«Pepper Grinder» ist eine bunte Wundertüte voller Überraschungen
Nicht jedes Game muss ein riesiges 50-Stunden-Monster sein. «Pepper Grinder» beweist, dass auch vier Stunden Spielzeit ausreichen, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
In «Pepper Grinder» übernehme ich die Rolle der namensgebenden Piratin Pepper. Die ist auf einer Insel gestrandet und wurde von anderen Piraten überfallen. Bewaffnet mit einem riesigen Bohrer, dem «Grinder», kämpfe, hüpfe und bohre ich mich durch die Inselwelt und hole mir meine gestohlene Piratenbeute zurück.
Es ist erstaunlich, wie viele kreative Ideen und wunderschöne Spielumgebungen der Solo-Entwickler Ahr Ech in nur vier Stunden Spielzeit gepackt hat. «Pepper Grinder» ist eine bunte Wundertüte, die mich im Sekundentakt überrascht und begeistert.
Show, don't tell
Ich liebe es, wie mir «Pepper Grinder» seine Gameplay-Mechaniken erklärt – nämlich so gut wie gar nicht. Stattdessen gibt mir das Game mit visuellen Hinweisen und einem cleveren Leveldesign alle nötigen Informationen mit. Ganz getreu dem Motto: «show, don't tell». Ich bekomme einen Bohrer in die Hand gedrückt und teste, was funktioniert und was nicht. Keine langen Tutorials, keine unnötigen Erklärungen. Einfach mal machen.
Mit dem überdimensionierten Grinder bohre ich mich durch die Erde – und das ziemlich schnell. Fange ich einmal mit Bohren an, höre ich erst auf, wenn ich wieder an der Erdoberfläche bin. Das Game lebt vom Momentum, das entsteht, wenn ich mich durch die Erde wühle. Ständig muss ich meine Bohrrichtung anpassen, um tödlichen Hindernissen auszuweichen oder um Edelsteine einzusammeln. Mit einem temporären Geschwindigkeits-Boost springe ich elegant von einem Stück Erde in das nächste.
Das Bohren macht Spass und ist unheimlich befriedigend. Die Bewegungen meines Spielcharakters erinnern mich an die eines Delfins, der in Höchstgeschwindigkeit durch das Wasser gleitet. Kein Wunder – der Entwickler nennt den Sega-Klassiker «Ecco the Dolphin» als grosse Inspiration für sein Spiel.
Der Schwierigkeitsgrad steigt rasant. Mit jedem Level, das ich in Angriff nehme, vollführe ich waghalsigere Manöver. Während ich mich in der ersten Welt noch gemütlich durch Sand bohre, flitze ich in der zweiten Welt schon durch Bodenabschnitte, die von tödlichem Lava umgeben sind. Sterben gehört zum Bohr-Alltag dazu. Die Checkpoints in den Levels könnten etwas grosszügiger platziert sein. Oft muss ich grosse Levelabschnitte wiederholen, bis ich eine bestimmte, extrem schwierige Stelle schaffe. Ist mir das Spiel zu schnell oder zu schwierig, kann ich die Spielgeschwindigkeit in den Optionen jederzeit um bis zu 50 Prozent reduzieren und in Zeitlupe spielen.
Abgesehen von Gefahren in der Spielumgebung machen mir auch gegnerische Narwal-Monster und diverse Krabbelviecher das Leben schwer. Umso befriedigender ist es, wenn ich gleich mehrere von den Fieslingen mit einem akrobatischen Bohr-Manöver auslöschen kann. Oft bin ich von mir selbst überrascht, welche übermenschlichen Bohr-Skills ich an den Tag lege.
Wo hast du dich versteckt?
In den Levels sind unzählige Edelsteine und jeweils fünf Goldmünzen versteckt. Ständig werde ich für das genaue Erforschen der Spielumgebung belohnt. Ich lasse mich von meiner Intuition leiten und finde die sammelbaren Gegenstände hinter ausgebröckelten Wänden, auf schwer erreichbaren Plattformen und in engen Korridoren. Auch hier verzichtet das Game auf explizite Erklärungen und leitet mich stattdessen mit dezenten Hinweisen zu den versteckten Geheimnissen.
