Nintendo Paper Mario: Die Legende vom Äonentor
Switch, DE
Mit der Switch-Neuauflage von «Paper Mario: Die Legende vom Äonentor» haucht Nintendo dem Gamecube-Klassiker neues Leben ein. Ich habe das Remake angespielt und bin sehr optimistisch.
Ich bin ein grosser Fan der «Paper Mario»-Rollenspiele. Im Vergleich zu den «normalen» Games mit dem pummeligen Klempner trauen sich die RPG-Ableger auch mal verrückte Geschichten mit viel Humor und Selbstironie zu erzählen.
Trotz meiner Liebe zu Mario-RPGs habe ich «Paper Mario: Die Legende vom Äonentor» auf dem Gamecube nie gespielt. Das Switch-Remake ist die perfekte Gelegenheit, diese Nintendo-Wissenslücke zu schliessen.
Ich habe die ersten drei Kapitel der Neuauflage vor dem Release bereits angespielt. Nebst meinen ersten Eindrücken zum Spiel erfährst du hier, wie sich das Switch-Remake im Vergleich zum Gamecube-Original optisch schlägt.
Ich fühle mich als alter Mario-RPG-Fan von Anfang an zu Hause. Das Game reiht sich mit der farbenfrohen Papier-Optik, dem quietschfidelen Soundtrack und der abgefahrenen Story perfekt in die Rollenspiel-Reihe ein.
Auf der Suche nach einem Schatz verschwindet Prinzessin Peach in der von Kleinkriminellen und düsteren Mafia-Gestalten überfluteten Stadt Rohlingen. Natürlich liegt es am berühmtesten Schnauzträger im Pilzkönigreich, die verlorene Prinzessin zu finden und zu retten. Was als simple «Mario rettet Peach»-Story anfängt, eskaliert schnell in eine epische Geschichte um magische Artefakte, die zu einem mysteriösen Schatz hinter dem «Äonentor» führen.
Die Story ist, ganz objektiv betrachtet, Blödsinn. Sie ist ein Vorwand, damit Mario auf seine Abenteuer gehen und dabei zahlreiche Gegner verkloppen kann. Das stört mich aber überhaupt nicht. Im Gegenteil. Das Game weiss, dass die Story nur eine austauschbare Alibiübung ist und spielt in den hervorragend geschriebenen Dialogen damit.
Beispiel gefällig? In unregelmässigen Abständen treffe ich auf Marios Bruder Luigi, der mir von seinen Abenteuern erzählt. Seine Geschichte hört sich aber genau so an, wie Marios Geschichte, nur mit ausgetauschten Namen. Statt Prinzessin Peach zu retten, muss Luigi «Prinzessin Eclair» retten (wer auch immer das sein mag). Und statt «magische Artefakte» zu sammeln, muss der grün gekleidete Klempner «magische Kompassteile» finden, die ihn auch zu einem «grossen Schatz» führen sollen. Mario findet Luigis Gelabere jeweils so spannend, dass er beim Zuhören wegdöst. Ein schöner Meta-Kommentar und Seitenhieb auf sich selbst – «Paper Mario» ist voller Selbstironie und nimmt sich keine Sekunde ernst.
Solche kreativen Dialoge, die oftmals die vierte Wand durchbrechen, erlebe ich auch in scheinbar zufälligen Begegnungen mit «unwichtigen» Charakteren. Nachdem ich einen Gegner in Rohlingen verprügelt habe, werde ich von ihm zurechtgewiesen: «Nur weil du die Hauptrolle in einem Videospiel hast, denkst du, du kannst alles mit Gewalt lösen». Ganz grosses Kino und genau mein Humor.
Das Leveldesign in den ersten drei Kapiteln ist linear. Das kenne ich so auch aus anderen «Paper Mario»-Games. Abgesehen von ein paar unnötig langen Backtracking-Passagen stört mich diese Linearität (noch) nicht. Schliesslich gibt es auch ohne offene Spielwelt viel zu entdecken. Und sowieso: Das Highlight des Games sind die spassigen Kämpfe und nicht das Erkunden der Welt.
Das rundenbasierte Kampfsystem ist typisch Mario-RPG. Zusammen mit einem Gefährten trete ich gegen eine Fülle von Feinden an. Nebst bekannten Mario-Gegnern – Gumbas, Koopas und Stachis – kämpfe ich auch gegen Charaktere, die ich vorher in einem Mario-Spiel noch nie gesehen habe.
Im Angriff und in der Verteidigung kann ich mit perfekt getimten Knopfdrücken oder Bewegungen des Analog-Sticks entweder meine Defensive erhöhen oder beim Gegner mehr Schaden anrichten. Das macht die Kämpfe interaktiver und unvorhersehbarer – ich weiss nie, ob ich auch das perfekte Timing hinbekomme, oder ob ich komplett versage und den Gegner verfehle.
