Nächtlicher Nuggiservice: Wenn der Schlafhelfer zum Schlafproblem wird
Ratgeber

Nächtlicher Nuggiservice: Wenn der Schlafhelfer zum Schlafproblem wird

Viele Kinder schlafen nur mit Schnuller im Mund und erwachen, sobald sie ihn verlieren. Die Konsequenz: Ihre Eltern leisten einen nächtlichen Nuggiservice. Wie sie es schaffen, den Dienst bald zu quittieren, sagt Schlafcoachin Tilja Tanner.

Kennst du die berühmte Geschichte mit dem Mann und seinem hohlen Zahn? Eine unendliche Story, die immer wieder von vorne beginnt. Und das kann auch mit dem Nuggi passieren:

Es war einmal ein Kind, das an seinem Nuggi nuckelte, bis es friedlich einschlief. Minuten später war es wieder hellwach und schrie. Der Nuggi war ihm aus dem Mund gefallen und unauffindbar. Also kam ein Elternteil und steckte ihm den Schnuller wieder in den Mund. Das Kind nuckelte an seinem Nuggi, bis es friedlich einschlief. Minuten später war es wieder hellwach und schrie. Der Nuggi war ihm aus dem Mund gefallen …

Stündliche Nuggisuche

Eltern von Nuggikindern dürften das schier endlose Spielchen kennen. Dem nächtlichen Nuggiservice begegnet Kinderschlafcoachin Tilja Tanner regelmässig in ihren Kinderschlafcoachings. «In vielen Gespräche mit Eltern von Schnullerkindern fällt bei der Frage, was das Kind denn zum Weiterschlafen brauche, der Satz: ‹Manchmal reicht’s schon nur, wenn wir den verlorenen Schnuller wieder in den Mund stecken›», erzählt sie.

Die zweifache Mutter kennt das Problem aber auch aus eigener Erfahrung: In Spitzenzeiten hat sie ihrem älteren Sohn alle ein bis eineinhalb Stunden den Schnuller im Bett gesucht, damit er weiterschlafen konnte. Ein paar Nuggis mehr im Bett zu verteilen wäre die wohl einfachste Lösung gewesen – sie funktionierte aber partout nicht. «Irgendwann brauchte er sogar einen Nuggi im Mund und zwei in seinen Händen, um zufrieden schlafen zu können.»

Tilja Tanner ist Schlafcoachin, Fachfrau Kinderbetreuung und zweifache Mutter.
Tilja Tanner ist Schlafcoachin, Fachfrau Kinderbetreuung und zweifache Mutter.
Quelle: ZVG

Üben, üben, üben – nachts und tagsüber

Worauf Tilja Tanner damals nicht kam, heute aber ihrer übermüdeten Kundschaft erklärt: Kinder müssen erst lernen, den Schnuller selbstständig in die Hand zu nehmen und ihn zum Mund zu führen. Motorisch sind sie ab einem Alter von etwa sieben, acht Monaten dazu in der Lage. «Wenn sie das nicht von sich aus machen, können Eltern das mit ihnen üben», sagt die Schlafcoachin.

Und zwar am besten tagsüber in einer Spielsituation. Zum Beispiel, indem du deinem Kind den Nuggi in die Hand legst und es motivierst, ihn selbst in den Mund zu stecken. «Wenn das noch nicht klappt, kannst du seine Hand führen und erklären, was es tun soll.»

Der nächste Schritt: gemeinsam üben, den Nuggi zu suchen. Legt euch auf den Boden, verteile Schnuller um euch herum und verkünde, was passiert: «Wir suchen jetzt gemeinsam deinen Nuggi und stecken ihn wieder in den Mund.» Reduziere die Unterstützung dabei immer mehr und übe das Ganze auch nachts mit deinem Kind: «Du bist wach und hast deinen Nuggi verloren. Komm, wir suchen ihn jetzt gemeinsam.»

Es kann zusätzlich helfen, mit dem Kind einen Platz im Bett zu bestimmen, wo die Nuggis fortan liegen. Und vielleicht sogar leuchtende Nachtnuggis dort zu platzieren, die das Kind in der Dunkelheit besser findet.

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Wozu der Nuggi gut ist

Wie wär’s denn, das Problem stattdessen bei der Wurzel anzupacken und dem Kind gleich den Nuggi zu entwöhnen? Schwierig. Denn Kinder haben ein angeborenes Saugbedürfnis. Erst dient es dazu, Nahrung aufzunehmen, aber es ist eben auch eine selbstwirksame Art der Regulation – und Ein- sowie Weiterschlafen hat viel mit Regulation zu tun. Die Kinder beruhigen sich mit dem Nuggi, er hilft ihnen, herunterzufahren und gibt ihnen Sicherheit. Dazu zähle auch das Saugen an der Hand oder am Daumen, sagt Tilja Tanner. «Mit zunehmendem Alter können sie sich aber grundsätzlich auch auf andere Arten regulieren. Oft ist dann der Nuggi einfach eine Gewohnheit.»

Und dann ist es ohnehin ratsam, den Schnuller erst einmal tagsüber und erst später fürs Einschlafen abends und für die Nacht abzugewöhnen. Bis dahin bleibt der Nuggi eine nächtliche Schlafunterstützung fürs Kind. Und für Eltern – solange sie keinen Nuggiservice leisten müssen.

Tilja Tanner (37) ist zertifizierte Schlafcoachin nach Bianca Niermann® und Fachfrau Kinderbetreuung mit jahrelanger Kita-Erfahrung. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen im Kanton Bern.

Dieser Beitrag erscheint innerhalb einer mehrteiligen Serie mit Tilja Tanner zum Thema Kinderschlaf. Du hast Anmerkungen oder Fragen, die du in den kommenden Artikeln klären willst? Lass es uns in den Kommentaren wissen oder schreib mir eine E-Mail.

Bereits erschienen sind folgende Beiträge:

  • Ratgeber

    Warum ist es eigentlich so mühsam, ein Kind ins Bett zu bringen?

    von Katja Fischer

  • Ratgeber

    Auf den Rhythmus kommt’s an: Wie du dein Kind beim Schlafen unterstützen kannst

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Titelfoto: Shutterstock/Larisa Rudenko

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Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.


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