Die gefundenen Steine und Münzen tausche ich in einem Shop gegen zusätzliche Leben, Schlüssel zu versteckten Levels, neue Outfits und sammelbare Sticker ein. Letztere kann ich in einem Sticker-Heft platzieren und mir damit coole Screenshots zusammenbasteln. Eine nette Spielerei, mehr nicht. Ist auch egal, denn ich bin auch ohne besondere Belohnungen motiviert, möglichst viele Münzen zu finden.
Und plötzlich ist das Game ein Shooter
Nebst der regulären Levels bietet «Pepper Grinder» auch gemächliche Levels, in denen Puzzles im Vordergrund stehen. In diesen löse ich mit meinem Bohrer verdammt clevere Schalter-Rätsel. In anderen Levels wiederum schliesse ich meinen Bohrer an diverse Gadgets an. Mit einem Waffen-Upgrade wird mein Grinder zu einer vollautomatischen Knarre. In einigen Abschnitten spielt sich das Game wie ein alter 2D-Shooter à la «Metal Slug».
Doch damit nicht genug. Mit dem Bohrer übernehme ich auch die Kontrolle über ein Schneemobil. Damit düse ich in einem Level im Stile eines Endless-Runners durch die Gegend und weiche Hindernissen aus. Mein Favorit ist aber ein riesiger Mech, den ich mit dem Grinder durch einige Levels lotse und Gegner sowie die Spielumgebung zermalme. Einfach toll, wie viele Gameplay-Ideen hier verarbeitet werden.
Nervige Bugs und Bosskämpfe
Weniger toll finde ich die Bosse, die jeweils am Ende einer Welt auf mich warten. Die Scharmützel ziehen sich unnötig in die Länge und zerstören das sonst so wunderbar schnelle Pacing des Spiels. Besonders nervig ist auch, dass ich einige Cutscenes nicht skippen kann und sie mir nach dem virtuellen Tod immer und immer wieder anschauen muss.
Ebenfalls nervig sind einige Bugs, die mir beim Spielen auffallen. So funktioniert mein Bohrer in einem Level nicht mehr und ausgerechnet im letzten Bosskampf kann ich dem Gegner keinen Schaden zufügen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Game von einem Ein-Mann-Studio entwickelt wurde, kann ich diese kleinen Kinderkrankheiten aber verschmerzen.
Fazit: Kurzes Game mit viel Spielspass
«Pepper Grinder» ist eine bunte Wundertüte, die mich im Sekundentakt mit neuen, verrückten Ideen überrascht. Die Fortbewegung mit dem Bohrer ist schnell, herausfordernd und befriedigend. Das intuitive Leveldesign führt mich mit dezenten Hinweisen durch das Spiel und bringt mir neue Gameplay-Mechaniken ohne grosse Erklärungen bei. Einzig die etwas zu lang geratenen Bosskämpfe ziehen das extrem hohe Spieltempo unnötig nach unten.
Ich habe nach rund vier Stunden Bohren und Hüpfen den Abspann des Spiels gesehen. Möchte ich alle verbliebenen Gegenstände sammeln und alles freischalten, rechne ich ein paar weitere Stunden hinzu. Trotz der kurzen Spielzeit empfehle ich das Spiel allen Jump'n'Run-Fans, die nach einer ordentlichen Herausforderung suchen. Für rund 20 Franken oder Euro ein fairer Deal und ein perfekter Gaming-Snack für ein verregnetes Wochenende.
«Pepper Grinder» erscheint am 28. März für die Switch und PC. Die Switch-Version wurde mir zu Testzwecken von Devolver zur Verfügung gestellt. Eine Demo ist für beide Plattformen erhältlich.
Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.