«Mutterschaft macht nicht dumm, unambitioniert oder unfähig»
Hinter den Kulissen

«Mutterschaft macht nicht dumm, unambitioniert oder unfähig»

Norina Brun
12.5.2023

Veronika und Nicole teilen sich den Job als Business Engineer. Jobsharing ist gerade in technischen Berufen immer noch die Ausnahme. Trotz Vorurteilen und unterschiedlichen Fähigkeiten sind die beiden im Arbeitsalltag erfolgreich als Duo unterwegs.

Obwohl auch in der Schweiz flexible Arbeitsmodelle immer populärer werden, schreiben viele Firmen ihre offenen Stellen nicht explizit mit der Möglichkeit für Jobsharing aus. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht, Expertinnen schätzen jedoch, dass nur 19% bis 27% der Arbeitgeber Jobsharing-Optionen anbieten. Auch bei Digitec Galaxus ist das Teilen einer Arbeitsstelle noch nicht institutionalisiert. Als Veronika Holzwarth, die bei Digitec Galaxus als Businessingenieurin arbeitet, schwanger wurde, machte sie sich Gedanken darüber, wie es für sie nach der Geburt weitergeht. «Für mich war klar, dass ich auch als Mutter weiter als Business Engineer arbeiten möchte. Ich wollte mich nicht zwischen Kind und Job entscheiden. Schliesslich müssen das die Väter normalerweise auch nicht», begründet Veronika den Schritt. «Ich habe deshalb verschiedene Möglichkeiten mit meinem Chef diskutiert. Da ein Business Engineer viel in Projekten mitarbeitet, war ein Arbeitspensum von Minimum 80% üblich.» Für Veronika lag die Schmerzgrenze bei einem 60%-Pensum. Ihre Führungskraft fackelte nicht lange und schrieb eine weitere 60%-Stelle aus. «Ich war überzeugt, dass Jobsharing auch in dieser anspruchsvollen Position funktionieren würde. Zu viele Arbeitgeber haben Angst vor Kommunikationslücken statt sich bewusst zu werden, dass sie so die Brainpower von zwei Gehirnen erhalten statt von nur einem», sagt Lauritz Fricke, Head of After Sales und Retail.

Dem Abstellgleis entkommen

Auf die ausgeschriebene Stelle beworben hat sich Nicole Geisser. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Tochter ein Jahr alt und sie suchte einen Job, in dem sie ihr ganzes Potenzial abrufen konnte. Als sie nämlich nach der Mutterschaftspause in ihren bisherigen Job zurückkehrte, setzte ihr damaliger Arbeitgeber nicht mehr auf sie. Statt neuen Aufgaben wartete das Mami-Gleis. Die Jobsuche jedoch war nicht einfach. «Gerade im technischen Bereich gibt es nur sehr wenige Teilzeitstellen, die meisten Positionen sind mit einem 80 bis 100 % Pensum ausgeschrieben», sagt Nicole. «Umso mehr habe ich mich gefreut, dass bei Digitec Galaxus alles gepasst hat. Vor allem auch die Zusammenarbeit mit Veronika. Wir sind auf derselben Wellenlänge, aber haben nicht dieselben Stärken. Das macht uns aus.»

Ohne Absprachen kommen Veronika und Nicole nicht weit.
Ohne Absprachen kommen Veronika und Nicole nicht weit.

Aufschieben geht nicht

Veronika und Nicole sind Business Engineers im After Sales Service. Nicole arbeitet aktuell an verschiedenen Initiativen, beispielsweise die Customer Journey in der Servicefallanmeldung zu verbessern oder das einfache Online-Registrieren eines Transportschadens möglich zu machen. Während sich Veronika mit Projekten innerhalb des Refurbishing Bereichs oder des Lagerausbaus im deutschen Krefeld beschäftigt. Dass die richtige Organisation beim Jobsharing das A und O ist, war den beiden bereits vor dem Start klar. Es seien auch Sprüche gefallen wie ‹Ich kann mir doch nicht merken, wer wann arbeitet›. «Wir wollten beweisen, dass Jobsharing auch im technischen Umfeld funktioniert. Deshalb legen wir grossen Wert auf eine gute Absprache, eine klare Kommunikation und saubere Übergaben», sagt Veronika. Nicole ergänzt: «Unser Arbeitsmodell zwingt uns, Themen direkt anzupacken und Aufgaben nicht hinauszuschieben. Häufig bin ich in der zweiten Wochenhälfte auf Arbeiten angewiesen, die Veronika in der ersten Wochenhälfte erledigt hat.» Die beiden Business Engineers sind zwei Tage gemeinsam im Büro, was die Zusammenarbeit ebenfalls erleichtert.

Tischtennispartien gehören genauso dazu.
Tischtennispartien gehören genauso dazu.

Die Hälfte der Mitarbeitenden in der Abteilung After Sales Service sind Frauen. Mit wachsendem Technik- und Logistikfokus sinkt diese Zahl und auch bei den Führungskräften sind Männer in der Mehrheit. «Wir wollen mehr Frauen in den technischen Jobs. Klar ist aber auch, dass wir weitere Wege finden müssen, um als Arbeitgeber für Frauen attraktiv zu sein», sagt Lauritz. Vor Kurzem hat Nicole auf ihrem Weg eine neue Abzweigung genommen: Als Deputy Leader ist sie nun auch Führungskraft.

Die Krux mit der Dankbarkeit

Dass Veronika und Nicole etwas beweisen wollen, ist im Gespräch mit ihnen immer wieder spürbar. Sie wollen aber nicht nur sich selbst und dem Team zeigen, dass es geht. «Ich mache das auch für meine Tochter», sagt Nicole. «Ich will ihr vorleben, dass beides geht – eine gute Mama sein, die erfolgreich im Job ist.» Auch innerhalb von Digitec Galaxus wollen die beiden Frauen Vorbilder sein. Die Firmenkultur und die Werte sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass die Hürde für alternative Arbeitsmodelle möglichst tief ist. Auch muss es möglich sein, sich in technischen Berufsfeldern entwickeln zu können und sich als Frau in einer vermeintlichen Männerdomäne zu behaupten. Eigentlich alles Aspekte, die unabhängig vom Geschlecht gegeben sein sollten. Trotzdem ertappen sich Veronika und Nicole immer wieder dabei, dass sie das Gefühl haben, dankbar sein zu müssen. «Das ist doch ein Fehler im System. Unsere Arbeit leisten wir schliesslich genauso gut wie unsere männlichen Kollegen», sagt Veronika und ergänzt: «Mutterschaft macht nicht dumm, unambitioniert oder unfähig.»

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Norina Brun
Senior Communications Manager
norina.brun@digitecgalaxus.ch

Mit Nachrichten finde ich mich nicht ab – mich interessieren die Geschichten dahinter. Die Neugierde ist meine ständige Wegbegleiterin: Dank ihr verbringe ich den Samstagnachmittag in meinem Lieblingskafi, lausche Stadtgeschichten, plane gleichzeitig meine Reiseabenteuer und kreiere neue Eventideen. Die Zen-Meditation muss warten. 


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