Besonders cool finde ich die Begleiter, die ich bisher für mein Team rekrutieren konnte. Abgesehen davon, dass auch sie hervorragend geschrieben sind und in den Dialogen für Lacher sorgen, sind sie in den Kämpfen ziemlich hilfreich und sorgen für frischen Wind. Bei meiner bisherigen Favoritin, dem lasziven Windgeist Aerola, meine ich das wortwörtlich. Mit ihrer Spezialkraft pustet sie Gegner von der Kampffläche weg. Sehr lustig.
Apropos Kampffläche: Diese unterscheidet sich von den anderen «Paper Mario»-Ablegern durch einen entscheidenden Twist. Ich kämpfe nämlich auf einer Theaterbühne vor Publikum. Wieso? Keine Ahnung. Spass macht dieser Twist aber auch ohne sinnvollen Story-Kontext. Das Publikum feuert Mario und sein Team an. Je spektakulärer die Angriffe, desto mehr applaudieren sie. Mit Applaus fülle ich Energie für mächtige Spezialangriffe auf. Ab und zu erhalte ich von Fans aus dem Publikum Items oder muss Störenfriede verprügeln, die mich mit Steinen bewerfen. Die Auswirkungen der Theater-Kampfbühne auf das rundenbasierte Gameplay sind nicht weltbewegend – dennoch bin ich gespannt, welche Überraschungen mich hier im Verlauf des Spiels noch erwarten.
Die Switch-Neuauflage von «Paper Mario: Die Legende vom Äonentor» ist ein vollwertiges Remake des Originals, nicht bloss ein Remaster. Heisst: Grafik und Sound wurden komplett überarbeitet. Diese Unterschiede fallen besonders auf.
Allgemein trumpft das Remake mit einer höheren Auflösung und einem neuen 16:9-Format auf. So passen mehr Details auf den Bildschirm und die 2D-Charaktermodelle kommen besser zur Geltung. Im Screenshot unten ebenfalls sichtbar: Die Spielfiguren werfen nun «echte» Schatten. Grosse Änderungen an den Charaktermodellen gibt es aber nicht. Ich nehme an, dass viele davon direkt aus dem Original übernommen wurden.
Es gibt immer wieder Szenen, in denen sich Hunderte von Gegnern gleichzeitig auf dem Bildschirm tummeln. Diese Situationen wirken mit höherer Auflösung und mehr Platz auf dem Screen noch epischer.
Ein grosses Upgrade hat die Beleuchtung im Spiel erhalten. Die Umgebungen und Charaktere wirken dank hübschen natürlichen und künstlichen Lichtquellen viel lebendiger.
Bei den Spielumgebungen hat sich je nach Level sehr viel oder sehr wenig geändert. Besonders profitiert hat beispielsweise Falkenhausen – die schwebende Stadt, in der spektakuläre Ringkämpfe ausgetragen werden. Die Plaza strotzt nur so vor kleinen Details, die in der Gamecube-Version fehlen. Funktional sind die Levels bisher aber gleich geblieben – es gibt keine neuen Inhalte oder Gameplay-Mechaniken zu finden.
Auch die Innenbereiche von Falkenhausen wurden grundsätzlich überarbeitet. Beispielsweise gibt es nebst schönerer Beleuchtung in der «Garderobe der Champions» auch viele neue Details zu entdecken.
Andere Bereiche, wie zum Beispiel Rohlingen, sehen dem Original hingegen sehr ähnlich.
Der Kampfbildschirm sieht dank zusätzlichem Platz viel aufgeräumter aus.
Einige Zwischensequenzen wurden mit neuen Kameraeinstellungen versehen. Inhaltlich bleibt aber auch bei den Cutscenes alles beim Alten.
Alles in allem hat mich mein erster Ausflug in «Die Legende vom Äonentor» überzeugt. Der Humor passt und das Kampfsystem ist gewohnt gut. Genau das wünsche ich mir von einem Mario-RPG. Dass das Spiel ein Eins-zu-Eins-Remake des Originals und keine Neuinterpretation ist, finde ich perfekt. So kann ich meine Mario-Rollenspiel-Lücke schliessen. Aber auch für Fans des Gamecube-Spiels könnte sich ein erneuter Ausflug nach Rohlingen dank der von Grund auf überarbeiteten Grafik- und Soundkulisse lohnen.
«Paper Mario: Die Legende vom Äonentor» erscheint am 23. Mai für die Nintendo Switch. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Nintendo zur Verfügung gestellt. Ein ausführlicher Testbericht folgt.
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.