«Metroid Prime» ist ein zeitloser Klassiker, den jeder Gaming-Fan spielen sollte
Kritik

«Metroid Prime» ist ein zeitloser Klassiker, den jeder Gaming-Fan spielen sollte

«Metroid Prime» ist über 20 Jahre alt. Das hohe Alter merkt man dem Game in der neuen Remastered-Version für die Nintendo Switch nicht an. Im Gegenteil: Viele neue AAA-Spiele können sich vom zeitlosen Design des Gamecube-Klassikers eine Scheibe abschneiden.

Völlig überraschend hat Nintendo an ihrer letzten Direct-Liveübertragung ein Remaster zu «Metroid Prime» angekündigt. Und das Beste an der Ankündigung: Das Game war kurze Zeit nach der Vorstellung als Download im Nintendo E-Shop verfügbar.

Ich muss zugeben: Ein bisschen nervös war ich vor dem Herunterladen schon. Der Gamecube-Klassiker gehört zu meinen absoluten Lieblingsspielen. Aber ich habe das Game das letzte Mal vor ungefähr vierzehn Jahren als Teil der «Metroid Prime Trilogy» auf der Nintendo Wii gespielt. Was, wenn mich meine nostalgisch gefärbten Erinnerungen täuschen? Was, wenn es nach heutigen Gameplay-Standards einfach nicht mehr Spass macht und verstaubt wirkt? Vielleicht sollte ich es doch nicht spielen und meine Kindheitserinnerungen an das Spiel unberührt lassen.

Aber schlussendlich gewinnt dann doch meine Neugier. Ich starte den Download und verfolge den Fortschrittsbalken mit einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität. Dann ist es so weit – «Download beendet». Ich starte das Game.

Schon nach wenigen Minuten Spielzeit lösen sich all meine Bedenken und Ängste in Luft auf. Das Spiel fühlt sich trotz seines hohen Alters unheimlich frisch und innovativ an. Und das liegt nicht zuletzt am cleveren Design und dem minimalistischen Storytelling.

Die Antithese zum modernen Storytelling

In «Metroid Prime Remastered» schlüpfst du in die Rolle der intergalaktischen Kopfgeldjägerin Samus Aran. Auf dem verlassenen Planeten Tallon IV suchst du nach einer mysteriösen ausserirdischen Lebensform und deckst die dunklen Machenschaften einer fiesen Weltraumpiraten-Bande auf.

Das Spiel verzichtet grösstenteils auf Cutscenes. Gesprochene Dialoge? Fehlanzeige. «Metroid Prime» wirft dich ohne Vorwissen und Story-Exposition auf einen verlassenen Himmelskörper und lässt dich die Geschichte durch «Environmental Storytelling» selbst erleben. Auf Tallon IV fühlst du dich isoliert, verloren und auf dich alleine gestellt. Mithilfe eines Scanners sammelst du Informationen über Flora und Fauna des Planeten und deckst Spuren einer vergangenen Zivilisation auf. Mit jedem Scan gibt dir das Spiel ein kleines Puzzlestück zur Hintergrundgeschichte mit. Was du mit diesen Puzzlestücken machst, ist dir überlassen.

Die Ruinen auf Tallon IV sind voller versteckter Geheimnisse und Hintergrundgeschichten.
Die Ruinen auf Tallon IV sind voller versteckter Geheimnisse und Hintergrundgeschichten.
Quelle: Nintendo

Ich liebe ja moderne, auf Hochglanz produzierte AAA-Games mit aufwändigen Cutscenes und nicht enden wollenden Dialogen. Wirklich. Die «The Last of Us»-Games gehören zu meinen absoluten Lieblingsspielen. Und trotzdem war es unheimlich erfrischend, mal wieder ein Game zu erleben, das mir die Story nicht fixfertig auf einem Silbertablett serviert.

Gameplay, Storytelling und Spielumgebung sind in «Metroid Prime» eng miteinander verknüpft und erzeugen mit den kryptischen Scan-Informationen eine mysteriöse Atmosphäre, die mit linearen, konventionellen Erzählweisen so nicht umsetzbar wäre. Mich erinnert das minimalistische Storytelling an die Erzählform von Souls-Games wie «Elden Ring» – auch hier werde ich in einer fremden, mir feindlich gesinnten Welt ausgesetzt und muss mir die Informationen zur Hintergrundgeschichte selber zusammensuchen.

Wenn ich Gegner scanne, erfahre ich auch, wie ich sie am effizientesten eliminieren kann.
Wenn ich Gegner scanne, erfahre ich auch, wie ich sie am effizientesten eliminieren kann.
Quelle: Nintendo

Die Antithese zum modernen Game-Design

Um dich gegen die fiesen Weltraumpiraten und feindliche Fauna zur Wehr zu setzen, stehen dir ein beachtliches Waffenarsenal und diverse Tricks in der Fortbewegung zur Verfügung. Mit dem «Morphball» verwandelt sich Samus gar in einen kleinen Ball, der Bomben legen kann. Diese Fähigkeiten setzt du aber nicht nur für Kämpfe, sondern auch für Rätsel ein.

Wie für «Metroidvania»-Games typisch, stehen dir zu Anfang deines Weltraumabenteuers nur eine kleine Anzahl an Fähigkeiten und Gadgets zur Verfügung. Im Verlauf des Spiels schaltest du neue Funktionen für deinen Weltraumanzug frei und bekommst damit Zugang zu weiteren Gebieten auf Tallon IV.

