nicht einfach, Garmins Periodentracking auf die Vivoactive Watch zu bringen. Das Widget fürs Perioden-Tracking ist bei mir unauffindbar. Nur viel gutes Zureden, Recherchieren und Geduld bringen mir den Perioden-Tab auch auf die Uhr. Im Gegensatz zum Widget in der Smartphone-App muss das Uhr-Widget extra im Garmin Store heruntergeladen und dann via Synchronisierung geladen werden. Das ginge ja noch. Danach musst du das Widget aber nochmals auf der Uhr selbst hinzufügen – bei Fitbit war das deutlich unkomplizierter.

So sieht das Perioden-Widget in der App aus.

Auf der Uhr ist die Bedienung der Garmin-App mühsam und fummelig. Ständig tippe ich irgendwo daneben und logge falsche Symptome ein. Oder ich vergesse meine Eingaben abzuspeichern. Wieso kann sich die App meine Eingabe nicht einfach so merken? Jedenfalls ist es viel einfacher, die Daten auf dem Smartphone einzugeben.

Das Eintragen auf der Uhr ist ziemlich fummelig.

Kleine Unterschiede zu anderen Apps

Wenn ich die Funktion aber nur auf dem Handy nutze, könnte man geradeso gut eine App wie Clue verwenden. Clue ist der bekannteste Menstruationskalender. Der Unterschied bei Garmin ist, dass wenn du sowieso deine Gesundheitswerte in der Garmin-App trackst, du deine Perioden-Daten am selben Ort hast. Ausserdem kannst du deine Daten auch auf der Uhr erfassen, ohne dein Handy hervorzunehmen – wenn du dir die fummelige Eingabe denn antun willst. Einen wirklichen Zusammenhang zwischen deinen Fitness-Daten und deinem Menstruationszyklus stellt dir Garmin aber leider auch nicht dar.

Im Gegensatz zur Clue-App kriegst du dafür Tipps und eine genauere Darstellung, in welcher Zyklusphase du dich befindest. In rosaroter Einfärbung siehst du, wann du die Periode bekommen solltest. In Grün deine fruchtbaren Tage. Garmin zeigt dir zudem die Follikelphase und die Lutealphase und welche Merkmale sie haben. Wenn die periodenbedingte Gefahr auf Heisshunger besteht, erhältst du zum Beispiel eine Meldung in der App – sehr praktisch, so kann ich meine Schoggi-Eskapaden zumindest rechtfertigen.

Die Startseite der Perioden-App
Die Startseite der Perioden-App
Die Kalenderübersicht: Grün sind die fruchtbaren Tage, rot die errechnete Periode.
Die Kalenderübersicht: Grün sind die fruchtbaren Tage, rot die errechnete Periode.

Im Vergleich zu Fitbits Perioden-Tracker hat jene von Garmin etwas mehr Funktionen. Fitbit hat ihr Perioden-Tracking vor etwa drei Monaten aktualisiert. Viel Neues ist aber nicht dazugekommen. Soweit ich sehe, ist nur die Möglichkeit zur Erfassung von emotionalen Stimmungen dazugekommen.

Diese Daten kannst du bei Garmin eintragen:

  1. Deine letzte Periode
  2. Physische Symptome wie Akne, Blähungen oder Krämpfe
  3. Deine Stimmung
  4. Deinen Ausfluss
  5. Dein Eisprung, falls du ihn denn kennst
  6. Sexuelle Aktivität
  7. Sexualtrieb

Diese Daten errechnet dir die App:

  1. Fruchtbare Zeit
  2. Tag des Eisprungs
  3. Prognostizierte Periode
  4. Anzeige der beiden Phasen
Garmin lässt dich sehr viele Daten eintragen.
Garmin lässt dich sehr viele Daten eintragen.

Du trägst also ziemlich viele Daten ein, kriegst aber nur wenig, beziehungsweise eine standardisierte Auswertung. Bleibt zu hoffen, dass Garmin diese Funktionen mit einem Update noch verbessert. Immerhin kannst du alle eingegeben Symptome stets in der App nachschauen, und hast so diese wichtigen Daten von dir immer beisammen. Und du kriegst auf der Uhr und in der App eine Erinnerung, wenn du deine Tage bekommst. Damit bist du vorgewarnt, um genügend Tampons einzupacken.

Wichtiges fehlt

Fast alle besseren Smartwatches haben eine integrierte Pulsmessung. Die Pulsmessung fliesst allerdings weder bei Garmin, noch bei Fitbit ins Menstruations-Tracking ein. Das ist schade. Es gibt verschiedene Studien, die aufzeigen, dass die Pulsfrequenz in der fruchtbaren Phase höher ist. Dies würde das Zyklus-Tracking verfeinern, und die von dir erfassten Daten wären nicht die einzige Basis für Berechnungen.

Auch spannend wäre, wenn es die Hersteller wie bei expliziten Zyklustrackern schaffen würden, dass die Körpertemperatur mitgemessen wird. Genauer gesagt wäre eine Messung der Basaltemperatur sinnvoll. Die Basaltemperatur ist die Temperatur, die der Körper morgens beim Aufwachen hat. Um den Eisprung steigt die Basaltemperatur um etwa 0.2 Grad an. Eine so akkurate Messung am Handgelenk ist aber wohl technologisch gesehen noch nicht möglich.

Das Perioden-Widget auf der Vivoactive 3.

Ebenfalls fehlen mir explizite Tipps von der App, die auf der Basis meiner Daten beruhen. Die Tipps, zur Ernährung und fürs Training basieren auf den beiden Zyklen, die die App standardisiert berechnet.

Fazit: Ganz nett, aber noch immer nicht, was Frau braucht

Auch bei Garmins Menstruations-Tracking lässt die Perioden-Revolution auf sich warten. Der Perioden-Tracker von Garmin ist nett, hat einige hübsche Funktionen und ist sicher nützlich. Aber ich habe mehr erwartet. Das Ganze ist noch immer zu standardisiert und nicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen abgestimmt. Das ist schade.

Das Perioden-Tracking mit der Smartwatch hebt sich zu wenig von all den Gratis-Apps mit ähnlichen Funktionen ab. Garmin schafft es an dieser Stelle nicht, einen Mehrwert zu schaffen. Die App ist somit mehr Publicity, als dass sie essenzielle Funktionen bietet.

Leider ist richtiges Zyklustracking mit einer Sportuhr nicht möglich. Hardware- sowie Softwaretechnisch fehlt zu viel. Ich hoffe, dass sich dies in Zukunft ändert. Aber trotzdem: Toll, dass mit Garmin ein weiterer Hersteller explizit eine Funktion nur für Frauen lanciert hat.

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