Ziemlich praktisch: Mit dem Thermal-Visor sehe ich Feinde im Dunkeln und unsichtbare Energiequellen auf Tallon IV.
Ziemlich praktisch: Mit dem Thermal-Visor sehe ich Feinde im Dunkeln und unsichtbare Energiequellen auf Tallon IV.
Quelle: Domagoj Belancic

Die verwobenen Spielabschnitte und diversen Biome sind verdammt clever designt. Die labyrinthartigen Level sind auf teils überraschende Art und Weise miteinander verknüpft und überall gibt es neue Rätsel sowie versteckte Inhalte zu entdecken. Orte, die du schon gefühlt hundertmal durchlaufen hast, offenbaren mit einer neu freigeschalteten Fähigkeit plötzlich ganz neue Geheimnisse und Abkürzungen. Kurz gesagt: Tallon IV ist ein einziges, grosses Rätsel.

Das Spiel erwartet von dir, dass du stets mit offenen Augen und klarem Kopf durch die ausserirdische Welt wanderst. Nur selten bekommst du einen direkten Hinweis darauf, in welchem Spielabschnitt es weitergeht. Du musst dir verdächtig aussehende Orte merken und beim Freischalten neuer Fähigkeiten an diese verdächtigen Orte denken und sie wieder aufsuchen. Du bekommst keine Quest-Marker, keine Quest-Logs, keine Einträge auf der Minimap und keine Weggefährten, die dir die Lösung eines Rätsels verraten, bevor du überhaupt darüber nachdenken konntest. Wie schon bei der kryptischen Story bist du auch beim Lösen der Rätsel meist komplett auf dich alleine gestellt.

Die 3D-Minimap ist ein wichtiges Tool für die Erkundung des Planeten.
Die 3D-Minimap ist ein wichtiges Tool für die Erkundung des Planeten.
Quelle: Domagoj Belancic

Auch in dieser Hinsicht bringt «Metroid Prime» frischen Wind in eine Videospiel-Landschaft, die voll mit Games ist, die dich konstant an der Hand halten. Auf Tallon IV kann ich mein Hirn nicht abschalten und einfach drauflosballern. Ich muss mitdenken. Das ist anstrengend, aber auch sehr befriedigend. Jedes gelöste Rätsel, jeder gemeisterte Bosskampf und jede erlernte Fähigkeit fühlen sich hart erarbeitet und bedeutungsvoll an. Ich wiederhole mich ungern, aber auch hier fühle ich mich an Fromsoft-Games erinnert.

So muss ein Remaster aussehen

Besonders erstaunlich am Remaster finde ich, wie wenig im Vergleich zum 2002 erschienenen Originalspiel verändert wurde. «Metroid Prime Remastered» ist im Grunde genau das gleiche Spiel, das mich schon vor über 20 Jahren in den Bann gezogen hat.

Am meisten Arbeit haben die Retro Studios in das grafische Update investiert. Neue, detailliertere Modelle, höher aufgelöste Texturen, bessere Beleuchtung und moderne Spezialeffekte – «Metroid Prime Remastered» sieht für ein Nintendo-Switch-Spiel wirklich hübsch aus und läuft konstant mit butterweichen 60 FPS. So muss ein Remaster aussehen!

Die einzige Änderung, die einen direkten Einfluss auf das Gameplay hat, sind die zusätzlichen Steuerungsoptionen. Das Originalspiel wurde mit nur einem Stick gesteuert. Das war schon vor 20 Jahren etwas merkwürdig und fühlt sich heute noch unnatürlicher an. Neu kannst du das Spiel im Dual-Stick-Modus spielen – also so, wie jeden anderen First-Person-Shooter auch. Optionen für präzise Bewegungssteuerung und für die klassische Ein-Stick-Steuerung sind ebenfalls enthalten.

Die wenigen Änderungen am Spiel sind ein Zeugnis dafür, wie zeitlos das Design von «Metroid Prime» wirklich ist.

Die neue Dual-Stick-Steuerung in Kombination mit dem alten Lock-On-System macht «Metroid Prime Remastered» noch zugänglicher.
Die neue Dual-Stick-Steuerung in Kombination mit dem alten Lock-On-System macht «Metroid Prime Remastered» noch zugänglicher.
Quelle: Nintendo

Ich brauche mehr Games wie «Metroid Prime»

«Metroid Prime» ist die Definition eines zeitlosen Klassikers und fühlt sich in der aktuellen Gaming-Landschaft trotz seines hohen Alters unglaublich frisch und innovativ an. Falls du das Original nie gespielt hast, ist «Metroid Prime Remastered» die perfekte Gelegenheit, um dieses Stück Gaming-Geschichte nachzuholen.

Mittlerweile habe ich ungefähr zehn Stunden auf Tallon IV verbracht. Und ich weiss schon jetzt: Sobald ich den Abspann des Spiels sehe, werde ich mehr wollen. Mehr «Environmental Storytelling» ohne gesprochene Dialoge und Cutscenes. Mehr cleveres Leveldesign ohne Händchenhalten. Mehr selber denken und weniger vorgekaut bekommen.

Ich hoffe, dass Nintendo uns bald die Remastered-Versionen von «Metroid Prime 2» und «Metroid Prime 3» nachliefert – «Metroid Prime 4» wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Und ich hoffe, dass sich in Zukunft mehr Entwicklerstudios auf die Stärken des zeitlosen Game-Designs von «Metroid Prime» zurückbesinnen.

So, genug geschrieben. Ich muss jetzt zurück nach Tallon IV, um ein paar Weltraumpiraten ihren virtuellen Hintern zu versohlen.

«Metroid Prime Remastered» ist digital erhältlich für die Nintendo Switch und wurde uns zu Testzwecken von Nintendo zur Verfügung gestellt. Ab dem 3. März ist das Spiel auch als physische Version erhältlich.

Nintendo Metroid Prime Remastered (Switch, IT)
Game

Nintendo Metroid Prime Remastered

Switch, IT

Titelbild: Nintendo

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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